Tibet-Encyclopaedia

 

 Abbildung 1: Die Altstadt und die Burg von Gyantse (August 2007, Photo: Dieter Schuh)

Aufstieg, Blüte und Niedergang des tibetischen Fürstentums Gyantse (rGyal-rtse) in der Zeit des 14.-16. Jahrhunderts

Neben den Herrschaftsbildungen der Phamo Drupa (Phag-mo gru-pa) und Rinpungpa (Rin-spungs-pa) zählt das Fürstentum Gyantse (rGyal-rtse) zu den bedeutendsten tibetischen Herrschaftsbildungen des 14.-16. Jhs. Gegründet wurde es von der Dynastie der Sharkawa (Shar-ka-ba), die sich in der Administration Sakyas (Sa-skya) hochgedient hatten, nach dem Niedergang der Herrschaft Sakyas (1264-1354) gegen Mitte des 14. Jahrhundert im südöstlichen Teil der Region Tsang (gTsang), des westlichen Zentraltibet (dBus-gtsang). Bekannt ist Gyantse, der Herrschaftssitz der Sharkawa, heute vor allem für seine Burg (rDzong), die als einzige die Wirren der chinesischen Kulturrevolution weitgehend unbeschadet überstand, ferner für seine Klosterstadt Pelkhor Chöde (dPal-‘khor chos-sde) und den großen, begehbaren Kumbum (sKu-‘bum).(1) Sie wurden im frühen 15. Jahrhundert unter dem Gyantse-Fürsten Rabten Künsang Phags (rGyal-rtse sDe-pa Rab-brtan kun-bzang ‘phags) (1389-1442) errichtet und zählen zu den prächtigsten kulturellen Überresten der tibetischen Kultur. Ebenso berühmt war früher sicherlich das Scriptorium(2)  (Bris-pa-khang) von Gyantse, in dem Werke wie der berühmte, in Gold auf dunkelblauem Papier geschriebene Gyantse Thempangma (rGyal-rtse Them-spangs-ma)(3) angefertigt wurden. Für die Tibeter bildete Gyantse bis in die jüngste Zeit eines der herausragenden Zentren traditioneller, tibetisch-buddhistischer Gelehrsamkeit.

Inhaltsverzeichnis

1. Dynastie der Fürsten von Gyantse
2. Quellenlage
3. Geographische Lage
4. Legendenhafte Herkunft und frühe Geschichte des Fürstenhauses (11.-12. Jh.)
5. Verfestigung der Beziehungen zu Sakya und Shalu (1333-1370)
6. Entstehung des Fürstentums Gyantse (1354-1370)
7. Konsolidierung der Herrschaft und Blütezeit (1370-1442)
8. Niedergang und Ende des Fürstentums Gyantse (15. und 16. Jh.)
9. Schlussbetrachtung
10. Anmerkungen
11. Literaturverzeichnis

Abbildung 2: Blick vom Kloster Pelkhor Chöde und dem berühmten Kumbum auf die Altstadt und die Burg von Gyantse (August 2007, Photo: Dieter Schuh)

1. Dynastie der Fürsten von Gyantse (rGyal-rtse sde-pa)

a) Nangchen Phagspa Pel (1318-1370, reg. ca. 1354-1370)
b) ‘Phags-pa rin chen (1320-1376, reg. 1370-1376)
c) Nangchen Künga Phags (1357-1412, reg. 1377-1412)
d) Rabten Künsang Phags (1389-1442, reg. 1413-1442)
e) Tashi Phagspa (1395-nach 1479, reg. 1442-1447)
f) Tashi Rabten Pelsangpo (1427-nach 1479, reg. 1447-nach1479)
g) Dondrub Phagspa und Phüntshogs Phagspa (15.-16. Jh.)
h) Namkha Lhündrub (16. Jh.)

Abbildung 3

Abbildung 4

2. Quellenlage

Wie die meisten Untersuchungen zur Geschichte Tibets ist auch die Erforschung der Geschichte Gyantses durch die nur begrenzte Zugriffsmöglichkeit auf dokumentarische Quellen gekennzeichnet, anhand derer die Rechts- und Besitzgeschichte des Großraums, die Herrschaftsausübung, das Sozialgefüge, der Aufbau der militärischen und administrativen Strukturen oder die Erbauung von Burgen und Klöstern zu rekonstruieren wäre. Deshalb ist es als ein glücklicher Umstand zu bezeichnen, dass zumindest ein Dokument von herausragender politischer Bedeutung überliefert ist, das in der Biographie des Gyantse-Fürsten Rabten Künsang Phags reproduziert wurde. Dabei handelt es sich um den Steuerbefreiungserlass (dar-rgan) des Gyantse-Fürsten Rabten Künsang Phags  (1389-1442), der erstmals von Giuseppe Tucci in tibetischer Kopfschrift (dbu-can) ediert und übersetzt wurde. Eine weitere Edition, Übersetzung und detaillierte Analyse dieses Erlasses wurde 2013 auf Deutsch vorgelegt.(4)  Aufgrund seiner Detailliertheit und Ausführlichkeit bietet dieser sich an die Bevölkerung von Gyantse richtende Erlass, der 1440, in der Blütezeit des Fürstentums, herausgegeben wurde, authentische Einblicke in die Sozialstruktur und die Ereignisse, die sich in Gyantse in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts abgespielt haben. Er führt uns zum einen die Vision eines großen Herrschers vor Augen, der am Ende seines Lebens auf eine erfolgreiche Herrschaft und gewaltige bauliche Aktivitäten zurückblickt. Zum andern demonstriert er die finanziell schwierige Lage der Herrschaftsbildung, die die Grenzen ihrer Ausdehnungsmöglichkeiten erreicht hatte und im Begriff stand, eine enorme Last regelmäßiger Haushaltsausgaben schultern zu müssen.

Entsprechend der historischen und kulturgeschichtlichen Bedeutung, die Gyantse als einer der großen Herrschaftsbildungen im Tibet des 14. und 15. Jahrhunderts zukommt, ist darüber hinaus reiches tibetisches Quellenmaterial narrativer Art erhalten, aus dem hier folgende chronikalische Abhandlungen kurz vorgestellt seien. Zu erwähnen ist hier zunächst die 1481 fertig gestellte Biographie des Gyantse-Fürsten Rabten Künsang Phags mit dem Titel rDa rma râ dza’i rnam thar Dad pa’i lo thog rgyas byed dNgos grub kyi char ‘bebs, "Biographie des Dharmarâja (von Gyantse), Regen der Verwirklichung, der die Ähren des Glaubens mehrt" (weiterhin: Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar). Diese von einem bislang nicht identifizierten Autoren verfasste Abhandlung, die Giuseppe Tucci in seinen bahnbrechenden Tibetan Painted Scrolls in Form einer Summary ins Englische übertragen hat,(5)  bildet ein hervorragendes Zeugnis der tibetisch-buddhistischen Geschichtsschreibung. Präsentiert wird der Herrscher dort als ein Bodhisattva, der anhand seiner "Achtzehn (Taten) vorzüglicher (Qualität)" (Phun-tshogs bco-brgyad) und seiner "Achtzehn (Taten) nahezu vorzüglicher (Qualität)" (Nye-ba’i phun-tshogs bco-brgyad) einzig zum Wohle der Lebewesen wirkt. Dieses Werk, das ein hervorragendes Beispiel für den Versuch eines Herrscherhaus, Deutungshoheit über die Bedeutung und die Lebensleistungen eines Herrschers zu erlangen, bildet, enthält in ihrem einleitenden, in der Handschrift A 13 Folien umfassenden Kapitel einen Abriss der Geschichte des Herscherhauses, der als Grundlage für die hier skizzierten Ereignisse dient.

Abbildung 5: Faksimile eines Teils der Biographie des Gyantse-Fürsten Rabten Künsang Phags

Daneben ist es vor allem die 1434 von einem gewissen Tagtshang Peljor Sangpo (sTag-tshang dPal-‘byor bzang-po) verfasste Chronik Gyabö Yigtshang (rGya bod yig tshang),(6) "Aufzeichnungen (über die Herrscherhäuser) von Indien, Tibet und China", die hier als Quelle herangezogen wird. Sie ist die älteste Chronik, die eine eigenständige, gemäß der Timphu-Handschrift 21 Folien umfassende Abhandlung über das Herrscherhaus von Gyantse enthält. In ihrer Berichterstattung steht sie aber auch häufig im Kontrast zu den Überlieferungen des Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar.(7) Des Weiteren sei hier nur in Kürze auch noch die unvollendete, anonyme Chronik dPal ldan shar ka pa'i gdung rabs brGyan gyi 'phreng ba genannt,(8)  die sich in der Bibliothek des sikkimesischen Adeligen Burmiok Athing (‘Ba’-nyag A-thing) befindet und in Form einer Abschrift von der Library of Tibetan Archives, Dharamsala (Indien), veröffentlicht wurde.

Erwähnt seien darüber hinaus noch ganz kurz drei weitere Chroniken, die das Fürstentum und den Herrschaftsraum Gyantse betreffen, jedoch großteils auf dem Bericht des Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar beruhen. Das von Tāranātha (1575-1634) verfasste Nyang Chöjung (Myang chos-‘byung), das die Geschichte des Nyangchu-Tales und der dort ansässigen Herrscherhäuser behandelt, das von dem Gelugpa-Lama Panchen Sönam Dragpa (Pan-chen bSod-nams grags-pa,(9) 1478-1554) 1538 verfasste Debmar Sarma (Deb dmar gsar ma) und die vom 5. Dalai Lama Ngawang Losang Gyatsho (Ngag-dbang blo-bzang rgya-mtsho, 1617-1682) 1643 verfasste Chronik Dzogden Shonnu Gatön (rDzogs ldan gzhon nu dga’ ston)(10) .

Die Berichte der drei ausführlichen Gyantse-Chroniken unterscheiden sich, zum Teil sogar erheblich. Das Gyabö Yigtshang scheint einige Herrschergenerationen ausgelassen zu haben, das Sharkape Dungrab (Shar ka pa’i gdung rabs) bringt zahlreiche Erzählungen, die sich in den beiden anderen Chroniken nicht finden und das Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar steht in seiner Darstellung des Geschehens eindeutig im Dienst des Herrscherhauses. Da das Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar andererseits die am besten recherchierte und aus historischer Sicht verlässlichste Abhandlung zu sein scheint und es hier weniger darum geht, die verwirrenden Feinheiten der Familienlinie zu präsentieren als vielmehr die große Entwicklungslinie des historischen Geschehens nachzuzeichnen, basiert die vorliegende Untersuchung vor allem auf den Bericht des Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar.

