Tibet-Encyclopaedia

 

Abbildung 1: Der Hauptteil der Burg von Cigtan im Jahre 1913/14 nach Giotto Dainelli in De Filippi (2 und 3), S. 243

Burgen (mkhar) in Purig (Kargil-Distrikt)

Das flächenmässig relativ kleine und sehr dünn besiedelte Purig zerfiel im achtzehnten Jahrhundert in kleine Herrschaften, die entweder von abhängigen „Fürsten“ - Jo genannt - regiert wurden oder von Burgvögten - mKhar-dpon genannt - verwaltet wurden. Letztere unterstanden direkt dem Königshof von Mulbekh oder dem von Leh. Wie im Gebiet des heutigen Baltistan existierten in Purig keine grösseren Orte, die als Verwaltungszentren dienten, sondern nur kleine Dörfer. Sitz der Machthaber und ihrer Verwaltungen waren stets Burgen bzw. Festungen (mkhar), die zumeist hoch über den Dörfern thronten und die gleichzeitig den Burgherren auch als Wohnsitz dienten. Eine Unterscheidung von Wohnburgen und Wehrburgen, wie z. B. bei den Burgen in Baltistan, findet sich in Purig nicht. Die grösste Zahl von Burgen findet sich auf der Handelsroute, die Kaschmir mit Ladakh verbindet. Hier zählen wir im Gebiet von Purig einschliesslich Drass zwölf Festungen, von denen heute allerdings nur Ruinen übrig geblieben sind. Nehmen wir die grösseren Festungen nördlich und südlich der von Osten nach Westen verlaufenden Handelsroute hinzu, ergibt sich die Zahl von mindestens 20 Burgen in einem Gebiet, welches von weitaus weniger als 30.000 Einwohnern besiedelt war. Dabei sind die drei sogenannten Dogra-Forts, die ab 1834 in Purig errichtet wurden, nicht einmal mitgezählt.

Von den Festungen in Purig wurden die meisten von den Dogras nach ihrem räuberischen Eroberungszug des Jahres 1834/35, der gegen Purig und Ladakh gerichtet war, zerstört. Eine Ausnahme ist die Burg von Cigtan, die aus bisher unbekannten Gründen von den Dogra unangetastet blieb. Diese Burg konnte aber insbesondere nach 1900 von den Eigentümern nicht mehr instand gehalten werden und ist heute auch nur als Ruine zu besichtigen. Da im Unterschied zu den ehemaligen Festungen im Gebiet des heutigen Baltistan die Wände der Gebäude nicht durch mit Holz verstärkte Natursteine, sondern häufig, wie z. B. im Stag-Tal, als Lehmmauern oder als Steinmauern ohne Holzverstärkung errichtet wurden, sind von den Burgen von Purig meist wenigstens Teile der Aussenmauern auch heute noch erhalten. Eine wissenschaftliche Forschung zu diesen Burgen in Purig existiert bis heute nicht.

Der nachfolgende Artikel kann nur einen groben Überblick über die heute vorhandenen Überreste dieser Gebäudekomplexe liefern, die teilweise ungewöhnlich grosse Ausmasse besitzen. Eine erste wichtige Forschungsaufgabe wäre die Erstellung eines korrekten Aufmasses der heute noch vorhandenen Gebäudeteile der wichtigsten Burgen und der Versuch einer ersten Funktionsbeschreibung dieser baulichen Reste. Eine der wichtigsten Forschungsziele ist die Frage, wie ein Land mit einer sehr geringen Bevölkerungszahl eine derart grosse Zahl von teilweise riesigen Festungsanlagen errichten konnte und ob nicht die Errichtung bestimmter Anlagen, wie z. B. der Festungen in Bod Kharbu, auf die Zeit des tibetischen Grossreiches zurückgehen.

 

 

Abbildung 2: Karte mit den Herrschaften von Purig (rot), dem Königssitz in Mulbekh (rot unterstrichen) und 18 Burgen in verschiedenen Landesteilen (18. Jahrhundert). Die Haupthandelsroute zwischen Kaschmir und Ladakh verläuft durch Purig entlang der gestrichelten roten Line von Pandras im Westen bis Heniskot im Osten. Nebenstrecken sind blau gestrichelt eingetragen. Die Route von Kargil nach Zangskar verlief von Kargil nach Süden im Tal des Suru-Flusses (grün gestrichelt)

Inhaltsverzeichnis

1 Quellen und Entdeckungsgeschichte
2 Festungen entlang der Haupthandelsroute zwischen Ladakh und Kaschmir
2.1 Die Festungsanlagen von Bod Kharbu
2.1.1 Die Unterburg von Bod Kharbu
2.1.2 Die Oberburg von Bod Kharbu
2.1.2.1 Teil C der Oberburg von Bod Kharbu
2.1.2.2 Teil B der Oberburg von Bod Kharbu
2.1.2.3 Der obere Hauptteil A der Oberburg von Bod Kharbu
2.1.3 Festungsanlagen auf der Ostseite des Bergrückens mit den Burgen von Bod Kharbu
2.2 Die Burg von Heniskot
2.3 Die Burg von Stagtse (Stag-rtse)
2.4 Die Burg von Wakha
2.5 Die Königsburg in Mulbekh
2.6. Die drei Burgen von Pashkyum
2.7 Die Burg Shubar Khar in der Herrschaft Sod
2.8. Die Dogra-Festung in Kargil
2.9. Die Burg von Kharbu in Drass
2.10 Die beiden verschwundenen Burgen im Tal von Drass-Stadt
2.11 Die Burg von Pandras
3 Die Festungen von Suru, dKar-tse und Blon-che
3.1 Die Burgen der ehemaligen Herrschaft Suru
3.1.1 Die Dogra-Festung im oberen Suru-Tal
3.1.2 Der vermutete Standort einer Festung in Maita (Kargee)
3.1.3 Die Burg Birukhar in Namsuru
3.1.4 Die Burg Karpokhar an der nördlichen Grenze der Herrschaft Suru
3.2 Die Burg Kartsekhar in der Herrschaft dKar-rtse
3.3 Die Burg von Trespone (Khri-dpon) in der Herrschaft Blon-che
4 Die Burgen Feekhar, Pikhar, Pasar Khar und Khandor Khar in der Herrschaft Sod
4.1 Die Burg von Feekhar
4.2 Die kleine Burg Pikhar östlich von Yourbaltak
4.3 Die Burgen Pasar Khar und Khandor Khar oberhalb von Yourbaltak
4.3.1 Die Burg Pasar Khar
4.3.2 Die Burg Khandor Khar
5 Die Burg von Karamba in der Herrschaft Phu-dkar (~ Phod-dkar)
6 Die Burgen von Cigtan und Shakar
7 Literatur

1 Quellen und Entdeckungsgeschichte

Die ältesten Quellen, in denen Festungen in Purig erwähnt werden, sind in persischer und tibetischer Sprache verfasst. Nach Petech (S. 50) erwähnt das Bádsháh-náma des ´Abdu-l Hamíd Láhorí im Zusammenhang mit dem Feldzug einer Moghul-Armee aus Kaschmir unter der Führung von Husain Beg, der 1639 stattfand und der gegen den ladakhischen König Senge Namgyel (Seng-ge rnam-rgyal) gerichtet war, die Burg von Karpū (= Bod Kharbu). In diese hatte sich Senge Namgyel mit seinen Soldaten nach einer Niederlage zurückgezogen. Der Ort Kharbu (mKhar-bu) wird auch in diesem Zusammenhang explizit in der Chronik La-dvags rgyal-rabs genannt (Francke (1), S. 110). Die nächste Erwähnung von Bod Kharbu findet sich in der in persischer Sprache verfassten Verschronik Shigar Nāma im Zusammenhang mit einem Feldzug des Skardu-Herrschers Murad-Khan. Hiernach eroberte Murad Khan etwa im Zeitraum zwischen 1650 und 1658 die Festung von Bod Kharbu (Behrouz, S. 112ff).

Einen frühen indirekten Hinweis auf die Burg von Heniskot (He-nas sku) liefert uns eine Urkunde des ladakhischen Königs Deden Namgyel (bDe-ldan rnam-rgyal) aus dem Jahre 1680, die von Peter Schwieger ediert und erläutert wurde. Die Nennung eines Burgvoigts (mkhar-dpon) in der Publicatio dieser Urkunde verweist auf die Existenz einer Festung, deren Reste auch heute noch zu besichtigen sind.

Im Zusammenhang mit der Eroberung von Purig durch den ladakhischen General  Śākya rgya-mtsho im Jahre 1673 erwähnt die Chronik La-dvags rgyal-rabs die Einnahme von Bod Kharbu sowie die Eroberung der Festung auf dem Berg Pa-sa ri in Sod (Francke (1), S. 41 und 113). Hierbei handelte es sich um die Festung Pasar Khar, die offenkundig auch zerstört wurde. Eine tibetische Inschrift in der Ortschaft Feekar in Sod erwähnt die Errichtung der Burg Khandor Khar (= mKha-ri mkhar = mKa´-´gro-ri mkhar) durch Mahamad Suldan in einem Pferde Jahr, dass mit 1690 zu identifizieren ist (siehe auch Schuh/Ajaz, S. 220-226, wo 1678 als Datum angegeben ist). Weiterhin erfahren wir aus einem dem König Nyima Namgyel (Nyi-ma rnam-rgyal) zugeschriebenen Dokument, dass die Burg Khandor Khar 1720 von dem ladakhischen Heerführer Tshul-khrims rdo-rje nach einer Rebellion der Fürsten von Sod und Kartse belagert und eingenommen wurde (Francke  (1), S. 229).

Für das Jahr 1715 erwähnt eine 1718 ausgefertigte Herrscherurkunde die Belagerung und Eroberung der Burg (mkhar) von Pashkyum (Pas-skyum) durch Truppen aus Ladakh (Schuh, S. 87-89).

Von den ersten ausländischen Reisenden erwähnen weder Desideri noch Izzet Ullah, die 1715 und 1812 durch Purig reisten, irgendeine Festungsanlage dieses Landes. Moorcroft (Band II, S. 14) erwähnt eine alte Burg („old fort“) in Heniskot. Die gewaltige Festungsanlage von Bod Kharbu beschreibt er wie folgt: „In the vicinity of Kherbo were several fortified enclosures, strongly situated on rugged rocks, but more or less in ruins.“ Vigne verzeichnet auf seiner Karte nur die Dogra-Festungen von Suru und Drass. Über eine blosse Erwähnung hinausgehende Beschreibungen von Burgen in Purig stammen aus dem Beginn des 20ten Jahrhunderts. A. H. Francke bereiste Purig im Jahre 1909. Von ihm stammen die ersten Photos der Burg von Cigtan und der Unterburg von Bod Kharbu, die jemals veröffentlicht wurden. Des Weiteren erwähnt er die Burgen von Stagtse (sTag-rtse), Wakha und Kharbu (Drass). Giotto Dainelli bereiste Cigtan im Jahre 1913. Er veröffentlichte eine Beschreibung der Burg von Cigtan und ein Photo (siehe Abbildung 1), welches den zu seiner Zeit - im Vergleich zu heute - noch recht guten Zustand der Burg dokumentiert. Der wohl erste Versuch einer vorläufigen wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Geschichte und der architektonischen Struktur der Burg von Cigtan liegt mit einem im Jahre 2014 erschienen Aufsatz der Autoren Kacho Mumtaz Ali Khan, John Bray, Quentin Devers und Martin Devers vor.

2 Festungen entlang der Haupthandelsroute zwischen Ladakh und Kaschmir

2.1 Die Festungsanlagen von Bod Kharbu

Bod Kharbu liegt zwischen den Pässen Fotu La und Namika La im Tal des Sangeluma-Flusses, der hier von Osten nach Nord-Westen verläuft. Am westlichen Ende dieses Tales biegt der Sangeluma nach Norden ab und fliesst anschliessend durch die Herrschaft Cigtan, um danach in den Indus zu münden. Bod Kharbu ist nur ein kleines Dorf. Unter den mehr oder minder eigenständigen politischen Herrschaften des Sangeluma-Tals taucht Bod Kharbu oder Kharbu in den bisher erschlossenen Quellen nicht auf. Das westlich des Fotu La gelegene Bod Kharbu liegt direkt an der Haupthandelsstrasse zwischen Kaschmir und Ladakh. Das heutige Bod Kharbu besteht aus zwei offenbar älteren und sehr kleinen Ortsteilen, die unterhalb der Festungsanlage liegen, und einem neuen, östlich gelegen Ortsteil, der neben Militärkasernen auch neuere buddhistische Tempel- bzw. Klostereinrichtungen umfasst. Zwei kleine nach Süden verlaufende Täler markieren die Enden des Bergmassivs, auf dem sich die Festungsanlage befindet.

