Tibet-Encyclopaedia

 

Abbildung 1: Impressum der kurz nach 1690 veröffentlichten Karte von Indien und Südost-Asien von Nicolaes Visscher

 Entdeckungs- und Forschungsgeschichte Baltistans (Klein-Tibet)

Als Entdeckungs- und Forschungsgeschichte Baltistans wird im Folgenden die Geschichte der hauptsächlich außerhalb Baltistans entstandenen schriftlichen Berichte und Forschungsergebnisse über die Region bzw. das Territorium Baltistan (Klein-Tibet) behandelt. Letzteres umfasste in einem geographisch nach außen abgegrenzten Verbund der Flusstäler des Indus, des Shayok und deren Nebenflüsse im Kern die sechs kleinen Königreiche Skardu, Shigar, Khaplu, Kiris, Kartaksho und Rondu. Dabei wird berücksichtigt, dass der machtpolitische Einfluss dieser Region unter einheitlicher politischer Führung in kurzen Zeitabschnitten sich auch auf Nachbargebiete, wie z. B. Purik oder Gilgit, erstreckte. Die damit gekennzeichnete Region wurde, soweit durch schriftliche Berichte belegt, seit dem 16. Jahrhundert von der Außenwelt als geographische Einheit wahrgenommen. Kulturell sind die Bewohner diese Region durch den von ihnen gesprochenen tibetischen Dialekt und spätestens seit dem 16. Jahrhundert auch durch den islamischen Glauben miteinander verbunden.

Nicht behandelt wird an dieser Stelle die Frage der Zugehörigkeit von Baltistan zur Region Bolor (Palola, Balur, Palur), die in einem gesonderten Artikel beschrieben wird.

Inhaltsverzeichnis

1. Ältester ausführlicher Bericht über Baltistan und seine Landesteile aus dem 16. Jahrhundert: Mirza Haidar
2. Berichte über Baltistan in der Geschichtsschreibung des Moghul-Kaiserreichs von Indien
3. Erste Informationen über Baltistan in Europa: François Bernier
4. Landkarten seit dem späten 17. Jahrhundert
5. Das Wissen über Baltistan bei seinen Nachbarn in Ladakh und in Zentraltibet
6. Baltistan und die Abenteurer des frühen 19. Jahrhunderts
7. Forscher und Reisende von 1846 bis zur 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts
8. Moderne Geschichtsforschung, Archäologie, Sprachforschung, Volksliteratur und Ethnologie
9. Literatur

Abbildung 2: Ausschnitt aus der Indienkarte von Nicolaes Visscher, der ersten überregionalen Karte überhaupt, auf der (Bildmitte oben) Baltistan (hier Tibet Minor) und die Orte Skardu (Eskerdow) und Shigar (Cheker) verzeichnet sind. Ein Klick auf den Kartenausschnitt führt automatisch zu der Gesamtkarte im Frederik den Femtes Atlas aus Det Kongelige Bibliothek in Dänemark

1. Ältester ausführlicher Bericht über Baltistan und seine Landesteile aus dem 16. Jahrhundert: Mirza Haidar

Mirza Haidar (1499-1551), auch Mirza Muhammad Haidar Dughlat genannt, war ein Cousin von Babar (1482-1530), des Begründers des Moghul-Kaiserreichs in Indien, und lebte nach dem Tod seines Vaters etwa ab seinem 10. Lebensjahr für einige Jahre im Haushalt des späteren Moghul-Kaisers. 1514 trat er in die Andijan (im heutigen Uzbekistan gelegen) in die Dienste des dortigen Moghul-Herrschers Sultan Said Khan ein, dem er lange Jahre als Truppenführer bei dessen Raubzügen diente.

1531 begann er unter Führung von Sultan Said Khan einen Raubzug gegen Ladakh, Baltistan, Kashmir und Tibet, den er erst im Jahre 1535 beendete. Die Berichte über diesen Einfall und seinen Aufenthalt in diesen Ländern finden sich im zweiten Teil des von ihm selbst in den vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts in persischer Sprache verfassten Tarikh-i-Rashidi, das in einer englischen Übersetzung von E. Denison Ross und mit Anmerkungen von N. Elias 1895 veröffentlicht wurde.