3. Geographische Lage

Abbildung 6: Gyantse und Umgebung (Quelle: Tibet Map Institute)

Die Kernregion des Fürstentum Gyantse bildete das weitläufige Nyangchu-Tal, das eine Höhenlage von etwa 4100-3920 m besitzt. Vom gemächlich mäandrierenden Nyangchu (Nyang-chu) durchflossen, bildet es eine der fruchtbarsten Regionen Tibets. Eingeteilt wird das Tal von den Tibetern in drei Abschnitte: die obere, mittlere und untere Region (Töme Bargsum, sTod-smad-bar-gsum). Die obere Region (Tö), in der sowohl nomadische Viehzucht wie auch Ackerbau betrieben wurde, erstreckt sich vom Nöjin Khangsa (7.223 m) mit dem Karo La-Pass (5010 m) im Nordosten bis etwa nach Drongtse. Daran schließt sich die mittlere Region (Bar) an, die den Großraum des Panam Dzong (Pa-rnam rDzong) bildet und bis fast nach Shalu (Zha-lu) reicht. Die untere Region (Me) bildet den Herrschaftsbereich der Shaluwa (Zha-lu-ba), die von 1265-1354 zu den Dreizehn Zehntausendschaften Tibets zählten und damals auch das gesamte Nyangchu-Tal und andere Regionen Tibets beherrschten. Im Bereich der Stadt Shigatse, die erst im 16. Jahrhundert als Herrschaftssitz der Tsangpa Desi (gTsang-pa sDe-srid) im untersten Bereich des Nyangchu-Tales entstand, mündet der Nyangchu in den Tsangpo, der zu dieser Zeit in dieser Region noch Matsang Tsangpo (Ma-gtsang gTsang-po) genannt wurde. Mit der Gründung des Fürstentums Gyantse um 1354 wurde das mittlere und obere Nyangchu-Tal zum Kernbereich der Sharkawa, der Fürsten von Gyantse. Zumindest zeitweise umfassten ihre Besitzungen aber auch die sich auf einer Länge von ungefähr 300 km erstreckenden nomadisch besiedelten Hochebenen auf der nördlichen Abdachung des Himalaya: Grob skizziert über das Gebiet von Phari Dzong (Phag-ri rDzong) im Grenzgebiet zu Sikkim bis nach Dritsham (’Bri-mtshams), südlich von Sakya. Auch  Re (Srad), Shab (Shab) und andere Regionen waren den Quellen zufolge zeitweise dem Herrschaftsgebiet Gyantses zuzurechnen.

4. Legendenhafte Herkunft und frühe Geschichte des Fürstenhauses (11.-12. Jh.)

Über die Herkunft und Abstammung des Fürstenhauses von Gyantse liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Entsprechend der Überlieferung des Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar geht das Geschlecht auf einen gewissen Yöndag Bumnyeg (Yon-bdag Bum-nyeg) zurück. Von ihm heißt es, dass er aus der Neffenlinie des Dragö Dongtsen (dGra rgod gDong btsan) stammt, der als Schwiegersohn (Mag-pa)(11) des Khrom Gesar (Khrom Ge-sar)(12) einen aus 100 Tigerfellen gefertigten Umhang trug, einen braunen Bären, indem er ihn an den Tatzen ergriff, niederzuringen und einen laufenden Wildyak (’Brong), indem er ihn an den Hörnern packte, zu bezwingen vermochte.

Vom Ruhm Sakyas angezogen, wandte dieser Yöndag Bumnyeg sich nach Zentraltibet, wo er sich in Narngam (sNar-rNgam) - vermutlich einem Ort in der Region Narthang (sNar-thang) - niederließ. Vier Generationen später wurden ihm drei Ururenkel geboren: Der älteste Sohn Pön Tsöndrü Dorje (dPon brTson-‘grus rDo-rje) wurde ein Schüler des Narthang-Abtes Chim Namkha Drag (mChims Nam-mkha’ grags, 1210-1285). Shonnu Phags (gZhon-nu ‘phags), der Jüngste, wurde zum Schreiber des Dishi Dragpa Özer (Ti-shri Grags-pa ‘od-zer), der das Amt des "Kaiserlichen Lehrers (Dishi 1291-1303) am Yuan-Hof bekleidete und der Khangsar Ladrang (Khang-gsar Bla-brang) von Sakya angehörte. Der Mittlere mit Namen Lobpön Dragtsön (Slob-dpon Grags-brtson) ließ sich in Tagthog (sTag-thog) (13), Region Lhatse (lHa-rtse), nieder und heiratete dort eine gewisse Sherabma (Shes rab ma), die ihm einen Sohn namens Pön Gyeltshen Sangpo (dPon rGyal-mtshan bzang-po) gebar.(14) Aufgrund seines charismatischen Auftretens und seiner Schreibfertigkeiten wurde er zum Oberhaupt (mi dpon) von Radza Shar (Ra-dza Shar)(15) ernannt, dem ehemaligen Residenz des Sharpa-Zweiges (Shar-pa) der Shaluwa, der Herrscher der Zehntausendschaft Shalu(16)  (auch Zhalu geschrieben). Er vermählte sich mit einer gewissen Lhamo Pel (lHa-mo dpal), von der ihm drei Söhne geboren wurden: Pelden Sangpo (dPal-ldan bzang-po, geb. 1318), Phagspa rinchen (‘Phags-pa rin-chen, geb. 1320) und Masang Darpo (Ma-sangs dar-po) oder Drung Tag Darpo (Drung sTag dar-po, geb. 1326). Indem sich Pelden Sangpo in Den Tepo (lDan lTe-po) niederließ, erlernte er zunächst die Tradition der Kalligraphie, wie sie von Padmasambhavas berühmten Schüler Denma Tsemang (lDan-ma rTse-mangs) entwickelt worden war.

Zusammenfassend lässt sich damit sagen, dass die frühen Nachkommen der Sharkawa in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, als Sakya von Gnaden der Mongolen die Zentralherrschaft über Tibet erlangt hatte, es vermochten, 1. sich im religiösen Bereich als Gelehrte zu etablieren 2. aufgrund ihrer Schreibfertigkeit, ihrer Gelehrtheit und nicht zuletzt aufgrund ihrer Versiertheit in der tibetischen Briefliteratur und ihrer Kenntnisse des Kanzleiwesens zu hochrangigen Dienstleuten maßgeblicher Repräsentanten der damaligen Herrscherhäuser - der Sakyapa, des La stod Byang pa und der Shaluwa - zu werden sowie dass sie 3. dadurch in angesehene Familien einzuheiraten und ihren sozialen Status maßgeblich zu erhöhen vermochten.

Indem der Bedarf an fähigen Verwaltungsbeamten die frühen Mitglieder des Geschlechts damit zu geschätzten Assistenten der Herrscher machte, wurden sie mit den unterschiedlichen Ebenen des damaligen Verwaltungswesens vertraut und gefragte Spezialisten für das zu dieser Zeit entstehende Kanzleiwesen. Durch ihre Kontakte mit den Sakya-Hierarchen, ihren Aufenthalt in Sakya und an anderen Residenzen der damaligen Herrschaftsträger knüpften sie vielfältige Kontakte zu unterschiedlichen Dienstherrn. Sie erlangten einen unmittelbaren Einblick in die Praxis der Herrschaftsgestaltung und das politische Beziehungsgeflecht dieser Zeit.

5. Die Verfestigung der Beziehungen zu den Sakya-Hierarchen und den Shaluwa (1333-1370)

Im Jahre 1333, in seinem 16. Lebensjahr, begab sich Pelden Sangpo, der später in den Quellen zumeist unter seinem Namen Nangchen Phagspa Pel (Nang-chen ‘Phags-pa dpal) erwähnt wird, nach Sakya und wurde dort zum Gefolgsmann des Lama Khangsarwa (Bla-ma Khang-gsar-ba). Schon bald darauf wurde er aufgefordert, in der Shithog Ladrang (bZhi-thog Bla-brang) zu assistieren. 1334 wurde er zum Feder führenden Assistenten der Shithog Ladrang und zum Oberhaupt der Kanzlei (yig-mkhan-rnams-kyi ‘go-mi) ernannt. Durch seine enge Verbindung zum Celtön Phagsgyelwa (dPyal-ston chen-po ‘Phags-rgyal-ba)(17) erhielt er den Namen Phagpa Pel (‘Phags-pa dPal), dessen Namensbestandteil "Phags-pa" (’phags-pa), "Edler", Ausdruck seines gehobenen gesellschaftlichen Status wurde. Als er von 1335 an dem Changgegung Chöki Gyeltshan (Chang gu’i-gung Chos-kyi rgyal-mtshan, 1332-1359)(18) der Lhakhang Ladrang (lHa-khang bla-brang) von Sakya seine Dienste erwies, wurde er zu seinem Vertrauten. Verantwortlich war er damit für die bedeutendsten Arbeiten der Ladrang, der Residenz des Lama. 1340 wurde er sodann zum Assistenten des Rongpo Geshe Gendün Gyeltshan (Rong-po dGe-bshes dGe-‘dun rgyal-mtshan) ernannt, der damit beauftragt war, die Dungreng (Dung-reng)(19) - aus dem bhutanesischen Raum stammende marodierende Truppen, die über den Großraum Gyantse nach Tibet einfielen und im westlichen Zentraltibet Verwüstungen und große Schäden anrichteten - zu bekämpfen. Als der Rongpo Geshe 1342 verstarb, wurde ihm das Oberkommando über die Truppen zur Bekämpfung der Dungreng angetragen.

Indem er sich in etwa zu dieser Zeit mit einer gewissen Pönmo Dorje Pel (dPon-mo rDo rje-dpal) von Shalu Serding (Zha-lu gSer-sdings) vermählte, wurde ihm ein Sohn geboren, der - vermutlich da er die Mönchsgelübde annahm - den Namen Pönpo Tsünpa (dPon-po bTsun-pa) erhielt. 1347 wurde er von der Shithog Ladrang Sakyas zum Verwalter (gnyer-pa) für den Großraum des westlichen Lhodrag (lHo-brag Nub) ernannt. 1348 schloss er eine Art Friedensvertrag (gcig-gi gcig mi-srung-ba’i bskal-dgos) mit den Herrschern des östlichen Teils Zentraltibets (dBus-pa), 1350 heiratete er die Pönmo Pemawa (dPon-mo Padma-ba), die Tochter des Shalu-Herrschers Hortsa Künga Döndrub (Zha-lu sKu-zhang Hor-tsa Kun-dga’ don-grub). Als Mitgift erhielt er - mitsamt dem Tsuglagkhang (gTsug lag khang) und allem andern - das Landgut Cangra (lCang-ra)(20), das zum ersten Herrschaftssitz der Sharkawa werden sollte. Auch dem Kloster Chölung Tshogspa (Chos-lung tshogs-pa), das vom Kashmiri Pandita Shakyashri (Kha che Pan-chen Shâkyashrî) gegründet wurde, gewährte er in reichem Maße Unterstützung. 1351 und 1352 errichtete er die Festungen Phari Namgyel Karpo (Phag-ri rNam-rgyal dkar-po) und Khampa Lhundrub Dzong (Gam-pa lHun-grub rdzong). 1354 ging er schließlich, unterstützt von seinem Bruder Phagspa Rinchen (‘Phags-pa Rin-chen), aus den Kämpfen mit den Lhodung (lHo-gdung) und Shardung (Shar-gdung), den beiden Verbänden der Dungreng, als Sieger hervor.

Indem er 1355 im Auftrag der Lhakhang Ladrang die Region Dölchung (mDol-chung) im Oberen östlichen Nyangchu-Tal verwaltete, ließ er sich in Cangra nieder, wo ihm seine Gemahlin Macig Pema (Ma-gcig Pad-ma) 1357 seinen Sohn Pön Künga Phags (dPon Kun-dga’ ‘phags-pa) gebar. Dass Bu-ston Rin-chen ‘grub (1290-1364) persönlich die Weihe seiner in Cangra errichteten Residenz Deyang (bDe-yangs) vornahm, verdeutlicht den hohen sozialen Status, den er zu dieser Zeit bereits erlangt hatte.