Abbildung 3: Lage von Bod Kharbu im Sangeluma Tal zwischen den Pässen Fotu La und Namika La

Abbildung 4: Das Bergmassiv südlich des Dorfes Bod Kharbu mit den Festungsanlagen von Bod Kharbu (22. August 2014)

Abbildung 5: Der westliche Teil des alten Dorfes Bod Kharbu von der Oberburg aus photographiert. Oben links im Bild das Dorf Mundig. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

Abbildung 6: Der östliche Teil des alten Dorfes Bod Kharbu (unten rechts) von der Oberburg aus photographiert. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

Abbildung 7: Der östliche, neue Teil des Dorfes Bod Kharbu mit militärischen Einrichtungen der indischen Armee und buddhistischen Klöstern, von der Oberburg aus photographiert. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

Die hoch über dem Sangeluma-Tal thronenden ausgedehnten Festungsanlagen von Bod Kharbu sind historisch gesehen die bedeutendsten Burgen von Purig. Für das Königreich Ladakh, das gegen Ende des 16. Jahrhunderts und während des 17. Jahrhunderts mehrfach versuchte, Purig zu erobern, waren die militärischen Anlagen in Bod Kharbu offenbar der Ausgangspunkt und ein Stützpunkt für Rückzüge seiner Feldzüge zur Eroberung von Purig, die letztendlich im 17. Jahrhundert allesamt fehlschlugen. Ob die Festungen in Bod Kharbu während der militärischen Intervention des Königs Jamyang Namgyel (´Jam-dbyangs rnam-rgyal) in Purig um 1591/92 strategisch eine Rolle gespielt haben, ist unbekannt. Bedingt durch das Eingreifen des berühmten Herrschers Ali Sher Khan von Skardu endete diese Intervention in einer Katastrophe für den König von Ladakh und seine Truppen.

1638/39 unternahm der ladakhische König Sengge Namgyel (Seng-ge rnam-rgyal) den Versuch, Purig zu erobern. Auf Bitten von Adam Khan, den der Moghul Kaiser Shah Jahan als Regent von Baltistan 1637 eingesetzt hatte, marschierten Truppen des Moghul-Kaiserreiches mit militärischer Unterstützung von Truppen aus Baltistan von Kaschmir nach Purig und besiegten Sengge Namgyel in einer Schlacht bei Bod Kharbu. Sengge Namgyel nahm in der Festung von Kharbu Zuflucht. Seinen freien Abzug nach Ladakh konnte er sich nur durch die Zusage, Tribute an den kaiserlichen Hof zu zahlen, erkaufen. Die Burg von Bod Kharbu wurde von kaiserlichen Truppen eingenommen, aber kurz darauf wegen des herannahenden Winters wieder verlassen (siehe Adam Khan, 5. Krieg gegen den ladakhischen König Sengge Namgyel).  

Nach dem Rückzug der Moghul-Truppen kehrte offenbar eine ladakhische Besatzung nach Bod Kharbu zurück, wodurch das Sanggeluma-Tal mit Heniskot, Bod Kharbu und Stagtse für einige Jahre unter ladakhischer Verwaltung blieb. Anders ist es nicht zu erklären, dass Murad Khan, der Statthalter von Skardu, zwischen 1650 und 1658 einen Feldzug unternahm, um Bod Kharbu von den Ungläubigen zu befreien. Hierzu lesen wir in der vermutlich gegen Ende des 17. Jahrhundert in Persisch verfassten Verschronik Shigar Nāma (Behrouz, S. 112-114) folgendes:

Als sich die dunkle und finstere Nacht entfernte, und die Welt durch die Sonne voller Licht wurde, setzte sich Murad Khan auf seinen ererbten Thron, versammelte seine Recken um sich und sagte: „Purik steht nun unter unserem Befehl, und unsere Vertrauten haben dort die Geschicke des Landes in der Hand. Aber der Feind hält immer noch das Land Kharbu besetzt. Dies müssen wir wohl in einem Gefecht an uns reissen. Es ist recht und billig, gegen dieses Volk Krieg zu führen, denn ein Friede mit ihm bringt unserer Religion Schaden. Sie alle, Hoch, Niedrig und König, sind Buddhisten oder tragen einen Gürtel [wie die Hindus]. Wir werden alle diese Ungläubigen zum Islam bekehren und aus ihnen ´Ali-Ergebene machen.“ …

Sie begaben sich zur Festung Kharbu, und das Gebiet wurde von der Kavallerie besetzt. Die Truppen fassten die Festung wie einen Edelstein ein und töteten die Gegner im Lande. Als der schlechtgeartete Ungläubige erfuhr, das Murad Khan mit Glück und Glorie nahte, rüstete er eine schlagkräftige Armee aus, vor der sich sogar ein Vogel nicht zu retten vermochte. Er kam mit Tausenden Reitern heraus und formierte die rechte und linke Flanke sowie das Gros des Heeres.
Der glückliche und hochgeborene Murad Khan erschien glorreich wie Kaiqubād mit einer ungestümen und kampferprobten Armee, zahlreicher als ein Schwarm Ameisen und Schlangen. … mit Hilfe des unbeschreiblichen und allmächtigen Gottes wurde die Armee der Ungläubigen überwältigt. Sie kehrten dem Schlachtfeld den Rücken und bemühten sich, so schnell wie möglich die Festung zu erreichen. Die Helden schnitten ihnen den Fluchtweg ab, und es kam zu einem Gefecht mit den Ungläubigen. Es war für den schlechtgearteten Ungläubigen ein harter Schlag, als neunhundert seiner Männer, Hoch und Niedrig, gefangengenommen wurden. Nur fünfzig konnten der Gefahr entgehen, der Rest seiner Armee fand den Tod. Mit Triumph und Siegesfreude betrat der edelgeborene Murad Khan die Festung und ordnete an, die neunhundert Männer des Götzendieners in Ketten zu legen
.“

Im Anschluss an diesen Sieg bot der ladakhische Feldherr an, die Schwester von Murad Khan und ihre Söhne Yakub und Babur, die aus Khaplu vertrieben worden waren und die sich im Ladakh im Exil aufhielten, gegen die 900 Gefangenen auszutauschen. Murad Khan stimmt dem Austausch zu und liess die 900 Gefangenen frei. Er kehrte anschließend mit seiner Schwester und seinen beiden Neffen nach Skardu zurück. Die Herrschaft über Bod Kharbu war aber für den ladakhischen König durch diese Ereignisse bis zum Jahre 1673 verloren.

Im Jahre 1673 kam es zu einer Eroberung von ganz Purig durch den ladakhischen General Śākya rgya-mtsho. Hintergund für diese Invasion war offenkundig der langjährige Bürgerkrieg in Baltistan zwischen Sher Khan, dem Herrscher von Kartaksho, und Imam Quli Khan, der im Shigar-Tal regierte. Dieser Krieg machte es den Herrschern in Baltistan unmöglich, ihre territorialen Interessen in Purig zu verteidigen. 1674 eroberte Śākya rgya-mtsho sogar Khaplu. Über den Beginn dieses Krieges gegen Purig lesen wir in der Chronik La-dvags rgyal-rabs (Francke (1), S. 41):

 de dus la / blon po śā kya rgya-mtsho dmag ´go byas / chu mo glang lo la / la dvags kyi[s] dmag rgyag nas / [m]khar bu nas pho mo mang po btson du khyongs / he nas ku dang / stag rtse yang phab / mnga´ ´og tu bcug /
„In jener Zeit fungierte der Minister Śākya rgya-mtsho als Heerführer. Im weiblichen Wasser-Rind-Jahr [1673] führte Ladakh Krieg und nahm aus mKhar-bu viele Männer und Frauen gefangen. Auch He-nas-ku [Heniskot] und Stag-rtse wurden besiegt und dem Machtbereich [von Ladakh] einverleibt.“

Die Reaktion des Moghul-Reiches erfolgte wenige Jahre später während der zweiten Amtszeit (1678-1884) von Ibrahim Khan, des Gouverneurs von Kaschmir. Nach dem Shigar Nāma schrieb Ibrahim Khan einen Brief an Imam Quli Khan und Muhammad Rafi Khan, indem er mitteilte, dass er in Purig eingetroffen sei, um die Muslime zu befreien und das Land Purig von den Ungläubigen zu befreien. Er habe Sher Khan aufgefordert, ihm zur Hilfe zu kommen. Sher Khan habe ihm mitgeteilt, er sei unterwegs zu ihm. Ibrahim Khan forderte Imam Quli Khan und Muhammad Rafi Khan auf, ihn mit Truppen ebenfalls zu unterstützen (Behrouz, S. 203). Wir wissen nicht, ob Imam Quli Khan und Muhammad Rafi Khan Krieger nach Purik schickten. Im Hinblick auf Sher Khan findet sich aber ein Bericht im Shigar Nāma, dass seine Krieger siegesfroh aus Purig zurückkamen, wo sie die Festungen Siyari und Sot erobert hatten (Behrouz, S. 155). Wörtlich lesen wir im Shigar Nāma:

„Mit Gottes Hilfe eroberten wir … Siyari und Sot zurück. Und wer uns feindlich gesinnt war, der wurde durch die göttliche Vorbestimmung geköpft. Nun bleibt kraft deiner Macht und Fähigkeit … kein Gegner mehr im Lande. Die Festung Pūrik ist uns völlig in die Hände gefallen, und dadurch ist dem Feind das Rückgrat gebrochen.“

Dass massgebliche Kämpfe in Sod stattgefunden haben, bestätigt auch die Chronik La-dvags rgyal-rabs, die (Francke (1), S. 41) von einer Moghul-Armee von 200.000 Mann berichtet, welche die in Sod gelegene Festung Pasar Khar angegriffen habe. Natürlich ist die genannte Zahl von 200.000 Soldaten völlig übertrieben und der nachfolgende Hinweis der Chronik, die Truppen von Ladakh hätten die Moghul-Armee besiegt, ist schlechthin als unglaubwürdig zu bewerten.

Bod Kharbu wird in diesem Zusammenhang nicht erwähnt. Dies gilt auch für die gesamte Periode zwischen 1684 und 1834, in der Purig sukzessiv in die völlige politische Abhängigkeit seines Nachbarn Ladakh geriet. Vermutlich hatten die Festungen von Bod Kharbu in dieser Zeit ihre strategische Bedeutung verloren. Mangels Instandhaltung verfielen die Gebäude immer mehr, was auch den ruinösen Zustand erklärt, in dem Moorcroft diese Burganlage um 1820 vorfand.

2.1.1 Die Unterburg von Bod Kharbu

Reist man von Westen aus in Richtung Bod Kharbu, so erblickt man auf steil hochragenden Felsen die Unterburg und die Oberburg von Bod Kharbu zusammen mit dem westlichen Teil des Dorfes.

Abbildung 8: Der westliche Teil des Dorfes Bod Kharbu (unten links), die Unterburg (Mitte rechts) und die Oberburg (oben rechts), vom Westen aus photographiert (1. Oktober 2013)

Abbildung 9: Die Unterburg (Bildmitte) und die Oberburg (Bildmitte oben) von Bod Kharbu, vom Westen aus photographiert (1. Oktober 2013)

Abbildung 10: Die Unterburg von Bod-Kharbu und Teil B der Oberburg (oben links) von Bod Kharbu, vom Westen aus photographiert (1. Oktober 2013)

Abbildung 11: Die Unterburg von Bod-Kharbu vom Westen aus photographiert (1. Oktober 2013)

Abbildung 12: Die Unterburg, mit dem Teleobjektiv von Mundig aus photographiert (22. August 2014)

Abbildung 13: Blick von der Oberburg auf die Unterburg. Der in der Bildmitte zu sehende Wachturm gehört zu Teil B der Oberburg (Wachturm B1). Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

Die zahlreichen erhaltenen Gebäudereste der Unterburg stehen auf einem vorgelagerten Plateau, welches man vom westlichen Teil des Dorfes relativ leicht erreichen kann. Die Ruinen sind von Talboden sowohl vom Dorf als auch von dem Seitental aus, welches unmittelbar vor dem Dorf nach Süden abzweigt, sichtbar. 