Mirza Haidars Berichte über Tibet enthalten auch Hinweise auf Baltistan (S. 410), welches unter der Bezeichnung Bálti als Provinz von Tibet beschrieben wird. Geradezu Aufsehen erregend ist Mirza Haidars Aufzählung der Distrikte von Baltistan, nämlich Purik, Khápula (=Khaplu), Ashigár (=Shigar), Askardu (= Skardu), Runk (= Rondu) und Ladaks. Diese Aufzählung ist nach meinem Wissen die älteste Belegstelle für die Nennung der Orte und Landesteile Khaplu, Shigar und Skardu überhaupt. Des Weiteren erwähnt Mirza Haidar, dass in allen diesen Gebieten Burgen und Dörfer existierten. Anzumerken ist auch, dass die heute als Zentralladakh bezeichnete Region in Mirza Haidars Beschreibungen generell Maryul genannt wird und neben Bálti, Zánskár, Rudok, Guga usw. als separater Teil Tibets aufgeführt wird. Wir können deshalb aus Mirza Haidars Beschreibung keinesfalls schließen, dass die heute als Ladakh bezeichnete Region zur Zeit Mirza Haidars als Teil von Baltistan angesehen wurde. Möglicherweise bezeichnete Mirza Haidar mit "Ladaks" die Region um Kharbu (mKhar-bu), die später als Unterladakh (La-dwags gsham) bezeichnet wurde und die im folgenden 17. Jahrhundert mehrfach zwischen Ladakh und Baltistan umkämpft war. 

Zur Lage von Baltistan ist Mirza Haidars Hinweis (S. 417) von Interesse, dass an den nördlichen Teil von Tibet, der Bálti genannt wird, die Länder Balur (Bolor) und Badakhshán angrenzten.

1532 unternahm Sultan Said Khan mit einem Gefolge von 1000 Kriegern einen Raubzug nach Baltistan. Hier erwarte ihn Bahrám Chu, ein Führer (Chu = Jo, dies ist der übliche Titel eines Herrschers der verschiedenen Regionen von Baltistan) einer der Provinzen von Baltistan, der seinen Herrschaftsbereich dem Moghul-Khan kampflos übergab. Bahrám ist zweifellos identisch mit dem von Cunningham als Bairam aufgeführten 57. Herrscher der Herrscherfamilie von Khaplu. Hashmatullah Khan erwähnt ihn (Anhang, S. XIII) als Yabgo Behram und gibt den Bericht über den Einmarsch von Sultan Said Khan in Baltistan unter Verweis auf das Tarikh-i-Rashidi als Quelle wieder (S. 102).

Während somit Báhram dem Vorbild seiner Nachbarn aus dem südlichen Ladakh (Maryul) folgte und sein Land dem Moghul-Führer kampflos überließ, waren die Führer der übrigen Gebiete keinesfalls bereit, ihr Land kampflos zu übergeben. Der Herrscher von Khaplu unterstützte Sultan Said Khan in dessen Vormarsch bis Shigar, welches von Mirza Haidar als Hauptstadt von Bálti(stan) angesehen wurde. Die Festung von Shigar wurde von den Moghul-Truppen eingenommen. Sultan Said Khan ließ nach dem Vorbild seines mörderischen Vorfahrens Timur (1336-1405) alle Männer der eroberten Region töten und überließ Frauen, Kinder und Besitztümer des Landes seinen plündernden Truppen.

Sultan Said Khans Truppen blieben den folgenden Winter in Baltistan und verließen das Land erst im Frühjahr 1533.

Mirza Haidars Berichte, niedergeschrieben im Jahre 1541/42,  sind die bisher älteste Quelle außerhalb des tibetische Hochgebirgsraums, die Baltistan mit dem Namen Bálti erwähnt und wesentliche Landesteile namentlich aufführt.