1358 schickte er sodann seinen Vertrauten Pashi Migpa Künga Pel (dPa’-shi Mig-pa Kun-dga’ dPal) mitsamt seinem Sohn und einem gewissen Chö’ö (Chos-‘od) als Begleiter des Karmapa (Karma-pa)(21)  zum Kaiserhof, um die Erlaubnis einzuholen, auf dem etwa sechs km nördlich von Gyantse gelegenen Berg Shampo Tsegu (Sham-po rTse-dgu)(22) einen Lhakhang  zu errichten. Die Ruinen des Sham po rtse dgu befinden sich etwa 2 km nordwestlich des rTse chen rdzong und sind noch heute auf einer kleineren Erhebung etwa 500 m westlich der Straße von Gyantse nach Shigatse zu sehen (siehe Abbildung 7), gut 2 km nordwestlich der Tsechen Chöde zu sehen. Während Sham po rtse dgu und rTse chen chos sde den Berichten des rGya bod yig tshang (1434) und des Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar (1479-1481) zufolge ursprünglich offensichtlich eigenständige Klöster waren, sind sie später in der undatierten Chronik Myang chos ‘byung (vermutlich nach 1600) als alternative Bezeichnungen des gleichen Ortes vermerkt. Daraus lässt sich schließen, dass das Kloster auf dem Shampo rtse im Laufe der Zeit zu einem Teil der rTse chen chos sde wurde, die zeitweise aus bis zu vierzehn Fakultäten (grva tshang) bestand.

Abbildung 7: Die Ruinen des Sham po rtse dgu (August 2007, Photo: Dieter Schuh)

Nach dem Tode seiner Gemahlin Pema im Jahre 1359 wurde er 1360 zum Assistenten der Lhakhang Ladrang und von der Shithog Ladrang (bZhi-thog bla-brang) zum Sakya Nangchen (Sa-skya Nang-chen), eine Art "Governeur für die Inneren Angelegenheiten Zentraltibets", ernannt. Dadurch trug er die Verantwortung für die Shithog Ladrang, für Lhakhang Chenmo (lHa-khang chen-mo), den Haupttempel des Südklosters von Sakya - das damalige Staatsheiligtum - und den Raum Lhatse.

1361 vermählte er sich des Weiteren mit der aus Sakya stammenden Pelden Sönam Bum (dPal-ldan bSod-nams ‘bum), der Tochter des Pönchen Wangchug Pel (dPon-chen dBang-phyug dpal)(23), die ihm 1363 seinen Sohn Drung Dragpa (Drung Grags-pa) schenkte.

An diesem Punkt kommt in den Gyantse-Chroniken erstmals seine Beziehung zu Situ Jangchub Gyeltshen (Si-tu Byang-chub rGyal-mtshan, 1302-1364), dem Gründer der Phagmo Drupa-Dynastie (Phag-mo gru-pa, 1354-1481), ins Spiel. Als der Tai’en Lodrö Gyeltshan (Ta’i dben Blo-gros rGyal-mtshan, 1332-1365) im 1. Monat des Männlichen Holz-Drache-Jahres (1364) verstarb, beauftragte ihn der Dagpo Künga Rinchen (bDag-po Kun-dga’ Rin-chen, 1339-1399), das Oberhaupt der Shithog Ladrang, aufgrund seiner guten Beziehungen zum Situ Jangchub Gyeltshen einen Anteil seines Nachlasses (’bul-skal) nach Nedong (Ne’u gdong), dem Herrschaftssitz der Phamo Drupa(24), zu bringen. Intrigen der Gefolgsleute des Situ Jangchub Gyeltshen verhinderten jedoch unter dem Vorwand, dass der Situ erkrankt sei, ein Treffen mit ihm. Zunächst offensichtlich gewaltsam nach Drachi Tshongdü (Grva-phyi Tshong-‘dus)(25) gebracht, wurde ihm schließlich auf Intervention seiner eigenen Getreuen - Apo Tredor (A-po bKras-rdor) von Tsechen (rTse-chen) und eines Adeligen aus dem Geschlechte Nangbuba (sNang-bu-ba) - seine Rückkehr nach Gyantse gestattet.

Noch im gleichen Jahr überbrachten ihm seine Assistenten bei ihrer Rückkehr vom Kaiserhof den Auftrag zur Errichtung eines Lhakhang auf dem Shampo Tsegu sowie die kaiserliche Ernennung, wie es in den Quellen heißt - gemeint ist vermutlich eher seine Konfirmationsurkunde, da er dieses Amt bereits 1360 angetragen bekam -, als Sakya Nangchen. Als dann Truppen der Phamo Drupa unter Führung des Pönchen Dorje Rinchen (dPon-chen rDo-rje rin-chen), Nagpo Tshülsang (Nag-po Tshul-bzang) und Sepa Pashi Könchog (bZad-pa dPa’-shi dKon-mchog) im Winter des Jahres 1364 seine Residenz in Cangra angriffen, konnten sie, nachdem Pashi Könchog durch einen Pfeil, der sich in seine Stirn bohrte, getötet worden war, die Truppen erfolgreich zurückschlagen. Im Jahre 1365 errichtete er daraufhin die Burgen von Tsechen(26) und Kharkha (mKhar-kha) sowie in Panam (sPa-rnam) den Dzong Lhündrub Tse (lHun-grub rTse rDzong). Zugleich legte er den Grundstein für den Dzong von Gyantse (rGyal-mkhar rTse). 1367 gründete er in Tsechen die Tsechen Chöde (rTse-chen Chos-sde)(27).

Abbildung 8: Das Kloster Tsechen Chöde (Oktober 2014)

Des Weiteren erhielt er 1367 vom mongolischen Kaiser Toγon Temür (Hor rgyal-po Tho-kan the-mur, reg. 1333-1368) den Titel Yonglu daifu Da Situ(28) (g.Yung-lo Ta-ho Ta’i Si-tu), das Kristallsiegel usw. sowie das kaiserliche Diplom (’ja’-sa)(29), das ihm die Eigentumsrechte an seinem Herrschaftsbereich vom Kuri Lathog (sKu-ri la-thog) bis zum heiligen Schneeberg Nöjin Khangsa (Gangs-ba bzang-po) zubilligte. Zusätzlich erhielt sein jüngerer Bruder Phagspa Rinchen (1320-1376) den offiziellen Titel des Ngari Du’ensha (mNga’-ris Du-dben-sha), "Befehlshaber über Westtibet (mNga’-ris)"(30). 1368 erhielt er den Tänpa Shekye Jasa (bsTan-pa Shed-skyed-kyi ‘Ja’-sa)(31), einen kaiserlichen Erlass, der vermutlich einen auch anderen tibetischen Herrschern zugestellten Generalerlass zur steuerlichen Freistellung aller tibetischen Klöster bildete. In ihm kommt offensichtlich die arge Bedrängnis der Mongolen zum Ausdruck, die nun mit allen Mitteln das Ende ihrer Herrschaft über China abzuwenden suchten und alle tibetischen Klöster zur Abhaltung von rituellen Verrichtungen zum Wohle des Kaisers und zum Erhalt der mongolischen Herrschaft aufriefen, 1368 aber trotzdem von den Ming aus China vertrieben wurden.

Indem er den Bau und die Ausstattung des Klosters Tsechen 1368 fertig stellte, wurde 1369 dem Drung Tag Darpo (Drung rTag Dar-po) von seiner Gemahlin Jangsem Sangmo Pel (Byang-sems bZang-mo dpal) die Tochter Achen Sangpo Pel (A-chen bZang-mo dpal) geboren. 1370 verstarb der Nangchen Phagpa Pel als ein Mann, der Sakya große Dienste erwiesen hatte, der die Herrschaft der Sharkawa begründet hatte und dem die Nachfahren des Hauses viel zu verdanken hatten.

Zusammenfassend lässt sich damit für die Zeit Nangchen Phagspa Pel’s (1318-1370) sagen, dass er, nachdem sich das Haus der Sharkawa in der Verwaltungshierarchie Sakyas bereits einen festen Platz gesichert hatte, innerhalb kürzester Zeit in die oberste Führungsriege aufstieg. Dass er bereits in seinem 17. Lebensjahr zum engen Vertrauten und Oberhaupt der Kanzlei der Shithog Ladrang und wenig später zum Vertrauten des Changgegung Chöki Gyeltshan (1332-1359) der Lhakhang Ladrang, Sakya, wurde, zeigt, dass er hoch begabt war und von Klein auf eine exzellente Ausbildung genoss. Indem er zum Oberbefehlshaber der Kämpfe gegen die Dungreng wurde, die sich über mehr als ein Jahrzehnt hinzogen und gnadenlos und mit großer Heimtücke geführt wurden, vermochte er auch auf militärischem Gebiet seine außergewöhnlichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen: Durchsetzungsvermögen, taktisches Geschick und unbedingten Siegeswillen, aber auch eine unerbittliche Kaltblütigkeit, wie sie wohl nur vor dem Hintergrund des Jahrzehnte langen Brandschatzens und Mordens der Dungreng zu erklären ist. Die Niederschlagung der Dungreng brachte ihm Ruhm und hohe Ehre auf Seiten Sakyas und unter der Bevölkerung der von den Dungreng geplünderten Gebiete ein. Auch im östlichen Zentraltibet steigerte er dadurch seine Bekanntheit. Dass er zusätzlich die zentraltibetischen Herrscher (dBus-pa) zu einer Art Friedensvertrag mit den Herrschern von Tsang zu bewegen vermochte, wie sich das Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar ausdrückt, ohne nähere Details zu nennen, verschaffte ihm auch im östlichen Teil Zentraltibets (dBus) Respekt und hohe Anerkennung. Mit der Erbauung der Festungen Phari Namgyel Karpo (Phag-ri rNam-rgyal dKar-po) und Khampa Lhündrub Dzong (Gam pa lHun-grub rdzong) zeigt er sich als Militärstratege und Baumeister.

Eheliche Verbindungen mit dem gehobenen Adel von Shalu und dem Herrscherhaus der Shaluwa stärkten seine Position im Nyangchu-Tal und sorgten für ein treffliches Auskommen mit den Shaluwa als den unangefochtenen Herrschern ihrer Zehntausendschaft(32). Indem Sakya ihn mit der Verwaltung des Raumes Dölchung (‘Dol-chung) betraute, vermochte er sich so den Weg zum Bau seiner Residenz Deyang in Cangra zu ebnen, wo er zuvor bereits ein Kloster gegründet hatte.

Aufgrund seiner hohen Begabung, seiner Führungsqualitäten, seines Organisationstalents und seiner Entscheidungsstärke, seines Weitblicks und seines charismatischen Auftretens sowie sicherlich auch aufgrund seiner vielfältigen Kontakte und Verhandlungen mit den Herrscherhäusern gTsang’s, über die wir zwar keinerlei Nachrichten besitzen, die sich jedoch aufgrund seiner herausragenden Position in der Verwaltung Sakyas zwangsläufig ergeben haben müssen, hatte sich Phagspa Pelsangpo (‘Phags-pa dPal-bzang-po) so den unbedingten Rückhalt Sakyas und der Herrscherhäuser Tsangs gesichert. Seine außergewöhnliche politische Geschicktheit zeigte sich dann einmal mehr im Jahre 1358, als er nach dem Niedergang Sakyas eine unmittelbare Verbindung zum Yuan-Hof etablierte, die ihm aufgrund seiner herrschaftlichen Stellung zu dieser Zeit aus politischer Sicht eigentlich gar nicht zukam. Sich als untertäniger, ehrerbietiger, um das Wohl des Kaisers bemühter Gefolgsmann des mongolischen Großqan Toγon Temür gebend und sich der religiösen Verbindung des Yuan-Hofes mit dem tibetischen Buddhismus bedienend, entsandte er seine Gefolgsleute als Begleiter des Karmapa zum Yuan-Hof, um die Genehmigung für die Erbauung eines Lhakhang auf dem Shampo Tsegu einzuholen. Dabei kann es sich wohl nur um eine Kurim Dratshang (sKu-rim grva-tshang) zur Abhaltung von Lange-Lebensgebete für den mongolischen Kaiser Toγon Temür (reg. 1333-1368) gehandelt haben. Indem der Kaiser, natürlich informiert über die Entwicklungen im tibetischen Raum, einwilligte und ihm die Genehmigung erteilte, hatte er eine erste unmittelbare Verbindung zum Yuan-Hof etabliert, die schon bald darauf - in den beiden kaiserlichen Diplomen (‘ja’-sa) der Jahre 1367 und 1368 - auch zur politischen Anerkennung seiner Herrschaft durch den mongolischen Großqan führen sollte.