Abbildung 14: Blick vom westlichen Teil des Dorfes Bod Kharbu auf die Unterburg. Links oben Teil B der Oberburg (1. Oktober 2013)

Abbildung 15: Blick vom westlichen Seitental auf die Unterburg (1. Oktober 2013)

Beim Aufstieg zur Unterburg trifft man zunächst auf eine Anzahl von Baulichkeiten, wie z. B. auf einen Wachturm und auf mehrere Mauerreste, die dem Hauptteil der Unterburg vorgelagert sind und die offenbar der Verteidigung dienten (Abbildungen 16 und 17). Die Unterburg betritt man auf einem Pfad, der durch zwei steil aufragende Gebäude führt. Hier befand sich vermutlich das Hauptburgtor (Abbildung 18). Es war mir nicht möglich, ein auch nur grobes Aufmass der Unterburg zu erstellen.

Abbildung 16: Vorgelagerte Verteidigungsanlagen der Unterburg von Bod Kharbu (1. Oktober 2013)

Abbildung 17: Vorgelagerte Verteidigungsanlagen der Unterburg von Bod Kharbu (1. Oktober 2013)

Abbildung 18: Aufstieg zum Eingang des Hauptteils der Unterburg von Bod Kharbu (1. Oktober 2013)

Abbildung 19: Der Eingang zur Unterburg von Bod Kharbu (1. Oktober 2013)

Abbildung 20: Gebäudereste der Unterburg (rechts ist die Nordseite) von Bod Kharbu (1.Oktober 2013)

Abbildung 21: Gebäudereste der Unterburg (Nordseite) von Bod Kharbu (1.Oktober 2013)

Abbildung 22: Ruine eines Wachturms auf der südlichen Seite der Unterburg von Bod Kharbu (1. Oktober 2013)

2.1.2 Die Oberburg von Bod Kharbu

Am 22. August 2014 starteten Temba Schuh, Ajaz Hussain Munshi und Mohammed Fayaz in Begleitung eines lokalen Führers die ausserordentlich gefährliche und anstrengende Exploration der Oberburg von Bod Kharbu. Bei ihrem Aufstieg erreichten sie zuerst den hier als Teil C bezeichneten Teil und konnten die dort vorhandenen Gebäudereste photographieren.

Abbildung 23: Die Unter- und Oberburg von Bod Kharbu (22.August 2014)

Abbildung 24: Die Oberburg von Bod Kharbu und ihre Teile (22. August 2014)

2.1.2.1 Teil C der Oberburg von Bod Kharbu

Vom Dorf aus ist nur ein einziges Gebäude dieses hier mit C bezeichneten Teils der Oberburg erkennbar. Offenbar war dieser Teil C früher eine kleine, separate Festung, die den regulären Zugang zur Oberburg absicherte.

Abbildung 25: Vom Dorf aus sichtbares einzelnes Gebäude von Teil C der Oberburg von Bod Kharbu. Das Gebäude ist auf Abbildung 26 links sichtbar (30. September 2013)

Abbildung 26: Teil C der Oberburg von Bod Kharbu. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

Abbildung 27: Auf Abbildung 26 links sichtbares Gebäude von Teil C der Oberburg von Bad Kharbu. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

2.1.2.2 Teil B der Oberburg von Bod Kharbu

Teil B der Oberburg von Bod Kharbu wurde von Temba Schuh, Ajaz Hussain Munshi und Mohammed Fayaz nicht aufgesucht. Aber die vom Dorf aus mit dem Teleobjektiv im Jahre 2013 gemachten Photos und die Bilder, die von Temba Schuh von der Oberburg aus aufgenommen wurden, ergeben eine gute Übersicht über die Baulichkeiten dieses Teils B der Oberburg von Bod Kharbu. Markant für Teil B sind die beiden Wachtürme, von denen der rechte (B2) Turm auf einem nach Norden und Süden steil abfallenden Felsengrad errichtet wurde.

Abbildung 28: Teil B der Oberburg von Bod Kharbu. Oben rechts Teil von Teil A (1. Oktober 2013)

Abbildung

Abbildung 29: Teil B der Oberburg von Bod Kharbu (22. August 2014)

Abbildung 30: Teil B der Oberburg von Bod Kharbu mit Blick auf die Unterburg. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

Abbildung 31: Wachtum B1 und Teil A2 der Oberburg von Bod Kharbu (30. September 2013)

Abbildung 32: Wachturm B2 der Oberburg von Bod Kharbu (30. September 2013)

Die Funktion der Festungsanlage B wird ersichtlich, wenn man sich das Bergmassiv der Burg von Westen aus anschaut. Hier existierte im Westen südlich der Unterburg eine offene Flanke, die man durch eine von oben nicht sichtbare Abwehrmauer geschlossen hat (siehe auch Abbildung 23). Die Wachtürme und sonstigen Baulichkeiten im Bereich B dienten offenbar der Unterstützung dieser Verteidigungsmassnahme.

Abbildung 33: Verteidigungsanlagen des Festungsbereichs B nach Westen (30. September 2013)

2.1.2.3 Der obere Hauptteil A der Oberburg von Bod Kharbu

Teil A der Oberburg von Bod Kharbu bildete zweifellos den Hauptteil der ehemaligen oberen Festungsanlage, wobei sich die Hauptmasse der Gebäude in Teil A1 befand. Der Aufstieg erfolgte über einen Einschnitt des Berges zwischen A1 und A2. A3 wurde nicht inspiziert (siehe auch Abbildung 24). Hinter dem Bergkamm mit der Burganlage A fällt der Berg nach Süden fast senkrecht ab. Das Gleiche gilt für die sehr schmale Ost- und Südseite. Insofern war der Zugang zu diesem Teil der Oberburg nur von Norden aus zu bewerkstelligen.

Abbildung 34: Teil A1 (links), A2 (Bildmitte) und A3 (rechts) der Oberburg A von Bod Kharbu (22. August 2014)

Abbildung 35: Aufstieg zu Teil A der Oberburg. Rechts Teil A2, Bildmitte Teil A2 und links der westliche Teil von A1. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

Abbildung 36: Teil A2 der Oberburg, von Mundig aus mit dem Teleobjektiv photographiert (22. August 2014)

Abbildung 37: Teil A2 der Oberburg (Mitte rechts) von A1 aus photographiert. Das aus Stampflehm errichtete Gebäude gehört zu A1. Die beiden Gebäude sind durch einen hier nicht sichtbaren Bergeinschnitt getrennt. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

Abbildung 38: Teil A2 der Oberburg von Bod Kharbu von A1 aus photographiert. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

Abbildung 39: Östlicher Teil A1 der Oberburg von Bod Kharbu, während des Aufstiegs photographiert. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

Abbildung 40: Das östliche Ende von Teil A1 der Oberburg von Bod Kharbu. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

Abbildung 41: Das östliche Ende von Teil A1 der Oberburg von Bod Kharbu, vom Süden aus photographiert. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

Abbildung 42: Das östliche Ende von Teil A1 der Oberburg von Bod Kharbu. Photo: Temba Schuh (22. August 2014)

2.1.3 Festungsanlagen auf der Ostseite des Bergrückens mit den Burgen von Bod Kharbu

Östlich von Teil A1 der Oberburg zieht sich nach einem steilen Absturz ein schmaler Bergrücken nach Osten, der in einem kleinen Seitental des Sangeluma-Flusses endet. Dieser Berggrad konnte offenbar als Zugang zu der Oberburg dienen. Anders ist es nicht zu erklären, dass die diesem kleinen Seitental zugewandete Ostseite des Bergmassivs mit Verteidigungsanlagen bestückt wurde.

Abbildung 43: Berggrad im Osten der Oberburg von Bod Kharbu (22. August 2014)

Nähert man sich von Osten kommend Bod Kharbu, so erblickt man zunächst den neuen östlichen Ortsteil des Dorfes mit Kasernen und einem neuen buddhistischen Kloster. Hinter dem neuen Kloster biegt die Strasse scharf nach Süden ab und gibt den Blick auf die nach Osten gerichtete Stirnseite des Bergzuges mit den Festungsanlagen von Bod Kharbu frei. Diese Stirnseite ist ebenfalls mit Wachtürmen und Verteidigungsmauern ausgestattet.

Abbildung 44: Neuer östlicher Ortsteil von Bod Kharbu mit Kasernen und einem buddhistischen Kloster (30. September 2013)

Abbildung 45: Östliche Stirnseite des Bergrückens in Bod Kharbu mit Befestigungsanlagen (30. September 2013)

   

Abbildung 46: Wachturm 1 auf der östlichen Stirnseite des Bergrückens von Bod Kharbu (30. September 2013)

 

Abbildung 47: Wachturm 2 auf der östlichen Stirnseite des Bergrückens von Bod Kharbu (30. September 2013)

2.2 Die Burg von Heniskot

Die Burg von Heniskot (siehe die Karte in Abbildung 3, ~ Hiniskut) ist die erste der drei Burgen im Tal des Sangeluma-Flusses zwischen den Pässen Fotu La und Namika La, die man von Osten kommend auf der Handelsroute zwischen Ladakh und Kaschmir erreicht. Die Burg liegt auf der rechten Seite des Sangeluma-Flusses. Von der Burg aus regierte man über eine nördlich der Burganlage befindliche winzige Region, die um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert einem Angehörigen der ladakhischen Königsfamilie unterstellt wurde. Heniskot hatte wie Zangskar einen Sonderstatus unter den von Ladakh abhängigen Herrschaften. Die älteste vorliegende Erwähnung findet sich im La-dvags rgyal-rabs (Francke (1), S. 41). Hiernach wurde die Burg von Henasku (He-nas-ku) 1673 von dem ladakhischen General Śākya rgya-mtsho erobert. Die Erwähnung eines Burgvoigts in einer Urkunde des ladakhischen Königs Deden Namgyel aus dem Jahre 1680 belegt wohl, dass die Burg 1673 nicht zerstört wurde. Moorcroft, der Henasku 1820 bereiste, erwähnt zwar die Burg („old fort“) von Henasku, äussert sich aber nicht über deren Zustand. Heute ist diese Festung eine Ruine. In den Jahren 2013 und 2014 konnten die Reste dieser Festung aus Zeitgründen von mir nicht inspiziert werden.

Abbildung 48: Der alte, 2016 wegen eines Erdrutsches unpassierbare Zugang zu den nördlich der Burg von Heniskot gelegenen drei kleinen Dörfern des Tales von Heniskot sowie die links in der Mitte befindliche Unterburg und die oben rechts sichtbare Hauptburg (18.8.2016)

Abbildung 48a: Die Unterburg von Heniskot von Süden aus photographiert (18.8.2016)

Abbildung 48b: Die Hauptburg von Heniskot vom Süden aus photographiert (30. September 2013)

Abbildung 49: Ruine der Hauptburg von Heniskot (30. September 2013)

Abbildung 49a: Die Burg und das erste Dorf des Tales von Heniskot von Norden aus photographiert (18.8.2016)

Abbildung 49b: Die Ruine der Hauptburg von Heniskot von Norden aus photographiert (18.8.2016)

2.3. Die Burg von Stagtse (Stag-rtse)

Reist man von Bod Kharbu nach Westen, so erblickt man nach kurzer Strecke die auf der rechten Seite des Sangeluma-Flusses liegenden Ortschaften Mundig und Stagtse.