2. Berichte über Baltistan in der Geschichtsschreibung des Moghul-Kaiserreichs von Indien

Mit der Eroberung von Kashmir durch den großen Moghul-Kaiser Akbar im Jahre 1586 wurden Baltistan und Ladakh zu Anrainern des Moghul-Großreiches und rückten damit in dessen Interessensphäre. Wie wir aus den Berichten von Ippolito Desideri über seine Reise nach Indien und Tibet in den Jahren 1712-1727 wissen (Desideri, S. 74f), war Baltistan seinen südlichen Nachbarn unter der Bezeichnung Klein(Ciota)-Tibet bekannt, während Ladakh als Groß(Barà)-Tibet bezeichnet wurde. Die seit Berniers Bericht in Europa bekannten Bezeichnungen wie Petit Thibet, Petit Tibet, Tibet Minor, Tibet Minus, Little Tibet, Klein-Tibet usw. haben also ihren Ursprung in der Bezeichnung Baltistans durch seine persischen und indischen Nachbarn.

Die Berichte über die Feldzüge, die das Moghul-Reich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts von Kashmir aus gegen Baltistan unternahm, zeigen deutlich, dass man in Indien detaillierte Kenntnisse über Baltistan hatte. Das Bádsháh-náma des ´Abdu-l Hamíd Láhorí (gestorben 1654) beschreibt den Feldzug des Jahres 1636/37 gegen Baltistan (Láhorí, S. 62f) und erwähnt den am Níláb (Indus) gelegenen Ort Shkardú (Skardu) mit seinen Burgen Kaharpúcha (Kharphocho) und Kahchana. Erwähnt wird des Weiteren die Festung von Shakar (Shigar). Die Namen der Hauptakteure in dieser militärischen Auseinandersetzung auf der Seite Baltistans, wie z. B. Abdal Khan und Adam Khan, werden genannt. Anders gesprochen war man lange vor Berniers in Frankreich veröffentlichten, kurzen Bericht über Klein-Tibet in Indien über die geographischen und politischen Gegebenheiten in Baltistan recht gut informiert, zumal man spätestens ab 1636/37 Baltistan als Teil des Moghul-Reiches betrachtete.

3. Erste Informationen über Baltistan in Europa: François Bernier

Der erste Europäer, der Nachrichten über Baltistan veröffentlichte, war der Franzose François Bernier (1625-1688). Bernier war ein Arzt und Weltreisender, der 1659 Indien erreichte und 1663 im Gefolge des Moghul-Kaisers Aurangzeb (1658-1707) nach Kaschmir reiste. 1669 kehrte er nach Frankreich zurück, wo ein Jahr später 1670 seine Reiseerlebnisse zusammen mit diversen Briefen, die er während seiner Reise geschrieben hatte, unter dem Titel Voyages de François Bernier, Docteur en Medecine de la Faculté de Montpellier. Contenant la Decription des Etats du Grand Mongol, de l’Hindoustan, du Royaume de Káchèmire &c. veröffentlicht wurden.

In diesem Buch beschreibt Bernier, dass er in Kaschmir mit einem König von Klein-Tibet zusammengetroffen war, der nach Kaschmir gekommen war, um dem Kaiser Aurangzeb seine Aufwartung zu machen (Bernier, S. 163f) und Geschenke zu überbringen. Bernier berichtet, dass das äußere Erscheinungsbild dieses kleinen Königs und seines Gefolges so armselig war, dass er ihn von daher nicht als Person von hohem Rang eingeschätzt hätte. Zweifelsfrei handelte es sich bei diesem König um Murad Khan von Skardu, der nach dem Tod seines Onkels Adam Khan noch vom Moghul-Kaiser Shah Jahan (Amtsenthebung 1658) als Herrscher von Baltistan bestätigt worden war. Um die Verwunderung von Bernier über das äußere Erscheinungsbild des Baltistan-Königs und seines Gefolges zu verstehen, seien nachfolgend zwei Gemälde des Kaisers Aurangzeb und des Königs Ahmad Shah, des letzten unabhängig regierenden Königs von Skardu, einmal nebeneinandergestellt. Die Schlichtheit der in einfachen Verhältnissen lebenden Könige des wirtschaftlich ärmlichen und kargen Baltistans konnte natürlich nicht an die Pracht der Erscheinung eines Moghul-Kaisers heranreichen. Wohlgemerkt, die beiden im Folgenden abgebildeten Herrscher haben sich niemals getroffen. Aber das äußere Erscheinungsbild von Murad Khan, der Aurangzeb seine Aufwartung machte, dürfte sich kaum von dem seines Nachfahrens Ahmad Shah unterschieden haben.