Wie die Ereignisse von 1364 - seine Reise nach Nedong, die darauf abzielte, den Situ Jangchub Gyeltshen zu begegnen, sowie die Angriffe seiner Festung Cangra - zeigen, wurde sein Aufstieg zu einem der bedeutenden Herrscher der Region Tsang im östlichen Teil Zentraltibets (dBus) nicht ohne Vorbehalte betrachtet und offensichtlich gar als eine Bedrohung empfunden, die man, solange das noch möglich war, einzudämmen oder gar auszulöschen gedachte. Nachdem die Leute von Ü (dBus-pa) – hier eine Bezeichnung der Phag mpo gru pa – mit ihrem Angriff auf Cangra 1364 allerdings eine empfindliche Niederlage erlitten hatten, machte der Nangchen Phagspa Pel sich sogleich daran, Burgen in Panam, Kharkha und Tsechen zu errichten. Mit der Errichtung des Gyantse Dzong, der schon bald darauf zum namengebenden Herrschaftssitz der Familie aufstieg, scheint er darüber hinaus auch die Verlegung seines Herrschaftssitzes an einen sichereren Ort ins Auge gefasst zu haben. Damit hatte er sich erfolgreich vor einem zweiten Angriff der Phag mo gru pa um 1369 gewappnet, der ebenfalls ins Leere ging.(33) Als er im Jahre 1370 verschied, verlor Tibet einen der profiliertesten Männer seiner Zeit, der in der Gewichtung herrschaftlicher und religiöser Dinge Maß gehalten hatte. Er hatte Sakyas Herrschaft maßgeblich mitgestaltet und den Grundstein für die Herrschaft des Fürstenhauses von Gyantse gelegt.

6. Entstehung des Fürstentums Gyantse (1354-1370)

Mit dem Niedergang der Sakya-Herrschaft im Jahre 1354 stellte sich In Tibet die Frage nach einer neuen Raumordnung. Zwar hatten die Phamo Drupa ihren Erzgegner - nicht Sakya sondern den Jangpa (Byang-pa) mit seinen assoziierten Kräften - bezwungen, doch waren sie nicht stark genug, auch Tsang in ihren Herrschaftsbereich einzugliedern. Erste Versuche hatte es zwar mit der Errichtung eines Außenpostens in Chumig (Chu-mig) gegeben, sie waren aber noch zu Lebzeiten von Situ Jangchub Gyeltshens kläglich gescheitert.  Da Sakya selbst nicht als politische Ordnungsmacht in Erscheinung treten wollte, der Jangpa aufgrund seines ganzen Gebahrens in den vorangegangenen Auseinandersetzungen für die Phamo Drupa inakzeptabel schien und die anderen Mächte wie Shalu oder die Shangpa (Shangs-pa) zu schwach waren und aufgrund ihrer Involviertheit in die vorangegangenen militärischen Auseinandersetzungen den Phamo Drupa suspekt waren, entstand über Nacht ein Herrschaftsvakuum im Raum Tsang, das nur von den Sharkawa als der im Aufschwung begriffenen, von den vorangegangenen Auseinandersetzungen unbeschadeten Herrschaftsmacht gefüllt zu werden vermochte. Fiel ihnen die Herrschaft damit auch fast von allein in den Schoß, waren es angesichts der neuen, von den Phamo Drupa durchgesetzten Zentralherrschaft vor allem die Loyalität, die die Sharkawa den anderen Herrschaftsmächten Tsangs - allen voran Shalu - gegenüber bewiesen hatten, das Vertrauen in ihre Kompetenz, ihr politisches Geschick und nicht zuletzt die Entschiedenheit, die sie im Umgang mit anderen Herrschaftsmächten bewiesen hatten, die ihnen ohne große Widerstände den Weg zur Etablierung ihrer eigenen Herrschaft ebneten. Maßgeblich für den Aufstieg Gyantses waren deshalb zu allererst die große, ganz Tibet heimsuchende Krise, die mit dem Zusammenbruch der Sakya-Herrschaft entstand, darüber hinaus die Schwäche der Phamo Drupa als den neuen Zentralherrschern, die enge, durch Heiratsverbindungen gestärkte Verbindung mit den Shaluwa sowie insbesondere die Fähigkeiten Nangchen Phagspa Pel’s. Er hatte es vermocht, die Gunst der Stunde zu nutzen und - ohne dafür größere kämpferische Auseinandersetzungen eingehen zu müssen - eine Herrschaft zu etablieren, die Tibet in den folgenden 100 Jahren prägen sollte. 

Ungeklärt ist dabei die Frage, wie dieser Herrschaftswechsel vonstattenging und unter welchen rechtlichen Veränderungen er eingeleitet wurde: Aus den Shalu-Urkunden(35), aus den Shalu-Chroniken und aus den Berichten über die Volkszählungen der Mongolen von 1268 und 1287(36) wissen wir, dass die Zehntausendschaft Shalu ( Zha-lu khri-skor) sich mindestens bis in die Vierziger Jahre des 14. Jahrhunderts über das Obere, Mittlere und Untere Nyangchu-Tal (Nyang sTod-Bar-sMad-gsum) als seine Kernregion erstreckte. Erwähnt werden in diesem Zusammenhang die Regionen Nesar (gNas-gsar), Dülchung (‘Dul-chung), Möndro (sMon-gro), Cangra und Kharphug (Khar-phug), die im mittleren oder oberen Nyangchu-Tal zu lokalisieren sind, sowie die teils nomadisch, teils in Ackerbauweise (sa-ma-‘brog) bewirtschafteten Regionen Gamru (Gam-ru), Gyangru (rGyang-ru) [und] Nyingru (Nying-ru), die in Nyangtö (Nyang-stod) gelegen waren.(37) Spätestens von 1367 an unterstand der Großteil dieser Region, wie die Herrscherurkunde Toγon Temürs und die Gyantse-Chroniken belegen, dem Haus von Gyantse. Das Herrschaftsgebiet Gyantses erstreckte sich demzufolge von den vorwiegend nomadisch besiedelten Regionen des Phari Namgyel Karpo Dzong (Phag-ri rNam-rgyal dKar-po rDzong)(38) und Khampa Lhündrup Dzong (Gam-pa lHun-grub rdzong)(39) mit ihrem Grenzpunkt Dritsham Gang Karpo ('Bri-mtshams Gangs dkar-po)(40) im Süden und Südwesten bis zum heiligen Schneeberge Nöjin Khangsa mit dem Karo La als Grenzpunkt zum Raum Nangkartse (sNang-dkar rtse) im Osten. Nach Norden erstreckte sich Gyantse mindestens bis in die Regionen Panam und Norbu Khyungtse (Nor-bu khyung-rtse)(41), das zeitweise einen zweiten Herrschaftssitz der Sharkawa bildete, bis zum Raum Cag (lCags), und über die Regionen Kharkha und Düjung (‘Dus-byung).(42) Der Herrschaftsbereich der nördlich davon, im unteren Nyangchu-Tal (Nyang-smad) gelegenen Shaluwa behielt hingegen stets seine Selbstständigkeit. Allem Anschein nach wurde Shalu zu dieser Zeit aber - ähnlich Sakya - wieder eine reine Regionalmacht, deren direkter Einflussbereich sich auf die Güter des Adelshauses und die Klosterlehen beschränkte und dessen Einflusssphäre sich damit im Wesentlichen auf den Raum des unteren Nyangchu-Tales erstreckte. Durch seine Heiratsverbindungen zu den Sharkawa und seine prominente Stellung unter den religiösen Schulrichtungen an der Pelkhor Chöde vermochte es sich auch in Gyantse aber weiter Geltung zu verschaffen.

Der Großraum des Fürstentums Gyantse zeichnete sich durch große wirtschaftliche Ertragsfähigkeit aus. Das gilt für die nomadisch besiedelten Hochebenen im Westen des Landes ebenso wie für das Nyangchu-Tal, in dem schon zu Zeiten der Zehntausendschaft Shalu ein aufwändiges und effektives Bewässerungssystem errichtet worden war.(43) Dadurch bildete das Nyangchu-Tal, das gemäß einer geläufigen Metapher auch als "die Kornkammer Tibets" bezeichnet wird, eine der fruchtbarsten Gegenden Tibets. Das ergibt sich auch aus der Bemerkung von Sarat Chandra Das, dass er über das ganze Nyangchu-Tal verteilt zahllose Getreidemühlen vorfand.(44) Daneben führte eine der bedeutendsten Handelsverbindungen von Nepal nach Zentraltibet durch das Land. Steuerabgaben und Zölle flossen damit reichlich.(45)

Abbildung 9: Die Kornkammer des Fürstentums  Gyantse: Das fruchtbare Nyangchu-Tal (August 2007, Photo: Steffen Bayer)

Die geopolitische Lage Gyantses war jedoch nicht unproblematisch. Im Süden grenzte es an den Himalaja als eine unüberwindbare naturräumliche Grenze, im Westen an die Territorien des Herrschaftsbereiches Sakya, im Nordwesten an das freundschaftlich verbundene Shalu, im Nordosten an den Herrschaftsbereich der Rinpungpa (Rin-spungs-pa).(46) Seinerseits vermochte Gyantse diese Region niemals zu erobern. Wiederholt musste es sich aber gegen diesen starken Nachbarn erwehren. Im Osten stieß das Fürstentum andererseits an Territorien, die dem Einfluss der Phamo Drupa und später den Rinpungpa unterstanden, so dass Gyantse dort niemals längerfristig Fuß zu fassen vermochte. Wenn Gyantse auch Streubesitz im Raum Lhatse, Re (Srad), Shab (shab) oder Chundü (Chu-‘dus) zu erwerben vermochte, so vergrößerten diese Gebietserwerbungen nicht den geschlossenen Herrschaftsbereich des Fürstentums. Da sie deshalb nur schwer in das Territorium einzubinden waren, gingen sie auch immer wieder schnell verlustig. Die Macht Gyantses vergrößerten sie deshalb nur unwesentlich. Mangels der Perspektive einer effektiven Vergrößerung seines Herrschaftsbereichs war es damit nur eine Frage der Zeit, bis Gyantse mit der Entstehung der neuen tibetischen Zentralherrschaft unter den Rinpungpa um den Erhalt seiner Eigenständigkeit fürchten musste.