Abbildung 50: Die Dörfer Stagtse und Mundig von der Unterburg von Bod Kharbu aus photographiert (1. Oktober 2013)

Die Burg von Stagtse (sTag-rtse) (siehe die Karten in Abbildungen 2 und 3) ist dem gleichnamigen Dorf vorgelagert und wurde auf einem spitzen und steil aufragenden Felsen errichtet, der dem Dorf an dessen westlichen Ende vorgelagert ist. Die Burg wurde wie die Festungen von Henasku und Bod Kharbu 1673 von dem ladakhischen General Śākya rgya-mtsho erobert. Stagtse war eine kleine Herrschaft, die im 17. und 18. Jahrhundert von lokalen Herrschern, welcher den Titel Jo trugen, regiert wurde. Sie gehörten zu der Gruppe der fünf Jo, die im 18. Jahrhundert in Purig regierten (pu-rig gi jo khag lnga).  Diese herrschten über ihr Gebiet im 18. Jahrhundert und im 19. Jahrhundert bis 1834 in Abhängigkeit von den Königen von Purig und Ladakh. Einer dieser Jo von Stagtse namens Ka-rim Pa-ne war einer der Unterzeichner des Vaṃ-le-Vertrages von 1753, durch den zwischen den Königreichen von Ladkah und Purig Frieden geschlossen wurde.

Abbildung 51: Burg und Dorf Stagtse, von Süden aus photographiert (30. September 2013) 

Abbildung 52: Die Burg von Stagtse, vom Osten aus photographiert (22. August 2014)

Abbildung 53: Die Burg Stagtse, von Süden aus photographiert (1. Oktober 2013)

2.4. Die Burg von Wakha

Reist man auf der Handelsroute von Leh nach Kaschmir vom Sangeluma-Tal aus über den Pass Namika La weiter nach Westen, so erreicht man als erstes die Herrschaft Wakha (Va-kha; siehe auch die Karten von Abbildungen 2 und 3). Eine frühe Erwähnung von Wakha verdanken wir einer viel zitierten Inschrift aus dem Tempel von Wanla in Ladakh, deren Entdeckung wir A. H. Francke verdanken und von der Kurt Tropper eine vorbildliche Edition und Übersetzung vorgelegt hat. Nach dieser Inschrift, die vermutlich aus dem 16. Jahrhundert stammt, eroberte ein lokaler Herrscher von Wanla namens ´Bag-dar skyabs neben anderen Orten auch Va-kha. Ein lokaler Herrscher von Wakha namens Tshe-brtan erscheint unter den Unterzeichnern des schon erwähnten Vaṃ-le-Vertrages von 1753. Dem Namen nach war er Buddhist. Er gehörte zu der Gruppe der fünf Jo, die im 18. Jahrhundert in Purig regierten (pu-rig gi jo khag lnga). Eine kurze Beschreibung der Ruinen der Burg von Wakha verdanken wir Francke (S.101). Von den Ruinen der Burg, von denen Francke anmerkt, dass sie von ausserordentlicher Grösse sein („They are of considerable extent“), ist heute nicht mehr viel übriggeblieben.  

Abbildung 54: Reste der Burg von Wakha hoch über der heutigen Verbindungsstrasse zwischen Kaschmir und Leh (22. August 2014)

Abbildung 55: Gebäudereste der Burgruine von Wakha. Photo: Siegfried Rademacher (22. August 2014) 

Abbildung 56: Gebäudereste der Burgruine von Wakha. Photo: Siegfried Rademacher (22. August 2014) 

2.5 Die Königsburg in Mulbekh

Mulbekh liegt süd-westlich von Wakha und ist nur wenige Kilometer von diesem Ort entfernt. Zur Lage von Mulbekh siehe auch die Karten von Abbildungen 2 und 3. Die Bezeichnung für die Burg in Mulbekh (mul-mkhar) ist als dGa´-ldan lha-rtse in mehreren Urkunden belegt. Diese Festung diente als Königsresidenz von Trashi nam-rgyal (bKra-shis rnam-rgyal), der als König zwischen den 20er Jahren des 18. Jahrhunderts und seinem Tod zu Beginn der 60er Jahre des gleichen Jahrhunderts in Purig regierte. Auch danach wurde die Burg von der Witwe bsTan-´jin bu-khri dbang-mo weiterhin bewohnt, wie eine Urkunde dieser Königin aus dem Jahre 1764 zeigt (Schuh, S. 209-217). Heute wohnt die letzte Nachfahrin dieser Familie, bDe-skyid dbang-mo, unterhalb des Burgberges im sogenannten Haus des Kalön (bka´-blon). Die Burg wurde vermutlich um 1835 von den Dogra zerstört. An ihrer Stelle wurden zwei Klöster errichtet. Reste der alten Festung sind aber auch heute noch vorhanden.

Abbildung 57: Der westliche Teil von Mulbekh mit dem ehemaligen Burgberg (30. September 2013)

Abbildung 58: Die beiden neuen Klöster auf dem Burgberg von Mulbekh und Reste der alten Königsburg (7. Oktober 2013)

Abbildung 59: Der ehemalige Burgberg von Mulbekh vom Osten aus photographiert (27. August 2014)

Abbildung 59a: Der ehemalige Burgberg von Mulbekh von Norden aus photographiert (22.8.2016)

Abbildung 59b: Auf der Westseite des Burgbergs befindliche Überreste der Burg von Mulbekh (22.8.2016)

Abbildung 59c: Auf der Südseite des Burgbergs zu findende Überreste der Burg von Mulbekh (22.8.2016)

2.6. Die drei Burgen von Pashkyum

Von Mulbekh aus erreichte man früher das westlich gelegene Pashkyum in ein bis zwei Tagesmärschen (siehe auch die Karten in Abbildungen 2 und 60).

Abbildung 60: Die Lage von Pashkyum auf der Handelsstrasse zwischen Kashmir und Ladakh westlich von Mulbekh

Während von den ersten Ladakh-Reisenden weder Desideri (1715), noch Izzet Ullah (1812) oder Mooorcroft (1820), die alle Pashkyum bereist haben, die hoch über dem Tal thronende Burg von Pashkyum erwähnen, findet sich ein direkter Hinweis auf die Festung erst in dem 1875 veröffentlichten Buch „The Jummoo and Kashmir Territories“ von Frederic Drew. Drew schreibt (S. 230): „Nearly a thousand feet above the village, on the edge of a cliff, are some remains of a fort that used to be held by a Rajah tributary of Ladākh.” Der 1890 veröffentlichte Gazetteer of Kashmir and Ladák erwähnt die Burg (S. 658), ordnet sie aber fälschlich der Herrschaft Sod zu. Isabella Bird Bishop (1894) erwähnt die Festung von Pashkyum (~ Paskim, S. 38) als Gebäude, „das einen Felsen krönt, welcher das grosse Dorf dominiert.“ Giotto Dainelli hat während seines Aufenthalts in Pashkyum im Jahre 1914 die Reste der Festung inspiziert (De Filippi (2 und 3), S. 245).

 In der Chronik La-dvags rgyal-rabs wird das Herrscherhaus von Pashkyum als „Burg von Pashkyum (Pas-kyum mkhar)“ im Zusammenhang mit Eheschliessungen zwischen Angehörigen des ladakhischen Königshaus und Familienangehörigen der Jo von Pashkyum genannt.

Die früheste mir bekannte Erwähnung der Burg findet sich in einer schon oben aufgeführten Herrscherurkunde, die von dem ladakhischen König Nyima Namgyel und seinem Sohn Dekyong Namgyel (bDe-skyong rnam-rgyal) im April des Jahres 1718 ausgefertigt wurde (Schuh, S. 87-98). In dieser Urkunden lesen wir:

Als im Holz-Schaf-Jahr (1715/16) der Hor-jo rebellierte und den Nacken ausstreckte, ergab es sich, dass wir, Vater und Sohn, und eine große Armee aufbrechen mussten. Zu dieser Zeit hat er [bSod-nams lhun-grub] durch Belagerung der Festung von Pas-skyum mit List, Verstand und Täuschung (bei den eigenen Truppen) Mut erzeugt und Fähigkeiten übertragen, so dass es (den Gegner) so traf, dass ihm keine Möglichkeit gegeben wurde, (uns) aufzuhalten“.

Die Burg von Pashkyum wurde nach 1834 von den Dogra zerstört. Heute ist die am linken Ufer des Wakha-Flusses liegende Burgruine von Westen aus gut sichtbar. Am 21. August 2014 unternahmen Temba Schuh und Ajaz Hussain Munshi eine Inspektion der verbliebenen Gebäudereste der Festung. Der Aufstieg erfolgte von Osten aus. Ein systematischer Überblick über die verbliebenen Gebäudeteile konnte damit aber natürlich nicht erreicht werden. Allerdings liess sich feststellen, dass auf dem ausgedehnten Areal des Burgberges sich wenigstens drei Festungsanlagen vorfanden, die vermutlich aus unterschiedlichen Zeiten stammten. Die von den Herrschern von Pashkyum bis 1834 benutzte Festung bezeichne ich im Folgenden als Hauptburg.

2016 unternahm ich den Versuch, mir den Ostteil der Festungsgebäude auf dem Burgberg von Pashkyum persönlich zu anzusehen. Der Grund war die eigentümliche Gestaltung des in meinem 2015 erschienen Buch "Burgen und Altertümer von Purig" anhand der Photos aus dem Jahr 2014 beschriebenen Westteils des als Festung 4 bezeichneten Gebäudes. Im übrigen hatte sich die Frage ergeben, ob nicht die anhand der Photos als Burg 1 und Burg 2 beschriebenen Gebäudekomplexe identisch waren. Letzteres ist tatsächlich der Fall. Die damit gegeben Fehler werden im Folgenden richtiggestellt.

Der sich von Ost- nach West erstreckende Burgberg von Pashkyum fällt auf der West-, Nord- und Südseite steil ab. Allerdings ist er von der Südseite sehr leicht zugänglich. Von der Südseite aus sind die drei Hauptgebäudekomplexe gut erkennbar. Diese sind die Hauptburg (1) mit der westlich davon gelagerten Vorburg (1 A), die Festung 2 am nordöstlichen Ende des Burgberges und die Festung 3 südlich der Festung 2 (siehe Abbildung 61).

Abbildung 61: Die westliche Vorburg (1 A) und die drei Hauptfestungsanlagen (1, 2 und 3) auf dem Burgberg von Pashkyum (23.8.2016)

Abbildung 62: Die am westlichen Ende des Burgberges gelegene Vorburg  von Pashkyum vom Westen aus photographiert (30. September 2013)

Abbildung 63: Die Vorburg von Pashkyum vom Westen aus photographiert (30. September 2013)

Abbildung 64: Die Vorburg von Pashkyum vom Westen aus photographiert (30. September 2013)

Abbildung 65: Der vom Talboden von Westen aus sichtbare Gebäudeteil der Vorburg. Photo: Temba Schuh (21. August2014)

Abbildung 66: Die Hauptburg von Pashkyum von Osten aus photographiert. Rechts im Bild sieht man den Westteil der Oase von Pashkyum.  Photo: Temba Schuh (21. August 2014)

Abbildung 67: Die Hauptburg von Pashkyum von Osten aus photographiert. Photo: Temba Schuh (21. August 2014)

Abbildung 68: Ruinen der Hauptburg von Pashkyum. Photo: Temba Schuh (21. August 2014)

Abbildung 69: Nebengebäude zur Hauptburg von Pashkyum. Photo: Temba Schuh (21. August 2014)

Abbildung 70: Die Hauptburg auf dem Burgberg von Pashkyum von Süd-Westen aus photographiert. Photo: Temba Schuh (21. August 2014)

Abbildung 71:  Die Hauptburg auf dem Burgberg von Pashkyum von Süd-Westen aus photographiert.Photo: Temba Schuh (21. August 2014)

 Abbildung 72: Festung 2 (oben rechts) und Festung 3 (Bildmitte) auf der Ostseite des Burgbergs von Pashkyum vom Süden aus photographiert. Photo: Temba Schuh (21. August 2014) 

Abbildung 73: Festung 2 (oben rechts) und Festung 3 (links) auf der Ostseite des Burgbergs von Pashkyum. Photo: Temba Schuh (21. August 2014) 

Abbildung 74:Die Süd- und Ostseite der Festung 3 auf der Ostseite des Burgbergs von Pashkyum. Photo: Temba Schuh (21. August 2014) 

Abbildung 74a: Festung 3 vom Norden aus photographiert (23.8.2016)

Abbildung 74 b: Die Westseite der Festung 3 (23.8.2016)

Abbildung 74 c: Die Westseite der Festung 3 (23.8.2016)

2.7 Die Burg Shubar Khar in der Herrschaft Sod

Die Festung Shubar Khar liegt östlich von Kargil oberhalb der Handelsstrasse, die Kaschmir mit Leh verbindet (siehe auch die Karten von Abbildung 2 und 75). Zweifellos bildete sie auch das Eingangstor zur Herrschaft Sod. Meines Wissens ist sie ausser in Schuh/Ajaz Munshi (S. 200-203) nirgends erwähnt. Die Burg liegt am Rand des Dorfes Mangbore, von dem aus man die Burg sehr leicht erreichen kann. Historische Quellen zu dieser Festung sind nicht bekannt.