    

Abbildung 3: Aurangzeb, Kaiser des Moghul-Reiches von Indien

  

Abbildung 4: Ahmad Shah, Herrscher von Skardu und Baltistan

Bernier nahm an einem Abendessen mit diesem König von Baltistan teil, um mehr über das Land Klein-Tibet in Erfahrung zu bringen. Die historischen Informationen, die Bernier dabei sammelte, betrafen die Eroberung von Baltistan unter dem Moghul-Kaiser Shah Jahan (1627-1658) im Jahre 1636 und eine spätere, militärische Intervention gegen Groß-Tibet (Ladakh) und seinen König Senge Namgyel (Seng-ge rnam-rgyal) im Jahre 1639 zur Rückeroberung von Purik (siehe auch Petech, S. 50f).

Interessant sind auch Berniers Angaben zur Entfernung zwischen Kaschmir und Baltistan. Hiernach benötigte man vier Tagesreisen von Shrinagar nach Gourtche, dem letzten Ort, der noch zum Territorium von Kaschmir gehörte. Danach erreichte man nach acht weiteren Tagesreisen Eskerdou (Skardu). Nach zwei weiteren Tagesreisen gelangt man schließlich nach Cheker (Shigar). Diese Angaben stimmen sehr gut mit den Angaben späterer Baltistan-Reisender überein.

   

Abbildung 5: Karte von Kashmir und Klein-Tibet nach Bernier (1670) (Hedin, S. 66)

 

Abbildung 6: Karte des Moghul-Reiches von Indien nach Bernier mit Kashmir (Kachmire) und Tibet M. (Klein-Tibet) in der Bildmitte oben (Hedin, S. 68)

 4. Landkarten seit dem späten 17. Jahrhundert

Das 16. und 17. Jahrhundert waren in Europa nicht nur Jahrhunderte der Entdeckungen sondern auch die Jahrhunderte der Landkarten und Atlanten. Die Gründe hierfür waren vielfältig. Einerseits führten die Entdeckungen des 16. Jahrhunderts zu einer Zunahme der Seeschiffahrt, die sich nunmehr nicht nur auf die Westküste Europas und das Mittelmeer beschränkte, sondern in unbekannte Regionen vordrang, was die Produktion z.B. von dringend benötigten Seekarten insbesondere in Italien beförderte. Hinzukam die Erfindung bzw. der Import neuer Drucktechniken, insbesondere der Holzblockdrucke, Kupferstiche und des Drucks mit beweglichen Lettern. Eines der Zentren der Kartenherstellung waren im 17. Jahrhundert die Niederlande, wo Firmen entstanden, die sich über Generationen hinweg mit der Herstellung von Landkarten beschäftigten.