7. Konsolidierung der Herrschaft und Blütezeit (1370-1442)

Nach dem Tode Nangchen Phagspa Pels ergriff 1370 sein jüngerer Bruder Phagpa Rinchen (‘Phags-pa Rin-chen) die Herrschaft. Er hatte stets in enger Verbindung zu seinem Bruder gestanden und ihm schon früher bei der Herrschaftsausübung zur Seite gestanden. Deshalb war er auch 1367 vom Kaiser mit dem Titel des Ngari Du’ensha ausgestattet worden. Um die guten Beziehungen zur Shithog Ladrang und zu allen Honoratioren Sakya fortzusetzen, stattete er Sakya gemeinsam mit Nangchen Phagspa Pels Sohn Pön Künga Phags einen Antrittsbesuch ab. 1372 wurde ihm, nachdem er erneut den Getreuen Pashi Chö’ö zum Kaiserhof der Ming entsandt hatte, der Titel des Situ(47) und eine kaiserliches Diplom (‘ja’-sa), das die Besitzungen des Hauses bestätigte und feierlich in Gyantse proklamiert wurde, verliehen. Sein Neffe Pön Künga Phags erhielt die Position des Sakya Nangchen, seine Tochter Jangsem Mönmo Dora (Byang-sems sMon-mo rDo-ra) vermählte sich mit dem Rinpung-Herrscher Namkha Sangpo (Nam-mkha’ bzang-po).(48)  Neben seinen 1372 und 1374 geborenen Söhnen Pönpo Gangpa (dPon-po Gangs-pa) und Pönpo Gyeltshen (dPon-po rGyal-mtshan) wurde ihm 1375 von seiner Gemahlin Jangsem Zangmo Pel (Byang-sems bZang-mo dpal) - offensichtlich aus Shalu stammend - sein Sohn Wanggyel Phagpa (dBang-rgyal ‘phags-pa) geboren, der später die Funktion des Sakya Nangchen inne hatte.(49)

Als Phagspa Rinchen 1376 verstarb, folgte ihm Nangchen Phagspa Pels Sohn Pön Künga Phags. Nach seiner Gründung des rDzongs Döljung Pelmoche (mDol-byung sPel-mo-che) im Jahre 1379 führte er 1384 eine Volkszählung unter den Nomaden und Sesshaften seines Herrschaftsbereiches durch, die in dem Register Debther Nagleb (Deb-ther Nag-leb) niedergelegt wurde. Er entriss den Phamo Drupa angeblich den Tagtse Dzong (sTag-rtse rDzong) und akquirierte zahlreiche neue Burgen, Güter, Untertanen und berittene Kämpfer.(50)  Von 1385 an sah er sich, nachdem sein Cousin Situ Sönam Pel (Si-tu bSod-nams dpal, geb. 1367) sich im Tsechen Dzong niedergelassen hatte, starken Anfeindungen ausgesetzt, die zumindest zeitweise in eine offene Auseinandersetzung zwischen Gyantse, das zu dieser Zeit auch als Tse Sharpa (rTse Shar-pa), "Östlicher Herrschaftssitz" und Tsechen, das in den Quellen als Tse Nubpa (rTse Nub-pa), "Westlicher Herrschaftssitz", bezeichnet wurde, mündeten.(51) Erst 1397 wurde der Streit auf Vermittlung des Hendu Chenpo (H[y]en-du chen-po) von Yamdrok (Yar-‘brog) beigelegt. 1390 legte er den Grundstein für den 1427 fertig gestellten Tsuglagkhang Samphel rinpoche gling (gTsug-lag-khang bSam-‘phel rin-po-che’i gling), der auf dem Gyantse Dzong errichtet wurde und die private Kapelle des Herrscherhauses bildete.

1389 wurde sein Sohn Rabten Künsang Phags geboren, der seinen Namen vom Cel Künga Gyatsho (sPyal Kun-dga’ rGya-mtsho) erhielt. Nach dem Tode seines Vaters Pön Künga Phags im Jahre 1412 wurde er inthronisiert. Sein Verhältnis zum Phamo Drupa-Herrscher Gongma Dragpa Gyeltshen (Gong-ma Grags-pa rgyal-mtshan) war nicht ungetrübt. Wie schon zur Zeit seiner Vorfahren kam es zu kämpferischen Auseinandersetzungen mit den Phamo Drupa und ihm blieb letztlich nur, nach Nedong zu gehen und dem Gongma seine Ehrerbietung - sprich Unterwürfigkeit - zu bezeugen. Dadurch scheint sich das Verhältnis jedoch gebessert zu haben. Dem Deb dmar gsar ma 55b zufolge wurde er schließlich zum Kämmerer (gzims-dpon) des Gongma ernannt und das Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar berichtet, dass er von ihm als Zeichen ihrer guten Beziehungen eine Statue aus Nedong entsprechend seiner eigenen Wahl erhielt.

Zurückgekehrt nach Gyantse soll er den Truppen des Rinpung-Herrschers Namkha Gyelpo (Nam-mkha’ rGyal-po) in Drogpo Gyatsa (Grogs-po rGya-rtsa) eine vernichtende Niederlage beigebracht haben. 1413 wurde er zum Gabenherrn von Tsongkhapas (Tsong-kha-pa) Schüler Khedrubje Geleg Pelsangpo (mKhas-grub-rje dGe-legs dpal-bzang-po, 1385-1438). Er setzte ihn zunächst als Oberhaupt von Cangra ein und stattete das Kloster mit umfangreichen Klostergütern aus. Da das Verhältnis jedoch nicht ungetrübt blieb, zog Khedrubje sich schließlich in eine Einsiedelei zurück, wo er sich der Abfassung seiner bedeutenden Werke widmete.
Mehrere große Bauprojekte markierten die folgenden Jahre. 1414 errichtete er die große Brücke über den Nyangchu. 1418 ließ er das überdimensionale Seiden-Thangka Thongwa Dönden (mThong-ba Don-ldan) anfertigen, das bei Festtagen an der Thangka-Wand aufgehängt wurde. 1418 legte er die Fundamente für das Kloster Pelkhor Chöde, 1425 errichtete er die große Umfassungsmauer für das Kloster und 1428 begann er mit dem Bau des Großen Kumbum (sKu-’bum chen-mo) von Gyantse und der Errichtung der Ritrö Ganden (Ri-khrod dGa’-ldan)(52), die als eine Einsiedelei zur Durchführung jahrelanger Meditationen diente. Darüber hinaus stattete er diese Klöster unter der Verwendung bester Materialien mit großen Statuen, Thangkas, Stupas, Büchern und Wandgemälden aus. Seine Biographie berichtet von zahlreichen religiösen Festlichkeiten, die alljährlich in diesen und anderen Klöstern abgehalten wurden.

Abbildung 10: Die Reste des Klosters Pelkhor Chöde von Gyantse mit der grossen Umfassungsmauer und dem berühmten Kumbum (August 2007, Photo: Dieter Schuh)

Abbildung 11: Der Kumbum des Klosters Phelkhor Chöde von Gyantse (August 2007, Photo: Dieter Schuh)

Abbildung 12: Gestaltungsdetails des Kumbum des Klosters Phelkhor Chöde von Gyantse (August 2007, Photo Dieter Schuh)

Abbildung 13: Eingang des Kumbum des Klosters Phelkhor Chöde von Gyantse (August 2007, Photo Dieter Schuh)

Abbildung 14: Der Haupttempel des  Klosters Phelkhor Chöde von Gyantse (August 2007, Photo Dieter Schuh)

Wie schon seine Vorfahren war er besonders um ein gutes Verhältnis zu Sakya bemüht. Indem er sich auf den Miwang Namkha Legspa (Mi-dbang Nam-mkha’ legs-pa, geb. 1399 [?]) stützte und so auch ein gutes Verhältnis zum Hause Tagtshang Dzongpa (sTag-tshang rDzong-pa) fand, das zu dieser Zeit verstärkt die Belange Sakyas regelte, wurde er zum Verwalter des Lhatse Dzong sowie des Lhakhang Chenmo.(53) Er bemühte sich um die Gunst des Tishri Thegchen Chöki Gyelpo Künga Tashi (Ti-shri Theg-chen chos-kyi rgyal-po Kun-dga’ bkra-shis, 1349-1425) und Rab 'byor 'phags pa, der ältere seiner jüngeren Brüder, wurde mit dem Titel des Sakya Nangchen versehen. Glaubt man dem rGya-bod yig-tshang 134ff, vermochte er sogar Güter und Regionen in Yamdrog und Lhodrag, im Dogchu-Tal (lDog-chu), in Chundü (Chu-‘dus), in Gongkar (Gong-dkar) und sogar nördlich des Tsangpo zeitweilig seinem Herrschaftsbereich einzugliedern.
Lassen wir die Ereignisse der Jahre 1370-1442 nochmals Revue passieren, führte nach dem Tode des Nangchen Künga Phags sein Bruder Phagspa Rinchen (1320-1376) die Herrschaft unverändert weiter. Unter Pön Künga Phags (1357-1412), dem Sohn des Nangchen Phagspa Pel, und seinem Vetter Situ Sönam Pel (bSod-nams dpal) kam es jedoch zu ernsten inneren Zerwürfnissen, die über Jahrzehnte schwelten und den weiteren Herrschaftsausbau bis zur Herrschaftsergreifung des Rabten Künsang Phags lähmten.

Rabten Künsang Phags war ein charismatischer Herrscher, der sich durch Weitblick, Urteilsvermögen, Entschlossenheit, diplomatisches Geschick, Kühnheit, große Visionen und zahlreiche andere herrscherliche Tugenden auszeichnete. Er war es, der Gyantse im 15. Jahrhundert, einer Zeit schwieriger, letztlich unentschiedener Machtverhältnisse, überregionalen kulturellen Glanz und politisches Gewicht verlieh und es verstand, sein Fürstentum zu einem ernsthaften Konkurrenten für die Phamo Drupa und die Rinpungpa zu machen. Besaß er zum einen die Rückendeckung von Sakya und Shalu, suchte er seine herrschaftliche Stellung durch Diplome des Ming-Kaisers zu untermauern. Sie beinhalteten zwar keinerlei faktische militärische Rückendeckung, sollten jedoch nach Außen hin seine weitgehende Unabhängigkeit zum Ausdruck bringen. Dabei stellte er die herrschaftliche Vorrangstellung der Phamo Drupa zugleich nie ernsthaft in Frage. Rinpung war es, mit dem er sich messen wollte und dem er sich keinesfalls geschlagen geben wollte.

Deshalb blieb ihm eigentlich gar keine andere Wahl, als mit militärischen Expeditionen, die von seinem Halbbruder Tashi Phagspa (bKra-shis ‘phags-pa) angeführt wurden, seinen Herrschaftsbereich zu vergrößern. Zugleich war ihm aber auch eine andere Ader eigen, die in seinem Leben immer wieder in seiner Selbstinszenierung als großzügiger, finanzkräftiger Gabenherr zum Vorschein kam. Er ließ enorm aufwendige religiöse Feierlichkeiten abhalten, schmückte sich mit den besten Gelehrten seiner Zeit, schuf mit den großen Seiden-Thangkas und den unzähligen Malereien und Statuen von jedermann bewunderte religiöse Objekte und errichtete einzigartige Kulturdenkmäler, die die Leute in Ehrfurcht und Staunen versetzten und ihm überregionalen Ruhm einbrachten. Dabei übersah er jedoch offensichtlich, dass diese in einem Überschwang an herrschaftlicher Größe inszenierten Bauten, Kunstobjekte und rituellen Verrichtungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit seiner Herrschaftsbildung stark beanspruchten, wenn nicht gar letztlich überforderten. Nachdem er die Klosterstadt Pelkhor Chöde, den herrlichen Kumbum, den Gyantse Dzong sowie andere Burgen im Jahre 1440 in jahrzehntelangen Bauarbeiten fertig gestellt hatte, kam er deshalb nicht umhin zu erkennen, dass er die Bevölkerung mit Steuerabgaben und allen möglichen Dienstleistungen offensichtlich an den äußersten Rand der Belastung getrieben hatte.