Abbildung 75: Lage der Burg Shubar Khar bei Mangbore in der Herrschaft Sod östlich von Kargil (links auf der Karte)

Abbildung 76: Die Burg Shubar Khar, das Dorf Mangbore und Kargil (19.August 2014)

Abbildung 77: Der obere und untere Teil der Burg Shubar Khar (5. Oktober 2013)

Abbildung 78: Der obere Teil der Burg Shubar Khar (5. Oktober 2013)

Abbildung 79: Der untere Teil der Burg Shubar Khar. Photo: Siegfried Rademacher (21. August 2014)

Abbildung 80: Aussenmauern des unteren Teils der Burg Shubar Khar (21. August 2014)

2.8. Die Dogra-Festung in Kargil

Nach der Eroberung von Purig, Ladakh und Baltistan errichteten die Dogra nach 1834 Festungsanlagen in oberen Suru-Tal, in Kargil, Drass, Leh, Skardu und Shigar. Über die Existenz der Festungsanlage ("Fort") in Kargil liegen Berichte verschiedener Reisender vor. Die Festung in Kargil wurde offenbar nach 1948 abgerissen. Auch an den anderen genannten Orten wurden die sogenannten "Dogra-Forts" beseitigt. Von der Anlage in Kargil ist bis heute keine Abbildung aufgetaucht. 

2.9. Die Burg von Kharbu in Drass

Siehe auch den Artikel Drass 1.3.2 Kharbu, das nordöstliche, bewachte Eingangstor von Drass.

Reiste man früher von Kargil entlang der alten Handelsstrasse zwischen Kaschmir und Leh nach Drass-Stadt, so erreichte man südlich des Zusammenflusses des Drass-Flusses und des Shingo-Flusses nach etwa einer Tagesreise als ersten Ort Kharbu (~ Kharboo). Kharbu liegt auf der rechten Seite des Drass-Flusses. Heute ist der Ort etwa eine Autostunde von Kargil entfernt. 

Abbildung 81: Karte mit den Burgen von Drass

Kharbu war einstmals eine beliebte Zwischenstation für Reisende, die aus Leh oder Kharmang kamen und nach Kaschmir reisten, da sich dort tief im Tal in der Nähe des Drass-Flusses ein von den Dogra erbauter Bungalow befand, der Beamten der Regierung von Jammu und Kaschmir sowie ausländischen Reisenden als Unterkunft zur Verfügung stand. Soweit ich feststellen kann, war Francke (S. 105) der einzige Reisende, der anmerkte, dass sich oberhalb des Talgrundes die Ruine einer Festung befand. Zudem repräsentieren auch die heute im Tal befindlichen Gebäude nicht das eigentliche alte Dorf Kharbu. Dieses liegt hoch über dem Fluss und wurde von den Durchreisenden – mit der Ausnahme von Thomas Thomson (S. 238) - in der Regel nicht wahrgenommen. Heute führt eine unbefestigte, mit dem Auto befahrbare Strasse zu den beiden durch eine Schlucht getrennten Teilen (Hamlets) des oberen Dorfes Kharbu. Der Burgberg ist von Nord-Osten aus schon vor dem Erreichen des Ortsteils am Talboden gut sichtbar. Über den Erbauer ist nichts bekannt. In den mir vorliegenden Quellen wird die Burg nicht erwähnt.  

Abbildung 82: Der Felsen mit der Festung von Kharbu und der untere Ortsteil des heutigen Kharbu (25. August 2014)

Abbildung 83: Überreste der Festung von Kharbu, vom Talboden aus photographiert (25. August 2014)

Abbildung 84: Ruine der Festung von Kharbu, vom Oberborf aus photographiert. Photo: Siegfried Rademacher (25.8.2014)

2.10 Die beiden verschwundenen Burgen im Tal von Drass-Stadt

Das Tal von Drass-Stadt (siehe die Karte von Abbildung 81) war im allgemeinen ein Rast- und Übernachtungsort für alle Reisende, die früher auf der alten Handelsroute entweder nach Kaschmir oder nach Leh unterwegs waren. Ausserdem war es Endpunkt zweier wichtiger Routen, die entweder nach Süden über den Pass Umba La ins Suru-Tal oder nach Norden durch das Mushko (~ Muski)-Tal und über den Pass Marpo La insbesondere in die Deosai-Hochebene und nach Skardu und Astor führten. Zweifellos war dieses Tal zu der Zeit, in der Drass von Mulbekh oder Leh aus regierte wurde, der Sitz eines Burgvoigts (mkhar-dpon). Allerdings ist über die Burg, in der diese Burgvoigte residierten, nichts bekannt. Ich nehme an, dass sich diese Festung westlich des Pferde-Polo Platzes von Drass-Stadt befand. Hier findet sich nördlich oberhalb der Stadt eine schwer zugängliche, nicht bepflanzte Erhebung, die vermutlich vor der Eroberung von Drass und Purig durch die Dogra im Jahre 1834 Standort dieser Festung war. Als Moorcroft um 1820 Drass bereiste, existierte diese Festung offenbar schon nicht mehr. 

Die strategisch wichtige Lage als Kreuzungspunkt mehrerer Verkehrswege war offenbar auch der Grund dafür, dass die Dogra hier ein Fort errichteten. Von dieser Festung sind heute keine Rest mehr zu finden. Alllerdings verdanken wir De Filippi ((2), S. 31) ein recht gutes Photo von dieser Festung, die zum Zeitpunkt der Aufnahme, dem Jahr 1913, nicht mehr benutzt wurde und damals schon in einem ruinösen Zustand war.

Abbildung 85: Die heute restlos zerstörte Dogra-Festung von Drass nach De Fillippi (2), S. 31

2.11. Die Burg von Pandras

Pandras liegt in westlicher Richtung von Drass-Stadt und war früher etwas weniger als eine Tagesreise von diesem Ort entfernt. Seltsamer Weise ist es bisher niemandem aufgefallen, das sich in Pandras (siehe die Karte von Abbildung 81) ein Gebäudekomplex befindet, der zu mindestens als befestigte Wohnburg benutzt wurde. Gut erhalten ist noch ein westlicher Wachturm. Ansonsten ist das Gebäude heute eine Ruine, an deren Rand ein neues Gebäude errichtet wurde.

Abbildung 86: Die Burgruine von Pandras (25. August 2014)

Abbildung 87: Burgruine von Pandras, von Nord-Westen aus photographiert (25. August 2014)

3 Die Festungen von Suru, dKar-tse und Blon-che

Entlang des Suru-Tales verlief die Haupthandelsverbindung zwischen Purig und Zangskar. Heute ist das Gebiet des Suru-Tales in drei administrative Einheiten - sogenannte „Blocks“ - unterteilt, nämlich Taisuru, Sankoo und Gond Mangalpur Trespone. Diese Einteilung spiegelt die Teilung dieses Gebietes in die ehemaligen Herrschaften Su-ru, dKar-rtse und Blon-che wieder, deren Existenz für das 18. und frühe 19. Jahrhundert belegt ist. Alle drei Herrschaften wurden von Burgen aus regiert, deren Reste auch heute noch in Namsuru, Karpokhar, Kartsekhar (Karchay Khar) und Trespone zu finden sind.

Abbildung 88: Die Herrschaften Suru, Kartse und Blon-che mit den Burgen in Namsuru, Karpokhar, Kartsekhar (Karchay Khar) und Trespone 

3.1 Die Burgen der ehemaligen Herrschaft Suru

3.1.1 Die Dogra-Festung im oberen Suru-Tal

Nach dem von Cunningham (S. 333f) umgeschriebenen bzw. neu gestalteten Bericht von Basti Ram, einem Offizier der Dogra-Armee, die unter Führung von Zorawar Singh 1834 in Purig einfiel, errichtete Zorawar Singh nach seiner Ankunft im oberen Suru-Tal zunächst eine Dogra-Festung („a small fort“). Diese Festung ist in dem 1890 veröffentlichten Gazetteer of Kashmir and Ladakh (p. 804) wie folgt erwähnt: “Súrú or Sooroo… A village and fort on the left bank of the Súrú river… lies 18 miles above Sankho and north-east of Bhotkol pass… The fort was built by Zoráwar Sing in 1834.” In der von John Walter für die East India Company nach den Angaben von Godfrey Thomas Vigne erstellten Kaschmir Karte (siehe Abbildung 89) findet sich die Eintragung „Killah Suru Kursi [= Kartse] belonging to Gulab Sing.“ Diese Dogra-Festung wurde offenbar wie die entsprechenden Anlagen in Drass, Kargil und Baltistan dem Erdboden gleichgemacht.

   

Abbildung 89: Das SuruTal nach der Kaschmir-Karte, die von John Walter nach Angaben von Vigne für die East India Company anfertigt wurde

 

Abbildung 90: Der nördliche Teil von Suru mit den Burgen von Namsuru und Karpokhar

3.1.2 Der vermutete Standort einer Festung in Maita (Kargee)

Eine weitere bisher unbekannte Burg befand sich vermutlich auf einem heute nur teilweise bebauten Hügel in dem Ortsteil Maita des Dorfes Kargee, welches auf der linken Seite des Suru-Flusses nördlich von Taisuru gelegen ist (siehe Kargee auf Abbildung 90 und die Abbildungen 91 und 92). Von Kargee aus führte eine Route zum Pass Umba La und weiter nach Drass. Insoweit könnte die Burg in Maita auch dem Schutz des oberen Suru-Tals vor Einfällen aus Drass gedient haben. Dass hier einstmals das Dogra-Fort von Zorawar Singh stand, erscheint mir als wenig wahrscheinlich.  

Abbildung 91: Vermuteter Standort einer Festung in Maita (Kargee) vom Norden aus photographiert (24. August 2014)

Abbildung 92: Vermuteter Standort einer Festung in Maita (Kargee) vom Süden aus photographiert (24. August 2014)

3.1.3 Die Burg Birukhar in Namsuru

Namsuru liegt auf der rechten Seite des Suru-Flusses nordöstlich von Taisuru, dem heutigen Hauptverwaltungssitz des oberen Suru-Tales (siehe die Karte von Abbildung 90). Von Kargee aus erreicht man Namsuru über eine mit dem Auto befahrbare neue Brücke. Der Ort besteht aus den Weilern (Hamlets, Habitations) Bagh Khore, Birukhar, Goma, Musttay, Ranthak,Yukma und Zing Khore.

Abbildung 92a: Die Lage von Namsuru, Maita und Kargee

 Die früheste Erwähnung dieses Ortes geht auf das 16. Jahrhundert zurück. Allerdings taucht der Name auch in Herrscherurkunden aus dem 18. Jahrhundert auf. In der schon erwähnten Inschrift des Klosters Wanla in Ladakh (siehe oben 2.4. Die Burg von Wakha) findet sich die Feststellung, dass der Herrscher ´Bhag-dar skyabs die Orte „Wa-kha, mKhar-po che und Kan-ji, Nam Su-ru, En-sa sowie A-lci und Mang-rgyu” (Tropper, p. 129) erobert hat.  Kurt Tropper identifizierte zu Recht Nam Su-ru mit dem Dorf Namsuru des oberen Suru-Tales. Tropper besuchte Namsuru im Jahre 2003. Er berichtet, dass ortsansässige Personen ihm erzählten, es habe eine Burg in dem Ortsteil Birukhar von Namsuru gegeben, stellt aber fest, dass von der Burg defacto nichts übrig geblieben ist.