Eine dieser Kartographen-Familien der Niederlande waren die Visschers, eine Familie von Graveuren und Publizisten von Landkarten in Amsterdam. Begründet hatte das Familiengeschäft Claes Janszon Fischer (1587-1652), der zahlreiche Karten, insbesondere auch von England, Belgien und Deutschland veröffentlichte. Die von ihm gegründete Firma wurde von seinem Sohn Nicolaes (I) Visscher (1818-1679) fortgeführt. Nach dessen Tod führte Nicolaes (II) Janszon Visscher (1649-1702) als Angehöriger der Enkelgeneration das Geschäft weiter (Tooley´s Dictionary, Q-Z, S. 331f, Moreland-Bannister, S. 112f). Er publizierte in den 90ger Jahren des 17. Jahrhunderts eine Indienkarte, die unter dem Titel „Indiae Orientalis, nec non Insularum Adiasentium“ erschien und als erste überregionale Landkarte nach Bernier überhaupt Baltistan unter der Bezeichnung Tibet Minor mit den Orten Eskerdow (Skardu) und Cheker (Shigar) verzeichnete (siehe Abbildungen 1 und 2). Visschers Quelle war zweifelsfrei die Kaschmir-Karte von Bernier (Abbildung 5), verzeichnet er doch die Lage von Baltistan östlich von Iaschmir (Kaschmir). Auf der Karten von Visscher findet sich auch östlich von Klein-Tibet die Region Tibet Maior (Groß-Tibet = Ladakh) und östlich davon des Weiteren Lassa (Lhasa). Mit Blick auf Indien erscheinen alle diese Örtlichkeiten gegenüber ihrer tatsächlichen Lage stark nach Osten verschoben. Zweifelsfrei waren diese Darstellungen wesentlicher Teile Tibets eine Neuheit, wurden aber kurz danach, was Detailkenntnisse und Korrektheit betrifft, von den Karten des französischen Kartographen Guillaume Delisle übertroffen.

   

Abbildung 7: Der französische Kartograph Guillaume Delisle

 

Abbildung 8: Impressum der Asienkarte von Guillaume Delisle

Guillaume Delisle (1675-1726) war eine der Schlüsselfiguren der Entwicklung der französischen Kartographie, der die Bedeutung von Korrektheit in der Kartographie in den Vordergrund seiner Arbeiten stellte (Tooley´s Dictionary, A-D, S. 353f, Moreland-Bannister, S. 131). 1700 veröffentlichte er eine Asienkarte (L´Asie), in der der Fehler von Nicolaes Visscher, was die Lage von Baltistan (Petit Tibet) angeht, korrigiert sind (Abbildungen 8 und 9). Baltistan erscheint hier korrekter Weise nordöstlich von Cachemire (Kaschmir). Einzelne Orte von Baltistan werden nicht aufgeführt. Südöstlich von Baltistan findet sich Grand Tibet (Ladakh) und Rudoc (Rudok), wobei die Lage von Rudok als Teil von Ladakh dargestellt wird, was für die Zeit vor der Entstehung dieser Karte, d. i. das zweite und dritte Viertel des 17. Jahrhunderts, korrekt war. Südöstlich davon wird Utsang (dBus-gtsang), also Zentraltibet, aufgeführt. Des Weiteren wird das westtibetische Chaparangue (Tsaparang), die Hauptstadt des Königreiches von Guge, verzeichnet.

Abbildung 9: Ausschnitt aus der 1700 entstandenen Asienkarte des französischen französischen Kartographen Guillaume Delisle. Ein Klick auf den Kartenausschnitt führt automatisch zu der Gesamtkarte in der Library of Congress Geography and Map Division Washington, D.C. 20540-4650 USA 

Eine wesentliche Verbesserung dieser Asien-Karte im Hinblick auf Baltistan und Tibet ergab sich durch die von Guillaume Delisle nach 1702  veröffentlichte Karte von Indien und China. Das Impressum der Karte weist keine Datumsangabe auf. Da hier aber Guillaume Delisle als Mitglied der königlichen Akademie der Wissenschaften genannt wird und die Aufnahme in diese Akademie im Jahre 1702 erfolgte, kann diese Karten nicht vor diesem Jahr entstanden sein. Als Orte in Baltistan werden nun nach Bernier Eskerdou (Skardu) und Cheker (Shigar) aufgeführt. Kashgar ist nunmehr nicht mehr östlich von Baltistan verzeichnet, sondern im Nordosten. Rudok (Rudoc) und Zentraltibet (Utsang)  rücken korrekterweise gegenüber Ladakh (Grand Tibet) nach Osten. Wir werden im Folgenden feststellen, dass sich dieser Kenntnisstand über Baltistan in den folgenden 140 Jahren nicht mehr verbesserte.