Abbildung 15: Aufgang zur Burg von Gyantse (August 2007, Photo: Dieter Schuh)

Abbildung 16: Als Museum gestaltete Amtsstube in der Burg von Gyantse (August 2007, Photo: Dieter Schuh)

Da sich die nördlich der Himalajakette ausbreitenden Nomadenregionen unter dem Kommando eines Unterzweiges der Sharkawa, verselbstständigt hatten, erodierten die Steuereinnahmen, das Reich verlor an Substanz und militärischer Stärke aufgrund von Steuerflucht letztlich gar essentielle Teile seiner Bevölkerung. Als die Jahrzehnte langen außergewöhnlichen Belastungen, die er seiner Bevölkerung mit den aufwändigen Bauprojekten auferlegt hatte, mehr und mehr an Unmut und Unruhe aufkommen ließen, militärische Expeditionen unter seinem Halbbruder Tashi Phagspa nicht von Erfolg gekrönt waren und Gyantse in Kämpfen auf eigenem Territorium nur knapp einer Niederlage gegen die Phamo Drupa entging, entschloss sich der Herrscher um 1440, um verloren gegangenes Vertrauen seiner Bevölkerung zurückzugewinnen, den bereits eingangs erwähnten Generalerlass zu verabschieden, der seinen darbenden Untertanen eine dreijährige Steuerbefreiung zusicherte (dar-rgan), in dieser entscheidenden Phase der großräumigen herrschaftlichen Entwicklungen jedoch auch eine schwere Erblast bildete.
Aufgrund seiner Taten, die in seiner Biographie unter der stereotypen Formel der "Achtzehn (Taten) vorzüglicher (Qualität)" und der "Achtzehn (Taten) nahezu vorzüglicher (Qualität)" aufgelistet werden, wird auch Rabten Kunsang Phags andererseits als ein idealer Herrscher gepriesen. Möglicherweise schon zu seinen Lebzeiten, spätestens aber nach seinem Tode, wurde eine Statue mit seinem Porträt im Gyantse Kumbum (rGyal-rtse sKu-‘bum) platziert, die die Menschen an seine Taten erinnern sollte und, wie der Bericht von Sarat Chandra Das überliefert, sogar den Gläubigen Segen zu spenden vermochte:

"On the first floor we were shown the statue of Choigyal rabtan, under whose benign rule Gyantse became famous, and who gave a fresh impulse to Buddhism and literature. The Kunyer of the chorten touched our heads with a sward of this illustrious monarch, and said that by his blessing (jin-lab) we could triumph over our enemies and enjoy longevity and prosperity in this world."(54)

Unter ihm hatte Gyantse sicherlich den Hochpunkt seiner kulturellen und politischen Blüte erreicht. Mit seinen monumentalen Bauten hatte er einzigartige Kunstwerke geschaffen, die die Menschen über Jahrhunderte in Staunen und Ehrfurcht versetzten. Er war ein Herrscher, der sich durch Mut, Führung, Augenmaß und klare Visionen auszeichnete. Nicht wenige Aspekte seiner Biographie mögen ihn sogar als eine Art tibetischen Louis XIV erscheinen lassen. Trotzdem drängt sich angesichts der weiteren Entwicklung seines Herrschaftsbereiches unweigerlich die Frage auf, ob er mit den von ihm geschaffenen Kulturdenkmälern, mit der Neugründung und Erweiterung von Klöstern und der immer kostspieligeren, alljährlichen Förderung der vielfältigen religiösen Aktivitäten nicht langfristige, aufwändige finanzielle Verpflichtungen verursacht hatte, die den Etat des Fürstentums schwer belasteten. Letztlich dürften dadurch auch die Mittel zur Ausrüstung und Entlohnung der Truppen derart einschränkt gewesen sein, dass Gyantse sich schließlich den Rinpungpa zu beugen hatte und damit möglicherweise die historische Chance, eine maßgeblichere Rolle in der tibetischen Politik zu spielen, vergab.

8. Niedergang und Ende des Fürstentums Gyantse (15. und 16. Jh.)

Da Rabten Künsang Phags kinderlos geblieben war, übernahm nach seinem Tode 1442 sein Halbbruder Tashi Phagspa (bKra-shis ‘Phags-pa, 1395-nach 1479) die Herrschaft. Zu der Zeit, als die Rinpungpa erstarkten, war er bereits zwischen 1434 und 1438 als Befehlshaber mehrerer Kriegszüge hervorgetreten, die eigentlich nur als der verzweifelte Versuch Gyantses gewertet werden können, den Aufstieg Rinpungs durch die Vergrößerung des Territoriums Gyantses zu stoppen: Er führte militärische Expeditionen in den östlichen Teil Lhodrags (lHo-brag), in die auf der nördlichen Seite des Tsangpo gelegene Region Jasang (Bya-bzang)(55), nach Nangkartse (sNang-dkar rtse) und Gongkar (Gong-dkar) - nicht zuletzt um den Gongkarwa (dGong-dkar-ba) im Kampf gegen andere zentraltibetische Mächte, wie sich das Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar, ohne nähere Einzelheiten mitzuteilen, ausdrückt, beizustehen. Als er dann aber gegen Tsethang (rTsed-thang) vorging und sich selbst Nomaden im Raum Tsethang (rTse thang ru ba) aneignete, folgte die Vergeltung auf dem Fuß. Die Phamo Drupa fielen in das Nyangchu-Tal ein und es kam zu Schlachten in Pekar (sPe-dkar), in der Nähe von Lhündrub Dzong.(56)  Mussten sich die Phamo Drupa auch geschlagen geben,(57)  waren jegliche Ambitionen Gyantses, seinen Machteinfluss durch Gebietserwerbungen zu vergrößern, damit obsolet geworden.

Nachdem er 1444-45, wohl um die steuerlichen Einnahmen zu verbessern, noch eine umfassende Erfassung (phye-gsal) sämtlicher Güter Gyantses durchführen lassen hatte, trat er 1447 ab. Er inthronisierte seinen Sohn Tashi Rabten Pelsangpo (bKra-shis Rab-brtan dPal-bzang-po, 1427-nach 1479), der seiner Ehe mit Gyeltshen Doraba (rGyal-mtshan rDo-ra-ba), der Schwester seiner Gemahlin Sangmo Pel, entstammte. 1439 vermählte dieser sich mit der Dagmo Tsheten Gyelmo (bDag-mo Tshe-brtan rgyal-mo), der Tochter des Sakya Dagchen Wang Namkha Legpa (Sa-skya bDag-chen dBang Nam-mkha’ legs-pa) und seiner Gemahlin Dagmo Pelchen Gyelmo (bDag-mo dPal-chen rGyal-mo), der Tochter des Zehntausendschaftsgoverneurs von Yamdrok (Yar-‘brog Khri-dpon). Zu dessen Lebzeiten werden im Kern nur bauliche Erweiterungen der Klosteranlagen, die Anfertigung religiöser Objekte und Schriften, lange Listen an rituellen Festlichkeiten und Ausgaben für den Unterhalt der Klöster überliefert. Das belegt einmal mehr die schwere Hypothek, die auf Gyantse lastete, zeigt aber auch, dass Gyantse rapide an politischer Bedeutung verlor.

Zur Zeit von dessen beiden Söhnen - des Don-grub ‘phags-pa and eines anderen, nur unter dem Namensbestandteil Phags(58) genannten Sohnes - lag die Macht, wie das Deb dmar gsar ma  berichtet, in den Händen eines gewissen Pönyig Pegyel (dPon-yig Pad-rgyal) aus dem Geschlecht der Namse Lingpa (rNam-sras gling-pa). Im Jahre 1485 brachten diese drei, die beiden Prinzen und der Edelmann, angeblich dem Shikaba (gZhis-ka-ba)(59) in einer Schlacht bei Pelkya (sPel-skya) in der Region Gyangro (rGyang-ro)(60) eine schwere Niederlage bei.(61) Aufgrund eines fehl geschlagenen politischen Wendemanövers des in Tsechen residierenden Fürstensohnes ging jedoch ein Großteil der Güter verloren und das Ansehen Gyantses wurde schwer in Misskredit gezogen. Nur mit Unterstützung von Nedong vermochten die Güter schließlich zurückerobert werden und Angriffe Rinpungs in den Jahren 1503, 1517 und 1518 zurückgeschlagen werden.(62) Dadurch soll sich auch das Verhältnis zum Shikaba wieder verbessert haben. Panam, das sich schon vorher der Herrschaft Gyantses widersetzte, erlangte spätestens 1564 seine Eigenständigkeit wieder.(63)

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts stand die Linie der Sharkawa schließlich vor dem Aus. Von Namkha Lhündrub (Nam-mkha’ lHun-grub), dem Sohn des Fürsten Künga Namgyel Rabten Dorje Pelsangpo (Kun-dga’ rNam-rgyal Rab-brtan rDo-rje dPal-bzang-po) von Latö Lho wissen wir, dass er um die Mitte des 16. Jahrhunderts als Magpa(64) nach Gyantse ging und die Fürstentochter Dagmo Könchog Gyelmo (bDag-mo dKon-mchog rgyal-mo) ehelichte.(65) Ob das Geschlecht dadurch länger zu überdauern vermochte, lässt sich derzeit nicht eruieren.

Den Anfeindungen des Tsangpa Desi vermochte Gyantse später nicht mehr zu widerstehen. Spätestens unter dem Herrscher Tsangpa Desi Thutob Namgyel (gTsang-pa sDe-srid mThu-stobs rnam-rgyal) wurde es, glaubt man den nicht weiter belegten Ausführungen Dzongtse Jampa Thubtens (rDzong-rtse Byams-pa Thub-bstan), im frühen 17. Jahrhunderts unwiderruflich dem Herrschaftsbereich des Tsangpa Desi einverleibt.(66) 1643 fällt Gyantse in die Hände Gushri Qans (reg. 1636-1655) und wird schon bald darauf ein Bestandteil der unter dem 5. Dalai Lama Ngawang Losang Gyatsho (Ngag-dbang Blo-bzang rGya-mtsho, 1617-1682) entstandenen tibetischen Zentralregierung.(67)

9. Schlussbetrachtung

Wie bei allen Herrschaftsbildungen ist auch die Entstehung und weitere Entwicklung des Fürstentums Gyantse auf eine Vielzahl politischer, kultureller und wirtschaftlicher Faktoren zurückzuführen. Begünstigt wurde die Entstehung und der schnelle Aufschwung dieser Herrschaftsbildung durch den Herrschaftswechsel von den Sakyapa zu den Phamo Drupa. Ganz maßgeblich gehemmt, wenn nicht sogar entscheidend geschwächt, wurde er durch die innere Zerrüttung des Herrscherhauses in den letzten beiden Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts, die letztlich ein Resultat der Polygamie war und in Streitigkeiten um die Thronfolge, um Macht und Einfluss, begründet war. Fatal sollte sich jedoch vor allem die geographische Lage Gyantses auswirken, da sie die geostrategischen Möglichkeiten, die herrschaftliche Macht durch Gebietseroberungen auszuweiten, stark einschränkte.

Der Blick auf die Karte Zentraltibets im 14.-15. Jahrhundert zeigt schnell, dass sich das Territorium Gyantses über das südliche Zentraltibet erstreckte. Das Fürstentum entstand damit in einer peripheren Region, in der sich bis dahin keine größere, eigenständige Herrschaftsbildung zu etablieren vermocht hatte. Im Süden grenzte es an die kaum überwindbare Barriere des Himalaja, im Osten an hohe Gebirgsketten, die eine langfristige Einbindung der Großräume Lhodrak und Nangkartse in das Reich allein unter topographischen Gesichtspunkten als unrealistisch erscheinen ließen. Versuche, den Raum Nangkartse und Gongkar zu erobern, scheiterten so schon nach kurzer Zeit. Im Norden und Westen grenzte Gyantse wiederum an Territorien, die von freundschaftlich oder feindlich gesonnenen Herrschaftsbildungen gehalten wurden.