Birukhar (~ Burikhar) ist ein Weiler (Hamlet, Habitation) von Namsuru und liegt am oberen, östlichen Ende des Dorfes. Wie Dorfbewohner erklärten, ist Birukhar eigentlich der Name der Burg von Namsuru. Dies ist auch schon aus der Bezeichnung dieses Ortsteils ersichtlich, in der der Begriff mkhar "Festung" vorkommt.

Einen schönen, märchenhaften Bericht über diese Burg finden wir in der leider unveröffentlicht gebliebenen Dissertation „Local Politics in the Suru Valley of Northern India“ von Nicola Grist (S. 54):

For example, at the top of the village of Namsuru, on the opposite bank of the river from Taisuru, are the ruins of a fort or castle. I visited the family of one of the children in the school, and we tried to find out more about the ruins. My companion, who is in his thirties and from Namsuru, only knew that it was said to be from "Buddhist times," An old man said that it had been the residence of the "Black Lama," (Tibetan: bla-ma) being a term for a Buddhist priest. He also told us a story about the founding of the village, by a man called Nag-lde, who is mentioned in Hashmatullah Khan's history of the area (Khan 1939:685). Nag-po means 'black' in the Suru language, so that is presumably the origin of the notion of the Black Lama. Generally, in Suru, only older people remember fragments of local histories and origin stories.”

Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass solche als “local history” bezeichneten Sagen und Märchen historisch weitgehend wertlos sind. Immerhin zeigt dieser Bericht von Grist, dass die Existenz einer ehemaligen Burg in Birukhar im Bewusstsein der älteren Leute von Namsuru fest verankert war.

Am 28. August 2014 inspizierten Temba Schuh und Mohammed Fayaz die Reste der Burg Birukhar. Nach ihrem Bericht und den von Ihnen gemachten Photos waren die vorhandenen Trümmer sehr wohl als Reste einer ehemaligen Burganlage erkennbar. Das wenige Mauerreste übrig geblieben sind, lag möglicherweise an der Bauweise dieser Burg. Vergleichbares findet man auch in Baltistan, wie z. B. bei der Burg von Haldi, deren Mauern aus Natursteinen errichtet waren, die durch Holzbalken verbunden bzw. verstärkt waren. Entfernte man das Holz, welches bei der Bevölkerung des zugehörigen Dorfes sehr begehrt war, blieben regelmässig nur Steinhaufen übrig. Immerhin fand sich, wie übrigens auch in Haldi, ein überdimensionaler Mörser, den man bei der Demontage der verwendbaren Teile der Burg nicht wegtransportieren konnte.

Abbildung 93: Oberer Teil von Namsuru mit der Burg Burikhar (Pfeil) von der linken Seite des Suru-Flusses aus photographiert (4. Oktober 2013)

Abbildung 94: Lage der Burg Burikhar oberhalb von Namsuru von der linken Seite des Suru-Flusses aus mit einem Teleobjektiv photographiert  (4. Oktober 2013)

Abbildung 95: Lage der Burg Burikhar oberhalb von Namsuru von dem hinter der Burg liegenden Berg aus photographiert. Photo: Temba Schuh (28. August 2014)

Abbildung 96: Ruine eines Gebäudes im Areal der Burg von Namsuru. Photo: Temba Schuh (28. August 2014)

Abbildung 97: Auf den Trümmern der Burg von Namsuru. Photo: Temba Schuh (28. August 2014)

Abbildung 98: Mörser am Rand der Burg von Namsuru.  Photo: Temba Schuh (28. August 2014)

3.1.4 Die Burg Karpokhar an der nördlichen Grenze der Herrschaft Suru

Reist man von Taisuru und Namsuru nach Norden, so erreicht man eine Engestelle des Suru-Flusses, die in alter Zeit eine natürliche Grenze zwischen den Herrschaften Suru und Kartse markierte. Hier findet man auf der linken Seite des Suru-Flusses einen steil aufragenden Felsen, auf dem sich heute das Dorf Karpokhar befindet (siehe die Karte von Abbildung 90). Dieses Dorf wurde an der Stelle gebaut, an der früher die Burg dKar-po mkhar stand. Es gehört auch heute noch zum „Block“ Taisuru.

S. S. Gergan und F. M. Hassnain schreiben in ihrer kritischen Einleitung (S. 37) zum Nachdruck von A. H. Franckes „History of Ladakh“, dass die erste militärische Auseinandersetzung bei dem Einfall von Zorawar Singh in Purig im Jahre 1834 in Karpo Khar stattfand. Diese Aussage beruht auf Angaben von Joseb Gergan in seiner Ladags Rgyalrabs Chimed Ster. Joseb Gergan (S. 515) erwähnt, dass der erste Widerstand gegen die Invasion der Dogra durch den Sa-bu-pa bKra-shis dbang-phyug und seine Soldaten in dKar-po mkhar geleistet wurde. Dabei kamen bKra-shis dbang-phyug und sein Sohn ums Leben. Meines Wissens ist dies die erste Erwähnung der Burg Karpokhar in der wissenschaftlichen Literatur. Die Burg Karpokhar wird allerdings schon in einer viel älteren Quelle erwähnt. Im Schlussprotokoll einer Herrscherurkunde, die im Feuer-Schlange-Jahr 1737 ausgefertigt wurde und deren Urheber der König Nyima Namgyel (Nyi-ma rnam-rgyal), die Königin Thri-leg Gyel-mo (Khri-legs rgyal-mo) und der Prinz Trashi Namgyel (bKra-shis rnam-rgyal) waren, finden wir den Hinweis, dass diese Urkunden im grossen Palast (pho-brang chen-mo) dKar-po mkhar ausgefertigt wurde.

Abbildung 99: Eine in der Burg Karpokhar im Jahre 1737 ausgefertigte Herrscherukunde

Die Burg Karpokhar wurde offenbar 1834 von den Dogra zerstört, und der zugehörige Bergrücken wurde danach von Bewohnern des Umlandes besiedelt, die mit den Resten der Burg ihre Wohnhäuser errichteten.

Abbildung 100: Ehemaliger Standort der Burg Karpokhar in der Herrschaft Suru, vom Süden aus photographiert (28. September 2013)

Abbildung 101: Ehemaliger Standort der Burg Karpokhar in der Herrschaft Suru, vom Norden aus photographiert (4. Oktober 2013)

Abbildung 102: Häuser im heutigen Dorf Karpokhar (4. Oktober 2013)

3.2 Die Burg Kartsekhar in der Herrschaft dKar-rtse

Die Herrschaft dKar-rtse erstreckte sich von Karpokhar im Süden bis zum Pass Umba La im Westen, bis Farona im Norden und bis zum Ende des Tales des Phulangma-Flusses im Osten (siehe die Karten der Abbildungen 88 und 90). Diese Herrschaft umfasste somit das Gebiet, welches in etwa dem „Block“ Sankoo (~ Sanku ~ Sankho ~ Sanko) der heutigen Gebietseinteilung des Kargil-Distrikts entsprach. Das Zentrum dieser Herrschaft lag im Phulangma-Tal in dem kleinen Dorf Kartsekhar (~ Karchay Khar), in dem die Herrscher von dKar-rtse eine Burg auf einem steil aufragenden Felsen errichtet hatten. Das Dorf liegt wenige Kilometer von der Mündung des Phulangma in den Suru-Fluss entfernt. Die Bedeutung dieses Machtzentrum wird auch an der riesigen Maitreya Statue sichtbar, die wenige hundert Meter von der Burg entfernt in den Felsen gemeisselt wurde. Die Burg war 1834, dem Jahr der Invasion von Purig durch die Dogra, noch intakt und wurde von einem Burgvoigt (mkhar-dpon) als Verwaltungssitz benutzt. Ihre Zerstörung ist offenkundig den Dogra zuzuschreiben. Heute ist von der gesamten Burganlage nur die Ruine eines kleinen Gebäudes übrig geblieben, welches nach Auskunft von Dorfbewohnern ehemals als Moschee des Herrschers von dKar-rtse gedient haben soll. Hierzu ist aber anzumerken, dass die Burgvoigte von Kartsekhar seit 1720 als Abgesandte der Königshöfe von Mulbekh und Leh wohl ausschliesslich Buddhisten waren. Dies spricht wenig für die Existenz einer Moschee im Innenbereich der Burg.

Die Herrschaft dKar-rtse, deren Herrscher zeitweise den Titel Khri Sultan trugen, ist nach den Chroniken von Zangskar schon für das 16. Jahrhundert belegt. Die Burg selbst taucht mit der Erwähnung ihrer Burgvoigte in mehreren Urkunden des 18. Jahrhunderts auf.

   
Abbildung 103: Die über neun Meter hohe Maitreya-Statue von Kartsekhar (27. September 2013) Abbildung 104: Die Burg Kartsekhar von Westen aus photographiert (27. September 2013)

Abbildung 105: Die Burg Kartsekhar von Westen aus photographiert (27. September 2013)

Abbildung 105: Die Burg Kartsekhar von Norden aus photographiert (27. September 2013)

Abbildung 106: Die Überreste der Burg Kartsekhar (27. September 2013)

Abbildung 107: Das Dorf und die Burg Kartsekhar von Osten aus photographiert (28. August 2014)

3.3 Die Burg von Trespone (Khri-dpon) in der Herrschaft Blon-che

Die nördlich von dKar-rtse gelegene Herrschaft Blon-che (siehe die Karten der Abbildungen 88 und 108) wurde erstmals überhaupt in dem von Schuh/Ajaz Munshi 2014 veröffentlichten Buch „Travel into the History of Purig“ erwähnt (S. 281ff). Blon-che umfasste das Gebiet der heutigen Panchayats Gond Mangalpur, Kanoor, Saliskote, Tambis und Trespone. Vermutlich gehörte auch Sapi vor 1835 zu Blon-che. Die Burg von Blon-che befindet sich in Trespone (Khri-dpon) und wurde auf dem östlichen Abhang eines Berges errichtet, der südlich der grossen Matam Serai von Saliskot gelegen ist. Die schwer zu erreichende Bergspitze war nicht in den Festungsbereich einbezogen. Die sehr schwierige Exploration dieser Burg wurde von Temba Schuh und Ajaz Hussain Munshi am 20. August in Begleitung von zwei örtlichen Führern unternommen. Die beiden fanden immerhin einige Mauerreste vor, die den Standort der ehemaligen Festung belegen. 

   
Abbildung 108: Das Kerngebiet der ehemaligen Herrschaft Blon-che mit dem Standort der Burg in Trespone 

Abbildung 109: Standort der Burg von Blon-che in Trespone (20. August 2014)

Abbildung 110: Standort der Burg von Blon-che in Trespone. Photo: Siegfried Rademacher (20. August 2014)

Abbildung 111: Mauerreste der Burg von Blon-che. Photo: Temba Schuh (20. August 2014)

Abbildung 112: Mauerreste der Burg von Blon-che. Photo: Temba Schuh (20. August 2014)

Abbildung 113: Mauerreste der Burg von Blon-che. Photo: Temba Schuh (20. August 2014)

Abbildung 114: Mauerreste der Burg von Blon-che. Photo: Temba Schuh (20. August 2014)

4 Die Burgen Feekhar, Pikhar, Pasar Khar und Khandor Khar in der Herrschaft Sod

Die Herrschaft Sod (siehe die Karte von Abbildung 2) erstreckte sich von dem westlich von Kargil gelegenen Mangbore mit seiner Burg Shubar Khar (siehe oben 2.7) über den Pass Hamboting La bis zum Indus im Nordosten. Das Machtzentrum dieser Herrschaft lag - von der Burg Shubar Khar aus gesehen - im Nord-Osten im heutigen Panchayat Yourbaltak. Hier finden wir die Reste von vier Burgen.

Abbildung 115: Die Burgen von Yourbaltak in der Herrschaft Sod von Purig

Unterhalb von Yourbaltak liegt in geringer Entfernung Apati mit seiner kolossalen Maitreya-Statue. In dem zu Yourbaltak gehörenden Feekhar erinnert eine von vier Felsinschriften an die Errichtung der Burg Khandor Khar durch den Herrscher Mahamad Suldan im Pferd-Jahr 1690.