Abbildung 10: Impressum der Karte von Indien und China von Guillaume Delisle

 

Abbildung 11: Ausschnitt aus der Karte von Indien und China (Carte des Indes et de la Chine) von Guillaume Delisle (1675-1726) mit der Darstellung (oben links)  von Baltistan (Petit Tibet) und den Orten Skardu (Eskerdou) und Shigar (Cheker). Ein Klick auf den Kartenausschnitt führt automatisch zu der Gesamtkarte im Frederik den Femtes Atlas aus Det Kongelige Bibliothek in Dänemark 

 Dem in Amsterdam geborenen holländischen Kartographen Frederick de Witt (1729/30-1706) verdanken wir ebenfalls eine der ältesten Indienkarten, auf der Baltistan als Tibet Minor verzeichnet ist. Die Karte „Indiae Orientalis nec con Insularum Adiacentium“ verzeichnet zwar Kaschmir nicht und gibt Tibet Minor und Tibet Maior (Ladakh) in einer stark nach Osten verschobenen Lage wieder, weist aber die Orte Eskerdow (Skardu) und Cheker (Shigar) auf. Mit dem Todesjahr von de Witt, dies ist das Jahr 1706, ist wohl das späteste Entstehungsdatum dieser Karte gegeben.

   

Abbildung 12: Impressum der Indienkarte von Frederick de Witt

 

Abbildung 13: Ausschnitt aus der Indienkarte von Federick de Witt mit Baltistan, in der Bildmitte oben als Tibet Minor eingezeichnet

Einer der führenden Kartographen Englands im 18. Jahrhundert war der aus Deutschland stammende und nach England ausgewanderte Herman Moll (ca. 1654-1732) (Reinhartz, S. 1). Seine frühen Asienkarten, die zum Teil im 47. und 48. Band des Frederik den Femtes Atlas der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen zu finden sind (siehe z. B. Band 48, Seite 31  und Band 47, Seite  5) verzeichnen Baltistan noch nicht. Dies änderte sich mit der um das Jahr 1720 entstandenen, unter dem Titel „A Map of the East-Indies and the adjacent Countries“ für die United East India Company veröffentlichte Karte. Wie in der Karte von Guillaume Delisle erscheint Baltistan (Lit. Tibet) im Verhältnis zu Kaschmir (Cassimere) korrekt platziert. Diese Karte verzeichnet auch Eskerdow (Skardu).

   

Abbildung 14: Impressum der Indienkarte (um 1720) von Herman Moll

 

Abbildung 15: Ausschnitt aus der Indienkarte von Herman Moll (um 1720) mit Little Tibet und Eskerdow nordöstlich von Kaschmir (oben links)

Die in Deutschland im 18. Jahrhundert veröffentlichten Asienkarten stellen gegenüber den Karten von Guillaume Delisle eigentlich einen Rückschritt dar. Hierzu seien nur die Persienkarten von Matthäus Seutter und die Asienkarte von Homanns Erben aus dem Jahre 1744 vorgestellt.

Matthäus Seutter (1678-ca. 1757) wurde in Augsburg als Sohn eines Goldschmieds geboren. Er studierte zunächst in Nürnberg bei Johann Baptist Homann die Herstellung von Landkarten. Nach seiner Rückkehr nach Augsburg im Jahre 1707 begann er mit seinem Verlagshaus zur Veröffentlichung von Karten und Atlanten. Viele seiner Karten sind nur Kopien von Landkarten anderer Kartographen (Toley´s Dictionary, Q-Z, S. 150). Dies gilt auch für seine Indien-Karte, die er unter dem Titel „India Orientalis, cum adjacentibus Insulis“ veröffentlichte und die, jedenfalls was den Teil von Kaschmir und Baltistan angeht, nicht mehr als eine Kopie der Karte von Nicolaes (II) Janszon Visscher (siehe Abbildungen 1 und 2) ist. Interessanter ist Seutters Darstellung von Baltistan auf seiner Persienkarte, wobei ich nicht ausschließen kann, dass diese Landkarte auch nur eine Kopie eines mir nicht bekannten Landkartenvorläufers ist. Hier erscheint Baltistan als Regnum Tibeti Minor mit den Orten Eskerdou (Skardu) und Cheker (Shigar) nördlich von Cachemir (Kashmir). Die Karte ist mehrfach im 48. Band (z.B. Seite 12) des Frederik den Femtes Atlas der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen enthalten.