Im Norden waren die Rinpungpa zu stark, um von Gyantse ernsthaft gefährdet werden zu können. Im Westen standen die langfristigen, durch eine jahrhundertlange Heiratspolitik gestärkten engen Verbindungen, die Gyantse zu Sakya und Zhalu als den vorangegangenen historischen Mächten geknüpft hatte, jedweder Ausweitung seines Territoriums mit militärischen Mittel entgegen. Die Verlagerung des Herrschaftssitzes in das Tsangpo-Becken war damit blockiert.

Hinzu kam das Geflecht an kulturellen Verbindungen, das in dem durch die Schwäche der Phamo Drupa verursachten Schwebezustand unentschiedener politischer Entwicklungen immer mehr an Gewicht bekam: Nach einem schweren Jahrhundert, in dem Sakya von Gnaden der Mongolen Tibet beherrscht hatte und der Aufbau einer Zentralherrschaft nur mehr schlecht als recht gelungen war, fand das Land nach schweren militärischen Auseinandersetzungen unter den erneut eher schwachen zentralisierten Herrschaftsbildungen der Phamo Drupa (1354-1481) und Rinpungpa (1481-1565) nicht zu einer inneren Einheit. Während sich Nedong, Rinpung und Gyantse argwöhnisch beäugten, war den ehemaligen Herrschaftsmächten Tsangs nicht an neuen kriegerischen Auseinandersetzungen gelegen. Zhalu und Sakya waren primär an der Erhaltung ihres politischen Status quo interessiert und nicht bereit, Gyantse auch militärisch zu unterstützen.

Dabei kamen insbesondere auch die religionspolitischen Verbindungen, die Sakya und Zhalu zu Gyantses bedeutendstem politischen Konkurrenten, den Rinpungpa, geknüpft hatten, zum Tragen. Das prachtvolle, 1427 gegründete Kloster Rong Jamchen (Rong Byams-chen), das unweit ihres Herrschaftssitzes gelegene religiöse Zentrum der Rinpungpa, und das in rDzong dkar gelegene, 1441 gegründete Kyemö Tshal (sKyes-mos tshal) waren ursprünglich Gründungen der Sakya-Schule gewesen und sicherten Rinpung, wenngleich es sich später enger mit dem Karmapa und Sharmapa (Zhva-dmar-pa) verband, einen starken Rückhalt von Seiten Sakyas. Sakya, dem die starke Stellung der Rinpungpa als den engsten Verbündeten der Phamo Drupa bewusst war, gedachte seinen religiösen Einfluss dort nicht zu gefährden. Eher versuchte es sicherlich, das Verhältnis von Gyantse und Rinpung zu seinem eigenen Vorteil auszubalancieren.

Als Rinpung dann in den Dreißiger und Vierziger Jahren des 15. Jahrhunderts weiter erstarkte und unter Donyö Dorje (Don-yod rdo-rje, geb. 1463, reg. 1479-1512) endgültig die Macht an sich riss, waren jegliche Chancen Gyantses, sein Territorium auszuweiten, über Nacht hinfällig geworden. Gyantse befand sich so in einer Zwickmühle, aus der es nur noch schwerlich ein Entrinnen gab. Am Lebensende des Rabten Künsang Phags vermochte es sich der Übergriffe Rinpungs auf sein Territorium noch zu erwehren. Die schwache Herrschaft der folgenden Herrscher verdeutlicht jedoch den quasi eingefrorenen Zustand der Herrschaftsbildung. Spätestens gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde Gyantse dann eine leichte Beute des Tsangpa Desi.