   

Abbildung 116: Die überdimensionale Maitreya-Statue von Apati unweit von Yourbaltak (29. September 2013)

 

Abbildung 117: Inschriften von Feekhar (5. Oktober 2013)

4.1 Die Burg von Feekhar

Feekhar (~ Fikar ~ Fiker  ~ Phikhar ~ Bi-mkhar) ist heute ein kleines Dorf unterhalb von Yourbaltak. Der Name des Dorfes erinnert daran, dass sich hier einstmals eine burgartige Residenz (mkhar) der Herrscher von Sod befand. Es ist denkbar, dass hier einstmals eine Wohnburg erbaut war. Die Nachfahren der ehemaligen Herrscher von Sod besitzen auch heute noch ein sehr grosses Haus mit einer kleinen Moschee am östlichen Ortseingang von Feekhar. Der Platz, an dem sich vermutlich einstmals die Burg befand, ist heute mit einer als Khanqa bezeichneten Gebetshalle bebaut.  

Abbildung 118: Das Dorf Yourbaltak (rechts) und die Ortschaft der ehemaligen Burg Feekhar (linlks). Photo: Siegfried Rademacher (19. August 2014)

Abbildung 119: Feekhar von Westen aus photographiert (5. Oktober 2013)

Abbildung 120: Feekhar von Yourbaltak aus photographiert. In der Mitte sieht man die Khanqa-Gebetshalle. Unten links befindet sich das mit Wellblech gedeckte, grosse Landhaus der Familie der ehemaligen Fürsten von Sod mit einer davor stehenden kleinen Moschee. Photo: Siegfried Rademacher (19. August 2014)

4.2 Die kleine Burg Pikhar östlich von Yourbaltak

Bei der Suche nach einem freien Blick auf die Burgen Khandor Khar und Pasar Khar, die oberhalb von Yourbaltak gelegen sind, machten mich zwei Frauen aus dem Dorf auf die kleine Burgruine Pikhar aufmerksam. Die Ruine befindet sich östlich von Yourbaltak am Ende des Bergausläufers, auf dem sich die Burg Pasar Khar befindet. Sie ist von Yourbaltak aus gut sichtbar. Historische Berichte über dieses Bauwerk liegen nicht vor.

Abbildung 121: Die kleine Burg Pikhar von Yourbaltak aus photographiert. (19. August 2014)

Abbildung 122: Ruine der Burg Pikhar vom Taleinschnitt zwischen den Bergrücken der Festungen Khandor Khar und Pasar Khar aus photographiert (19. August 2014)

Abbildung 123: Überreste der Burg Pikhar in Yourbaltak (19. August 2014)

Abbildung 124: Ruine der Burg Pikhar von Yourbaltak. Photo: Siegfried Rademacher (19. August 2014)

4.3 Die Burgen Pasar Khar und Khandor Khar oberhalb von Yourbaltak

Die beiden einstmal mächtigen Burgen Khandor Khar und Pasar Khar der Herrschaft Sod sind nach den beiden Bergrücken benannt, auf denen die Burgen hoch über der Ortschaft Yourbaltak errichtet wurden. Die beiden Bergrücken sind durch ein Seitental getrennt. Weil der westliche Bergrücken mKha´-´gro ri „Berg der Himmelsfeen“ genannt wurde, hiess die auf ihm errichtete Burg mKha´-gro-ri mkhar "Burg des Himmelsfeen-Berges" oder abgekürzt mKha´-ri mkhar. Vom Namen des östlichen Bergrückens, Pa-sa ri, leitet sich analog der Name Pa-sa-ri mkhar oder Pa-sa-mkhar ab. Dabei ist die Bedeutung des Namens Pa-sa ungeklärt. Am 19. August 2014 unternahmen Temba Schuh und Ajaz Hussain Munshi in Begleitung des Sohnes des heutigen Oberhauptes der ehemaligen Herrscherfamilie von Sod eine Exploration der Burgen Kandor Khar und Pasar Khar. Die Gruppe erreichte zunächst Khandor Khar, musste dann in das Seitental absteigen, um anschliesst zur Burg Pasar Khar hochzuklettern.

Abbildung 124a: Lage von Pasar Khar und Khandor Khar nördlich von Yourbaltak nach Google maps. Während Teile der Ringmauern von Khandor Khar gut sichtbar sind, wurde der der nördliche Bereich von Khandor Khar und die Ruinen von Pasar Khar in Google Maps abgedeckt

Abbildung 125: Lage der Burgen Khandor Khar und Pasar Khar auf zwei durch einen Taleinschnitt getrennten Bergrücken oberhalb von Yourbaltak. Photo: Siegfried Rademacher (19. August 2014)

Abbildung 126: Der Taleinschnitt zwischen den Bergrücken der Burgen Khandor Khar (links) und Pasar Khar (Bildmitte) von Süden aus photographiert. Photo: Siegfried Rademacher (19. August 2014)

Abbildung 127: Der obere Teil des Taleinschnitts zwischen den Bergrücken der Burgen Khandor Khar (rechts) und Pasar Khar (links) von Norden aus photographiert. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

4.3.1 Die Burg Pasar Khar

Die Ruinen der Burg Pasar Khar sind sowohl von Feekhar als auch vom Osten des Dorfes Yourbaltak gut sichtbar.

Abbildung 128: Die Burg Pasar Khar von Feekhar aus mit dem Teleobjektiv photographiert (5 Oktober 2013)

 Pasar Khar ist von den beiden grossen Burgen in Yourbaltak die ältere. Die erste Erwähnung datiert, wie schon oben erwähnt (siehe 1 Quellen und Entdeckungsgeschichte und 2.1 Die Festungsanlagen von Bod Kharbu), in das Jahr 1673, dem Jahr der Eroberung von Purig durch den ladakhischen General Śākya rgya-mtsho. Im Zusammenhang mit dem anschliessenden Feldzug des Gouverneurs Ibrahim Khan aus Kaschmir und Truppen aus Baltistan, der kurz nach 1678 stattgefunden haben muss, wurde Sod wieder von der ladakhischen Okkupation befreit. Die Festung auf dem Berg Pa-sa ri wird in diesem Zusammenhang ausdrücklich erwähnt. Danach wurde die Burg aufgegeben und eine neue Festung auf dem Berg mKha´-gro ri errichtet.

Abbildung 129: Die Burg Pasar Khar von einem Standort oberhalb von Pikhar aus photographiert. Photo: Siegfried Rademacher (19. August 2014)

Abbildung 130: Die südlichen ringförmigen Aussenmauern der Burg Pasar Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 131: Östlicher Teil der südlichen Aussenmauern der Burg Pasar Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 132: Westlicher Teil der südlichen Aussenmauern der Burg Pasar Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 133: Westliches Ende der Aussenmauer der Burg Pasar Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 134:  Die Rückseite der ringförmigen Aussenmauer der Burg Pasar Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Hat man das Areal hinter dieser ringförmigen Mauer erreicht und blickt nach Norden, so sieht man eine zweite ringförmige Schutzanlage. Diese und eine weitere ringförmige Mauer, die ebenfalls erst nach dem Überwinden der zweiten Schutzmauer sichtbar wird, sind deutlich von einem erhöhten Punkt in der Nähe des Zentrums der Festungsanlage aus zu sehen. Dieses Zentrum war auf dem höchsten Punkt des Burgberges errichtet.

Für einen Angreifer bedeutete dies, dass er die dreifache Schutzvorrichtung überwinden musste, um die Festung einzunehmen. Dieser dreifache Ring von Schutzmauern hat aber die Burg Pasar Khar nicht vor der Eroberung bewahrt, wie wir aus der oben erwähnten Einnahme durch den ladakhischen Heerführer Śākya rgya-mtsho im Jahre 1673 und aus der kurz danach erfolgten Rückeroberung durch den Gouverneur Ibrahim Khan und Truppen aus Kartaksho wissen.

Abbildung 135: Der östliche Teil des zweiten Rings von Schutzmauern der Burg Pasar Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 136: Der mittlere Teil des zweiten Rings von Schutzmauern der Burg Pasar Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 137: Der westliche Teil des zweiten Rings von Schutzmauern der Burg Pasar Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 138: Teil des dritten Rings von Schutzmauern der Burg Pasar Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 139: Die Schutzmauern der Verteidigungsringe 2 und 3 der Burg Pasar Khar von der Spitze des Burgberges aus photographiert. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 140: Befestigungsanlagen auf der Spitze des Burgberges von Pasar Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 141: Die Spitze des Burgberges von Pasar Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

4.3.2 Die Burg Khandor Khar

Wie schon oben angemerkt, wurde Pasar Khar (Pa-sa mkhar) bzw. der Berg Pa-sa ri, also die oben beschriebene sehr grosse Festung von Yourbaltak, im Jahre 1673 von ladakhischen Truppen erobert und kurz nach 1678 von Truppen aus Kaschmir und Kartaksho wieder von der ladakhischen Besatzung befreit. 1720 kam es zu einer erneuten Invasion von Sod von Seiten des ladakhischen Herrscherhauses. Der König Nyima Namgyel schickte Truppen unter Führung des Heerführers Tshul-khrims rdo-rje, um eine Revolte von Bhag-ram bhig, des Jo der Herrschaft Sod, niederzuschlagen.

In einer von A. H. Francke veröffentlichten Verlautbarung des König Dekyong Namgyel (Francke (1), S. 229; Schuh/Ajaz Munshi S. 220) lesen wir hierzu:

bsod phyogs la dmag mgor tshul khrims rdo-rje btang bar / gur sgar thang dmag sgar phab thog / bsod phyogs rgyug dmag lugs su thal bar phyin nas / mkhar gdong du khrug par song bas / mkha’ ‘gro ri la / ri snar dmag ‘degs btang bar / tshur skyon cung zad tsam med par ri sna bcags nas / mkha’ ‘gro ri bzum par sna ltag tu dmag sgar btsugs nas zhag bdun gyi bar mkhar skor btang bar / sbag ram bhig babs /
„Nachdem Tshul-khrims rdo-rje als Truppenführer gegen bSod gesandt worden war, schlugen sie in Gur-sgar thang ein Heerlager auf. Sie führten einen Angriff in die Richtung von bSod aus und brachen zum Kampf gegen die Burg auf. Als sie ausgesandt wurden, um den Ausläufer des Berges zu erobern, zerstörten sie (die Festungsanlagen) des Bergausläufers, ohne grössere Verluste zu erleiden. Mit der Absicht, den (Berg) mKa’-‘gro-ri einzunehmen, errichteten sie eine Feldlager auf dem Nacken des Berges. Sie belagerten die Burg sieben Tage lang bis sBag-ram-bhig gezwungen wurde, sich zu ergeben.“

sBag-ram-bhig regierte noch im Jahre 1753, da er für dieses Jahr als einer der Unterzeichner des Vertrages von Vaṃ-le erwähnt wird.

Die Belagerung und Eroberung von Khandor Khar durch Tshul-khrims rdo-rje im Jahre 1720 belegt, dass in dieser Zeit die Festung Pasar Khar nicht mehr benutzt wurde. Die Herrscher von Sod müssen folglich in der Zeit zwischen ca. 1678 und 1720 diese Burg aufgegeben haben. Andererseits legt die Nichterwähnung von Khandor Khar in den Kämpfen von 1673 und 1678 nahe, dass diese Burg zu jener Zeit noch nicht existierte.

