Tibet-Encyclopaedia

 

Rahim Khan (Herrscher von Khaplu in Baltistan bzw. Klein-Tibet)

Rahim Khan war der 62. Herrscher (Zählung nach Cunningham) der Yabgo-Herrscherfamilie von Khaplu. Er regierte in Khaplu bis in die fünfziger Jahre des 17. Jahrhunderts. Rahim Khan folgte nach dem Tod seines Bruders Hussain Khan diesem auf den Thron von Khaplu nach. Die Ehefrau seines Bruders, eine Schwester von Murad Khan aus Skardu, und ihre beiden Kinder Babur und Yakub mussten nach Ladakh ins Exil gehen. Als Murad Khan 1650/51 die Herrschaft in Skardu übernommen hatte, griff er nach der Eroberung von Kartaksho zusammen mit Imam Quli Khan aus Shigar das Königreich Khaplu an und eroberte dieses Land. Rahim Khan übergab nach der Zusicherung eines freien Geleits die Bergfestung Thortsi Khar an die Belagerer. Murad Khan und sein Bruder Sher Khan ließ ihn aber einkerkern und anschließend ermorden. Rahim Khans Sohn Hatam Khan wurde erst 1674 im Zuge einer Eroberung Khaplus durch Truppen aus Ladakh als Herrscher von Khaplu eingesetzt.

Rahim Khan wird in den verschiedenen genealogischen Listen der Herrscher von Khaplu (Cunningham, Francke, Hashmatullah Khan, Afridi) als Herrscher aufgeführt. Nach der Liste von Hashmatullah Khan 8S. XIII) waren Rahim Khan und Hussain Khan Cousins zweiten Grades. Dem widerspricht die Verschronik Shigar Nāma, welche bis heute die einzige relevante Quelle über das Leben von Rahim Khan darstellt und nach der Rahim Khan und Hussain Khan Brüder waren (Behrouz, S. 115).

Hussain Khan regierte in Khaplu in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Bei seinem Tod waren seine Söhne Babur und Yakun noch minderjährig, so dass sein Bruder Rahim Khan zum Familienoberhaupt ernannt wurde. Rahim Khan drangsalierte die Frau seines Bruders, eine Schwester von Murad Khan aus Skardu, so sehr, dass sie mit ihren Söhnen nach Ladakh ins Exil gehen musste.

1650/51 wurde Murad Khan im Namen des Kaiser Shah Jahan (1627-1658) von dessen in Skardu anwesenden Vertretern als Herrscher von Skardu unter der Oberherrschaft seines Onkel Adam Khan eingesetzt. Nachdem er kurz danach Kartaksho erobert hatte, forderte er kurz danach Imam Quli Khan von Shigar auf, mit ihm zusammen Khaplu zu erobern (Behrouz, S. 108f). Anlässe für diesen Feldzug gab es genug. Einerseits war Ali Khan, der Sohn von Mirza Khan, nach seiner Gefangennahme in Parkuta nach Khaplu geflohen und hatte dort Zuflucht gefunden. Andererseits war der aus Kartaksho vertriebene Mirza Khan von Ladakh aus dorthin zurückgekehrt. Der wichtigste Anlass war die schlechte Behandlung von Murad Khans und Sher Khans Schwester und ihrer Söhne Babur und Yakub.

Die vereinten Armeen von Skardu und Shigar rückten auf der rechten Seite des Indus und Shayok gegen Khaplu vor, wo sie zunächst die unmittelbar östlich von Daghoni gelegene Festung von Kharku einnahmen und alle dort verwahrten Vorräte und Reichtümer konfiszierten. Nächstes Ziel war das im Hushe-Tal gelegene Haldi, wo sie die dortige Burg zerstörten. Von dort aus marschierten die Armeen nach Safar Khar. Von Safar Khar aus schrieben die Angreifer einen Brief an Rahim Khan, indem sie diesen zur Kapitulation aufforderten. Rahim Khan hatte sich in der als uneinnehmbar eingeschätzten Festung Thortsi Khar verschanzt. Er antwortete den anrückenden Heerführern aus Shigar und Skardu, dass er den unberechtigten Überfall der Angreifer zurückschlagen werde.

Die Belagerer plünderten daraufhin das Umland der Festung Thortsi Khar und schnitten Rahim Khan von jedwedem Nachschub an Wasser und Getreide ab. Während der nun folgenden dreimonatigen Belagerung kam es mehrere Male zu Kämpfen, die aber keine Seite für sich entscheiden konnte. Als der Mangel an Wasser und Getreide für die Belagerten zu groß wurde, bot Rahim Khan die Übergabe der Burg an. Er verlangte aber als Bedingung von Murad Khan einen Schwur, mit dem ihm Unversehrtheit zugesichert wurde. Murad Khan stimmte dieser Bedingung zu, ließ aber nach der Übergabe der Festung Rahim Khan festnehmen und ermorden.

Es ist unbekannt, was mit den Kindern von Rahim Khan nach der Ermordung ihres Vaters geschah. Murad Khan setzte seine Neffen Babur und Yakub als Herrscher von Khaplu ein. Hatam Khan, einer der Söhne von Rahim Khan wurde 1674 von ladahischen Truppen in Khaplu als Herrscher eingesetzt, wo er sich den Thron mit seinem Cousin Yakub zunächst teilen musste.

Literatur

Banat Gul Afridi: Baltistan in History. Peshawar 1988
Koshrow Behrouz: Shigar- Nāma. Eine persische Verschronik über die Geschichte Baltistans. Kritische Textausgabe, Kommentar und Übersetzung. Unveröffentlichtes Manuskript aus den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts
Alexander Cunningham: Ladák. Physical, statistical, and historical; with notices of the surrounding countries. New Delhi 1977 (reprint)
A.H. Francke: Antiquities of Indian Tibet. Part (Volume) II. The Chronicles of Ladakh and Minor Chronicles. Texts and Translations, with Notes and Maps. (Reprint) New Delhi 1972
Hashmatullah Khan: History of Baltistan. Lok Virsa Translation, Islamabad 1987. Das Original in Urdu wurde 1939 veröffentlicht

Autor: Dieter Schuh, 2010

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