10. Anmerkungen

(1) Siehe Giuseppe Tuccis wissenschaftliche Untersuchungen zur Klosteranlage von Gyantse, die 1941 unter dem Titel Gyantse ed i suoi Monasteri 1941 as Indo-Tibetica IV.1 veröffentlicht 1989 ins Englische übersetzt wurden. Verwiesen sei des Weiteren auf die Untersuchungen von Franco Ricca und Erberto Lo Bue über den Stïpa von Gyantse sowie seine Wandmalereien und Skulpturen, Ulrich von Schroeders’ Beschreibung der Wandgemälde der Mahâsiddhas und Wang Jiu’s und He Dan’s Bildband über die Klosteranlage. Eine kurze historische Darstellung gab Weirong 2002: S. 45f. Zusätzlich seien die Reiseberichte von Sarat Chandra Das (1902: bes. S. 83-91) oder Giuseppe Tucci (1956: S. 38-52) und Richardsons Anmerkungen zu den Klöstern von Gyantse (1998: 325-328) in diesem Zusammenhang genannt. Siehe auch Ferrari 1958: S. 59 and Anm. 411-415; Wylie 1962: S. 70-71 and Anm. 217-224; Henss 2014: 498-551.
(2) Zur bislang einzigen Erwähnung dieses Scriptoriums in tibetischen Quellen siehe Kathog Situ Chöki Gyatsho’s (Kah-thog Si-tu Chos-kyi rgya-mtsho) Pilgerführer dBus gtsang gnas bskor lam yig, Fol. 201r.
(3) Siehe Jampa Samten & Hiroaki Niisaku 2012: Introduction.
(4) Siehe Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar 261,11-269,9. Zu einer englischen Übersetzung und Edition dieses Erlasses siehe Tucci 1949: S. 666-668 und 745f. Zur deutschen Übersetzung, Edition und Analyse dieses Erlasses siehe Everding 2013. Unglücklicherweise wurde Tuccis Übersetzung in der deutschen Bearbeitung des Erlasses übersehen und entsprechend nicht ausgewertete. Der künftigen Forschung stehen dadurch aber immerhin zwei unabhängig voneinander entstandene  Übersetzungen zur Verfügung.
(5) Tucci 1949: S. 662-670. Zu den verschiedenen Textausgaben der Biographie siehe Everding 2013: S. 226-234. Als Autor dieses Werkes wird oft irrtümlicherweise der Bo-dong Phyogs-las rnam-rgyal (1376-1451) genannt. Der Name des Autoren wird allerdings überhaupt nicht erwähnt. Dazu siehe Samten & Niisaku 2013: Introduction; Everding 2013: 227f. 
(6) Das rGya bod yig tshang ist eine Chronik, die sich mit den Herrscherhäusern Indiens, Chinas und der Mongolei sowie vor allem mit dem großtibetischen Königshaus befasst. Darüber schließt sie geschichtliche Abrisse der Herrscherhäuser ein, die das westliche Zentraltibet (gTsang) in der Zeit des 13.-15. Jahrhundert beherrschten. Zu weiteren Angaben über den Autor, das Abfassungsdatum und den Inhalt des Werkes siehe Macdonald 1963; Martin 1997: S. 68.
(8) Diese Chronik befindet sich in der Bibliothek des sikkimesischen Adeligen Barmiok Athing (‘ba’-nyag a-thing) und wurde in Form einer Abschrift von der Library of Tibetan Archives, Dharamsala (Indien), veröffentlicht.
(9) Tibetischer Text und Übertragung ins Englische in Tucci 1971: Fol. 54r-57r und S. 189-191. Siehe auch Martin 1997: Nr. 165.
(10) Zu einer inhaltlichen Zusammenfassung der Geschichte Gyantses siehe Tucci 1949: S. 646. Zur Übersetzung des Kapitels über Gyantse siehe Ahmad 1995: 177f und 305f. Siehe auch die kommentierte tibetische Ausgabe von Nordrang Ogyan (Nor-brang o-rgyan) in seinem rDzogs ldan gzhon nu dga' ston gyi 'grel pa yid kyi dga' ston (bes. S. 430-435). Zu den verschiedenen Editionen dieses Werkes und weiteren Literaturangaben siehe Martin 1997: S. 107f.
(11) Zu diesem Terminus siehe Anm. 61.
(12) Eine von mythischen Zügen geprägte Gestalt, die als Gründer des osttibetischen "Königreiches" Lingtshang (Gling-tshang) gilt.
(13) Tagthog ist auf dem Wege von Shigatse nach Lhatse, etwa 5 km östlich von Chushar (Chu-shar), gelegen.
(14) Dem rGya bod yig tshang zufolge soll der Urahn der Shargawa (Shar-sga-[sic!]-ba) in etwa zur Zeit des tibetischen Königs Tisong Detsen (Khri-srong lde-btsan, reg. 755-797) über die osttibetischen Regionen Den (lDan), Ga (sGa) und Trewo (Tre-bo) geherrscht haben. Seine Nachfahren, ein gewisser Denma Önpo (lDan-ma dbon-po) und sein Sohn Sangpo Gyeltshen (bZang-po rgyal-mtshan), machten sich dann in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts als Nachfahren dieses Adelsgeschlechts nach Zentraltibet auf, wo sie sich zunächst im unteren Oyug-Tal (O-yug), danach in Yuwa Dong (g.Yu-ba gdong), einem Ort an der Mündung des Nyangchu in den Tsangpo, und schließlich in der Nähe von Shalu, auf der Shika Serding (gZhis-ka gSer-sdings), niederließen. Dort wurde er aufgrund seiner Fähigkeiten zum Schreiber eines reichen Mannes, bei dem er wohnte und dessen Tochter Lhamo Men (lHa-mo sman) er schließlich heiratete. Sie gebar ihm 1321 den Sohn Pelden Dar (dPal-ldan dar), der von dem im Kloster Tharpa (Thar-pa dgon) residierenden Cel Lotsawa Chöphags (dPyal Lo-tsa-ba Chos-‘phags) den Namen Phagspa Pelsangpo (‘Phags-pa dpal-bzang-po) erhielt. Dieser ließ sich daraufhin in Denyül (lDan-yul) am Orte Ngönmo Lung (sNgon-mo lungs) nieder, wo er den Leuten bei der Abfassung von Schreiben zur Entrichtung ihrer Steuern (’dab-sgo) behilflich war. Indem er dadurch auch öfters Sakya zu besuchen hatte, wurde er sodann zum Schreiber des Nangchen und erhielt schließlich vom Dagnyid Sangpo Pel (bDag-nyid chen-po bZang-po dpal, 1261-1323 [?]) die Führungsposition in der Kanzlei Sakyas (yig-tshang-pa’i ‘thil bzugs-thob). Des Weiteren wurden ihm von der Lhamo en (lHa mo sman) die Söhne Phagspa Rinchen (‘Phags-pa rin-chen) und Masang Darpo (Ma-sangs Dar-po) geboren. Der Dagnyid Sangpo Pel ordnete schließlich an, dass auch sein ältester Sohn Pelden Dar (dPal-ldan dar) nach Sakya kommen möge, um in die Fußstapfen seines Vaters einzutreten. So erhielt dieser von seinem 7. oder 8. Lebensjahr an eine Ausbildung im Lesen und Schreiben und wurde zu einem Fachmann für die Vielfalt der Kanzleiarbeiten. Später nahm er dann die Führungsposition bei der Bekämpfung der Dungreng usw. ein (rGya bod yig tshang 100-110).
(15) Auch Gyatsho Shar (rGya mtsho Shar) genannt, offensichtlich der Herrschaftssitz des Sharpa-Zweiges (Shar pa) der Shaluwa, deren Herrscherhaus über einen östlichen (Shar-pa) und westlichen (Nub-pa) Zweig verfügte.
(16) Bisweilen auch Zhalu geschrieben. Zum Kloster Shalu, zur Geschichte des Herrschergeschlechts der Shaluwa, zur Geographie des Nyangchu-Tales im 13.-15. Jahrhundert und umfangreichen Literaturverweisen siehe Everding 2007: Anm. 1 und unter "Bibliographie".
(17) Dieses Mitglied der Cel-Linie, die am Kloster Tharpa dgon, wenige km südwestlich von Shalu residierte, ist bislang nicht identifiziert. Eine mir derzeit nicht zugängliche Chronik der Cel-Linie findet sich TBRC W1KG1804.
(18) Zum Leben dieses bedeutenden Lamas der Sakya-Schule siehe Everding 2006a: S. 105-108 und die ebenda gegebenen Literaturverweise.
(19) Zu diesen Kämpfen siehe neben den Berichten der erwähnten Quellen bes. die Aufsätze von Luciano Petech (1990a) und John Ardussi (2004).
(20) Mehrere alte, ortskundige Tibeter, die ich befragt habe, haben Cangra 4,5 km südwestlich des Gyantse Dzong lokalisiert.
(21) Das Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar führt hier den 3. Karmapa Rangjung Dorje (Karma-pa Rang-byung rdo-rje) an, dessen Lebensdaten mit 1284-1339 vermerkt sind. Es kann sich schon aufgrund der Jahresangabe von 1358 aber nur um den 4. Karmapa Rolpe Dorje (Karma-pa Rol-pa’i rdo-rje, 1340-1383) handeln. Zu den Umständen der Chinareise und zum Berufungsschreiben des 4. Karmapa siehe Kam tshang bka' brgyud rnam thar 351ff; zur Edition, Übersetzung und umfassenden Analyse des Berufungsschreibens siehe Schuh 1977: S. 142-147 und 156f.
(22) Etwa 2 km nordwestlich des Tsechen Dzong gelegen. Die Ruinen dieses einst stattlichen Klosters sind noch heute kurz hinter Tsechen links der Strasse auf einem Hügel zu sehen.
(23) Wangchug Pel dürfte eine alternative Bezeichnung des militärischen Befehlshabers (dpon-chen) Wangchug Tsöndrü (dPon-chen dBang-phyug brtson-‘grus) sein, der laut Petech 1990: S. 145 in etwa 1347-1350 als Pönchen fungierte und damit einer der mächtigsten Männer Tibets war. 
(24) Zur Geschichte der Phamo Drupa-Herrschaft siehe Czaja 2013.
(25) Am Yarlung Tsangpo (Yar-lung gTsang-po), in etwa gegenüber von Samye (bSam-yas), gelegen.
(26) Tsechen ist nur gut 5 km nordwestlich von Gyantse gelegen und bildete einen bedeutenden Herrschaftssitz, an dem später oftmals nachrangige Prinzen residierten.
(27) Zu diesem Kloster siehe Henss 2014: S. 554-556.
(28) Dieser Ehrentitel wurde der tibetischen Herrschern und ihren Vorfahren von den Ming-Kaisern verliehen. Er entsprach dem unteren ersten Rang und wurde auch anderen tibetischen Herrschern wie dem Jangdag Dragpa Pelsangpo (Byang-bdag Grags-pa dpal-bzang-po, geb. nach 1360) zuteil. Zum Titel Situ (Si-tu) siehe Weirong 2005: S. 281ff).
(29) Zur Bedeutung der von den Ming-Kaisern verliehenen Titel und Diplome siehe Weirong 2002: 48-61; Schwieger 2007 und 2010. 
(30) Siehe Tucci 1949: S. 664 und 703 (Anm. 792).
(31) Siehe Everding 2013: S. 222 und Anm. 12f.
(32) Die unter dem Einfluss des mongolischen Großkhans Khubilai Khan (1215-1294) errichteten Dreizehn Zehntausendschaften (khri-skor) umfassten idealer Weise 10.000 Steuern leistende Familien. De facto kam aber keine der tibetischen Zehntausendschaften weit über 4000 Familien hinaus.
(33) Siehe van der Kuijp 2001: 62ff.
(34) Everding 2005: S. 111-117; Everding 2015: S. 130-133.
(35) Siehe Tucci 1949: S. 670-673 und 747-755.
(36) Siehe Petech 1990: S. 46-69.
(37) Verwiesen sei hier bes. auf die 1321 und 1325 vom Dishi Künga Lodrö Gyeltshen (Ti-shri Kun-dga’ blo-gros rgyal-mtshan, Dishi 1314-1327) ausgefertigten Shalu-Dokumente VI und VII (Tucci 1949: S. 671, 750f und Abb. 129f).
(38) Dieser Dzong ist an der bhutanesisch-tibetischen Grenze im oberen Chumbi-Tal gelegen.
(39) Am Khampa La gelegene Burg im Grenzgebiet von Sikkim und Tibet. Siehe auch Sarat Chandra Das 1970: S. 244.
(40) Dritsham ist der Name einer Region südlich von Sakya.
(41) Laut www.wikimapia.org schließt sich Norbu Khyungtse direkt südlich an Pa nam an und ist damit in der mittleren Region des Nyangchu-Tales (Nyang-bar) gelegen. Erwähnt wird der Ort auch in Sarat handra Das 1902: S. 75.
(42) Die oben und unten gegebenen Schreibungen mDol-chung, ‘Dol-byung und mDol-byung bilden Varianten des  hier vermerkten ‘Dus-byung. Abstecken lässt sich der Herrschaftsbereich Gyantses des Weiteren vermutlich durch die im 14. und 15. Jahrhundert im Nyangchu-Tal gegründeten Klöster der Gelugpa-Schule, da nur Gyantse als Stifter (yon-bdag) dieser Klöster in Betracht kommt.
(43) Siehe Everding 2007: S. 73f.
(44) Sarat Chandra Das 1902: S. 83f
(45) Zu den Steuern und Frondiensten, die die Untertanen von Gyantse während der nahezu 20-jährigen aufwändigen Bauarbeiten zu leisten hatten, sei hier auf den Steuerbefreiungserlass von 1440 verwiesen (Tucci 1949: S. 666ff; Everding 2013: S. 245ff).
(46) Zur Geschichte der Rinpungpa-Herrschaft siehe Czaja 2013: bes. S. 481-493.
(47) Zu den offiziellen Titeln des Fürsten von Gyantse (rGyal-rtse sde-pa) siehe Everding 2013: S. 238-241.
(48) Siehe Czaja 2013: S. 483.
(49) rGya bod yig tshang 117.
(50) rGya bod yig tshang 115. Bei dem hier erwähnten Tagtse Dzong kann es sich eigentlich nur um den berühmten, in Chonggye (’Phyong-rgyas) gelegenen Tagtse Dzong der Phamo Drupa handeln. Es erscheint jedoch als sehr unwahrscheinlich, dass der Pön Künga Phags diesen Dzong längere Zeit gehalten haben könnte.
(51) Dazu siehe rGya bod yig tshang 114f; Deb dmar gsar ma 55v und S. 189; Weirong 2005: S. 280f.
(52) Diese Einsiedelei befindet sich auf den Bergen nördlich von Pelkhor Chöde.
(53) Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar, Fol. 150f, rGya bod yig tshang 133.
(54) Sarat Chandra Das 1970: S. 89.
(55) Zu Jasang siehe Czaja 2013: bes. S. 472f.
(56) Gemeint sein dürfte hier das Panam Lhündrub Dzong (sPa-nam lHun-grub rDzong).
(57) Dazu siehe Rab brtan kun bzang ‘phags kyi rnam thar 285f; Tucci 1949: S. 668f.
(58) Das Deb dmar gsar ma 56r liest hier: de la sras don grub ‘phags sogs ‘phags ste gnyis khrungs nas sde tshugs bzung ba’i blon po dpon yig pad rgyal du grags pa byas // "Nachdem diesem (Rabten Tashi Phags) zwei Söhne (mit dem Namensbestandteil) "phags" (’phags) wie Döndrub Phags (Don-grub ‘Phags) geboren worden waren, wurde die Herrschaftsgewalt (sde-tshugs) von dem Minister Pönyig Pegyel (dpon-yig Pad-rgyal) ausgeübt." Ohne irgendeine andere Quelle zu nennen, gibt Tucci (1971: 190) die Namen dieser beiden Söhne mit Döndrub Phags-pa and Phuntshogs Phagspa (Phun-tshogs ‘Phags-pa). Offensichtlich kopierte er den Namen Phüntshog Phags-pa aus dem Bericht des rDzogs ldan gzhon nu dga’ ston 222, wo es eigentlich heißt, dass die Herrschaft des Hauses Gyantse von Rabtenn Tashi Phagspa’s Sohn Döndrub Phags bis zum Dagpo Phünsum (Tshogs)pa (Phun-sum [Tshogs]-pa) andauerte: ...., 'di'i sras rab brtan bkra shis 'phags,    de'i [Z] sras don grub 'phags nas bzung ste bdag po phun sum pa yan [Z] chad du mnga' thang rgyun gnas shing, .... Diese Annahme könnte richtig sein, da in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts mangels eines männlichen Nachkommen ein Fürstensohn von Latö Lho (La-stod lHo) in das Haus Gyantse einheiratete. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass dieser Phünsum Tshogspa eventuell auch der Sohn eben dieses Fürstensohnes gewesen sein könnte.
(59) Ich vermute, dass mit dem Shikawa hier die Rinpungpa gemeint sind. Der geringschätzige Begriff, der sich davon abzuleiten scheint, dass Rinpung vor seiner Machtergreifung lediglich ein Landgut (Shika, gzhis-ka) der Phamo Drupa bildete, ist in historiographischen Quellen eindeutig für Rinpung belegt. Dazu siehe Everding 2000: S. 555f.
(60) Gyangro, hier offensichtlich eine Variante von Gyangru, bezeichnet offensichtlich den Großraum von rGyal rtse. Zu den drei Regionen Gamru (ga-ru), Gyangru und Nyingru (Nying-ru) siehe Everding 2007: 67.
(61) Siehe Deb dmar gsar ma 89r und S. 226.
(62) Siehe Czaja 2013: S. 250f und 255f.
(63) Siehe Czaja 2013: S. 278 (Anm. 133).
(64) Bezeichnung eines Ehemanns, der in Verkehrung der üblichen ehelichen Verbindungen nicht seine Gemahlin zu sich holt, sondern in das Haus seiner Gemahlin einzieht. Derartige Ehen wurden nur vollzogen, wenn keine Söhne existierten, die die Geschäfte der Familie weiterzuführen vermochten. In Adelskreisen nahm der Magpa (Mag-pa) dann gewöhnlich auch, um den Familiennamen zu erhalten,  den Namen der jeweiligen Familie an.
(65) Gung thang rgyal rabs 19r; Everding 2000: S. 164f, 542 und 577; Everding 2006: S. 110.
(66) Gesicherte Angaben über den genauen Zeitpunkt der Eroberung Gyantses sind mir nicht bekannt. Verwiesen sei hier nur auf das sDe srid gTsang pa’i lo rgyus 14f.
(67) Czaja 2013: 330 (Anm. 123).

11. Literaturverzeichnis

A) Tibetische Quellen

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 rJe btsun Taranatha (1575-1634): Myang yul stod smad bar gsum gyi ngo mtshar gtam gyi legs bshad mKhas pa'i 'jugs ngogs. Bod ljongs mi dmangs dpe skrun khang 1983.

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rDzogs ldan gzhon nu'i dga' ston gyi ‘grel pa Yid kyi dga' ston
Nor brang o rgyan (b. 1933): Gangs can yul gyi sa la spyod pa'i mtho ris kyi rgyal blon gtso bor brjod pa'i deb ther rdzogs ldan gzhon nu'i dga' ston dpyid kyi rgyal mo'i glu dbyangs kyi 'grel pa yid kyi dga' ston. Mi rigs dpe skrun khang 1993.

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 Autor: Karl-Heinz Everding, 2016