Im Jahre 2013 entdeckte ich am nordöstlichen Eingang von Feekhar eine Felsen mit vier Inschriften, von denen drei in Schuh/Ajaz Munshi (S. 221-226) ediert und übersetzt wurden. In der Inschrift I von Feekhar findet sich folgender Text:

rta lo └l┘a
mahamad sul dani dus
└la┘mkha´ ri mkhar rtsig tsa na
“Als man im Pferd-Jahr zur (Regierungs-)Zeit von Mahamad Sul-dan (die Festung) mKha´-ri mkhar errichtete.“

Hiernach war Mahamad Suldan zweifellos der Erbauer der Burg Khandor Khar. Dieser Herrscher ist in der von Francke ((1), pp. 176-178) veröffentlichten Genealogie der Jo von Sod als Mah-mad-Sul-tan-Khān aufgeführt. Nun ist diese Genealogie sicherlich als historische Quelle nicht sehr zuverlässig, wurde sie doch erst um 1900 nach dem Gedächtnis eines Familienmitglieds der ehemaligen Herrscherfamilie in Urdu aufgezeichnet. Es ist aber bemerkenswert, dass nach dieser Erinnerung Mahamad Suldan der Herrscher von Sod war, der zu Beginn der 80er Jahre des 17. Jahrhunderts gegen eine Invasion von mongolischen Truppen aus Zentraltibet kämpfte. Diese Invasion bezieht sich auf die Eroberung von Leh und von östlichen Teilen von Ladakh im Jahre 1681. Die nachfolgende Niederlage dieser mongolischen Armee mit Hilfe von Truppen aus Kaschmir ereignete sich 1683 (Petech, S. 74). Da die Burg Pasar Khar nach 1678 aufgegeben worden ist, sind somit unter Berücksichtigung des Textes von Inschrift I die Pferd-Jahre 1678 oder 1690 die zeitlich wahrscheinlichsten Jahre für die Errichtung von Khandor Khar, wobei ich nunmehr 1690 den Vorzug gebe.

1834 eroberten die Dogra die Burg von Sod. Im Folgejahr kam es - nach einem Volksaufstand in Sod und dem Suru-Tal gegen die Dogra - erneut zu einer Einnahme dieser Festung durch Truppen von Zorawar Singh. Für mich besteht kein Zweifel, dass es sich bei dieser Burg nur um Khandor Khar handeln kann. Anderenfalls müssten wir annehmen, dass die Herrscher von Sod nach 1720 die Burg Khandor Khar aufgegeben und die riesige Festung Pasar Khar wieder aufgebaut haben. Es erscheint mir als wenig wahrscheinlich, dass sie nach 1720 dazu ökonomisch in der Lage waren.

Sicher ist hingegen, dass die Dogra nach 1835 alle bestehenden Festungen der Herrschaft Sod zerstört haben. Hierzu gehörte auch oben beschriebene Burg Shubar Khar.

Das zentrale Gebäude der Festung Khandor Khar befand sich auf dem höchsten Punkt des Berges mKha´-´gro ri. Zusätzlich geschützt wurde diese Burg durch zwei tiefer gelegene Verteidigungsringe, von denen einer auch die östliche, leicht zu ersteigende Bergseite absichert. In ihrer Struktur ähnelt diese Bauweise der weitaus grösseren Burg Pasar Khar, die drei Verteidigungsringe aufwies. 

Abbildung 142: Die Burg Khandorkhar von der Burg Pasar Khar aus photographiert. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 143: Aufstieg zur Burg Khandor Khar von Süden. Die beiden ringförmigen Verteidigungsbauwerke und die Hauptburg. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 144: Ruinen des zweiten Verteidigungsringes von Khandor Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 145: Blick vom zweiten Verteidigungsring auf die Hauptburg der Festung Khandor Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 146: Blick vom Nord-Osten auf die Hauptburg von Khandor Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 147: Ruinen der Hauptburg Khandor Khar. Photo: Temba Schuh (19. August 2014)

Abbildung 148: Verteidigungsanlagen auf der Ostseite der Burg Khandor Khar. Photo: Siegfried Rademacher (19. August 2014)

5 Die Burg von Karamba in der Herrschaft Phu-dkar (~ Phod-dkar)

Reist man von Mulbekh nach Kargil, so erreicht man als ersten Ort Shargole (siehe Karte von Abbildung 2). Hier öffnet sich das nach Westen führende Phukar-Tal, durch das Alternativ-Routen zur Haupthandelsstrasse zwischen Kaschmir und Leh über den Pass Sapi la nach Kartse, Blon-che und Kargil führen. Phukar (~ Phu-dkar ~ Fokar ~ Pho-dkar ~ Phod-dkar) war insofern von erheblicher strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung.  

Abbildung 149: Lage der Burg des Phukar-Tales oberhalb des Dorfes Karamba

Wir können aus einer im Jahre 1790 ausgefertigten Urkunde des ladakhischen Königs Tsheten Namgyel (Tshe-brtan rnam-rgyal) entnehmen (siehe Schuh, S. 180-185), dass in diesem Tal eine Burg (phu-dkar gyi mkhar) existierte und der örtliche Führer den Titel Jo trug. Insofern war es für mich auch nicht überraschend, dass ich im Jahre 2013 oberhalb des Dorfes Karamba eine mittelgrosse Burg vorfand. Über die Entstehungsgeschichte dieser Burg ist bisher nichts bekannt. Sie wurde offenbar nach 1834 von den Dogra zerstört.

Abbildung 150: Die Burg der Herrschaft Phukar von Osten aus photographiert (3. Oktober 2013)

Abbildung 151: Lage der Burg hoch über dem Dorf Karamba (3. Oktober 2013)

Abbildung 152: Die Burg der Herrschaft Phukar (3. Oktober 2013)

Abbildung 153: Ruinen der Burg von Phukar (3. Oktober 2013)

6 Die Burgen von Cigtan und Shakar

Wenn ich hier das auf der Abbildung 154 dargestellte Gebiet als Shakar-Cigtan bezeichne, so wird damit dem Umstand Rechnung getragen, dass irgendwann in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Macht über Cigtan oder aber über einen grossen Teil dieser Herrschaft an eine Adelsfamilie überging, die in Shakar residierte. Dies ergibt sich zum einen aus dem Vaṃ-le-Vertrag von 1753, in dem ein Herrscher von Cigtan nicht erwähnt ist, dafür aber als einer der Unterzeichner dieses Vertrages ein Jo von Sha-dkar namens Ha-san khān genannt wird. Dies bedeutet, dass für die Königshöfe in Ladakh und Purig die ehemaligen Herrscher von Cigtan keine Rolle mehr spielten. Ein weiterer Hinweis hierauf findet sich in einer Urkunde des Königs von Purig Trashi Namgyel aus dem Jahre 1751 (Schuh/Ajaz Munshi, S, 198f). Die in Briefform verfasste Verfügung ist an den Jo Ha-san mkhan gerichtet, wobei es sich mit Sicherheit um den oben genannten Unterzeichner des Vertrages von Vaṃ-le handelt. In diesem Brief wird der Adressat aufgefordert, bestimmte Rechtsverhältnisse, die von einer Hor-jo genannten Person begründet worden sind, nicht wieder rückgängig zu machen. Dieser Hor-jo ist mit dem Hor-jo mkhan identisch, der nach einer von Francke veröffentlichten genealogischen Liste der 10. Herrscher von Cigtan war (siehe Schuh/Ajaz Munshi, S, 194). Der Machtwechsel in der Region Cigtan muss somit noch zu Lebzeiten oder nach dem Tod von Hor-jo mkhan stattgefunden haben. Giotto Dainelli (S. 244) erwähnt - ohne Angaben von Quellen - die Herrschaft Yokma Kharbu, die von einer Nebenlinie der Herrscher von Cigtan regiert wurde. Diese Herrschaft dürfte identisch sein mit Shakar, deren Jo zunächst in der Burg von Shakar und später in einem Herrenhaus in Yokma Kharbu residierten.

Abbildung 154: Lage der Burg von Cigtan

Die Burg von Cigtan gehört zu den meist beachteten Burgen von Purig, weil sie zu Beginn des 20sten Jahrhunderts noch in einem relativ guten Erhaltungszustand war, wie Veröffentlichungen von Photos von A. H. Francke (S. 99f, plate XLII) und Giotto Dainelli (siehe oben Abbildung 1) zeigen. Zudem ist sie auch heute noch als Ruine beeindruckend.

Abbildung 155: Die Oberburg von Cigtan (rechts) und die Unterburg (links), die auch als gelegentlich als Hauptburg bezeichnet wrid, vom Süden aus photgraphiert (7. Oktober 2013)

Abbildung 156: Die Unterburg von Cigtan (7. Oktober 2013)

Abbildung 157: Die Oberburg von Cigtan (7. Oktober 2013)

Abbildung 158: Die Oberburg von Cigtan, vom Norden aus photographiert. Photo Siegfried Rademacher (23. August 2014)

Abbildung 159: Die Unterburg (Hauptburg) von Cigtan, vom Norden aus photographiert (23. August 2014)

Francke Beschreibung der Burg ist relativ kurz. Hingegen liefert Dainelli (S. 242) einen sehr lebhaften und ausführlichen Bericht über den Zustand der Burg in Jahre 1913, so dass es sich lohnt, diesen hier als Nachdruck wiederzugeben.

Abbildung 160: Dainellis Beschreibung seines Besuchs der Burg von Cigtan im Jahre 1913

Über die Entstehung der Burg liegt trotz der märchenhaften Berichte in der sogenannten oralen Literatur, die von Francke, Hashmatullah Khan, Kačō Sikandar Khān und Kacho Mumtaz Ali Khan verbreitet wurden, nichts vor, was einstweilen historisch brauchbar bzw. verwertbar ist.

Ob die Oberburg von Cigtan im Jahre 1908 bzw. in 1913 den gleichen Erhaltungszustand hatte wie die damals zweifach photographierte Unterburg, lässt sich anhand der mir zugänglichen Dokumentationen nicht sagen. Es stellt sich hier jedoch die Frage, wieso jedenfalls die festungsartige Unterburg von Cigtan nicht von den Dogra zerstört wurde. Vergleichbares lässt sich im Hinblick auf Baltistan nur für die Burgen von Kharmang sagen, die die Dogra nicht angetasted haben. Die Gründe, die dazu führten, kann man in dem Artikel über Ali Sher Khan (III) nachlesen.

Die Ruinen der Burg von Shakar befinden sich auf einem schmalen Felsgrad westlich der Ortschaft Shakar. Sie wurden erstmals von mir 2016 photographiert. Die Herrscher von Shakar siedelten offenbar nach der Eroberung von Ladakh und Purig durch die Dogra in ein ebenfalls als mKhar bezeichnetes Herrenhaus um, das heute nicht mehr bewohnt wird.

Abbildung 161: Reste der Burg von Shakar vom Osten aus photographiert  (18.8.2016)

Abbildung 162: Reste der Burg von Shakar vom Süden aus photographiert  (18.8.2016)

Abbildung 163: Mauerreste der Burg von Shagar (18.8.2016)

Abbildung 164: Das heute leerstehende Herrenhaus der Shakar-Adelsfamilie in Yokma Kharbu (18.8.2016)

7 Literatur

Koshrow Behrouz: Shigar- Nāma. Eine persische Verschronik über die Geschichte Baltistans. Kritische Textausgabe, Kommentar und Übersetzung. Unveröffentlichtes Manuskript aus den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts
Francis Bernier: Travels in the Mogul Empire. Translated from the French by Irving Brook. Vol. II, London 1826
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Giotto Dainelli: Between Baltistan and Ladakh. In: Filippo De Filippi (2 und 3), S. 228-250.
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Nicola Grist: Local Politics in the Suru Valley of Northern India. Thesis (Ph.D.) Goldsmiths College, London University, 1998
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Kurt Tropper: The Historical Inscription in the Gsum brtsegs Temple at Wanla, Ladakh. In: Text, Image and Song in Transdisciplinary Dialogue, Leiden 2007, S. 105-150
Izzet Ullah, Mir: Travels beyond the Himalaya. In: The Quarterly Oriental Magazine. Vol. III Nos. V. VI. Calcutta 1825, S. 103-121 und Vol. IV. Nos. VII and VIII, S. 126-140

Autor: Dieter Schuh, 2014, unter Mitarbeit von Ajaz Hussain Munshi (ortskundige Führung, Exploration der Oberburg von Bod Kharbu, der Burgen von Blon-che und und Paskyum sowie der Burgen Khando Khar und Pasar Khar), Siegfried Rademacher (diverse Photos), Temba Schuh (Photos, Erkundung der Oberburg von Bod Kharbu, der Burgen Khando Khar und Pasar Khar sowie der Burgen von Namsuru, Blon-che und Paskyum) und Mohammed Fayaz (Erkundung der Burg von Namsuru und der Oberburg von Bod-Kharbu). Wesentlich ergänzt 2016