Abbildung 16: Ausschnitt aus der Persienkarte von Matthäus Seutter mit der Darstellung von Baltistan (Regnum Tibeti Minor) und Kaschmir (Cachemir) unten rechts. Ein Klick auf den Kartenausschnitt führt automatisch zu der Gesamtkarte im Frederik den Femtes Atlas aus Det Kongelige Bibliothek in Dänemark 

Die Asien-Karte von Homanns Erben, die nach dem Tod des bekannten Kartographen Johann Baptist Homann (1664-1724) in Nürnberg dessen Firma fortführten, zeigt eigentlich nur, wie sehr die in Deutschland hergestellten Asienkarten im 18. Jahrhundert hinter dem Niveau der in Frankreich, den Niederlanden und in England veröffentlichten Landkarten zurückfielen. Immerhin ist auf der 1744 veröffentlichten, von Johann Matthias Hase (1684-1742) bearbeiteten und nach dessen Tod von August Gottlieb Boehme (1719-1797) im Jahre 1744 fertig gestellten Karte nun Baltistan (Tibet Minus) nordöstlich von Kaschmir (Cachmir) verzeichnet. Die Karte ist im 47. Band (Seite 2) des Frederik den Femtes Atlas der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen enthalten.

   

Abbildung 17: Impressum der Asienkarte von Homanns Erben aus dem Jahre 1744

 

Abbildung 18: Ausschnitt aus der Asienkarte von Homanns Erben aus dem Jahre 1744.  Baltistan ist hier als Tibet Minus nordöstlich von Kashmir verzeichnet. Ein Klick auf den Kartenausschnitt führt automatisch zu der Gesamtkarte im Frederik den Femtes Atlas aus Det Kongelige Bibliothek in Dänemark

Wie schon oben angemerkt, stagnierte nach der Indien- und China-Karte von Guillaume Delisle der Baltistan betreffende Informationsgehalt von Landkarten für 140 Jahre. Dies änderte sich erst nach 1840 mit der im Jahre 1842 von John Walter nach den Angaben von Godfrey Thomas Vigne im Auftrag der East India Company erstellten Karte „Kashmir; With its Passes; Ladak & Little Tibet, The Mountain Course of the Indus; and the Alpine Panjab generally.“ Die auf dieser Karte zu findenden Details über Baltistan stellen gleichsam einen Quantensprung gegenüber dem dar, was bis 1842 veröffentlicht worden war. Die Karte verzeichnet erstmalig den Verlauf des Indus, des Shayok und des Shigar-Flusses und zahlreiche Orte, die bis zur Veröffentlichung dieser Karte völlig unbekannt waren. Diese Landkarte war natürlich das Ergebnis der Reisen von Vigne nach Baltistan, Ladakh und Kaschmir, auf die ich im Kapitel 6 eingehen werde. Die Karte von John Walter verzeichnet für Baltistan drei Bezeichnungen: Little Tibet, Bultistan und Suri Butan.

 
 

Abbildung 19: Karte von Baltistan, erstellt 1842 von John Walter nach den Angaben von Godfrey Thomas Vigne

 Nach der Eroberung von Baltistan durch die Dogras stand das Land ausländischen Besuchern offen. Viele waren es nicht, die Baltistan besuchten und ihre Reiseberichte veröffentlichten. Im Vergleich zur Landkarte von John Walter vermittelten sie wesentlich weniger geographische Neuheiten. Allerdings geriet schon in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts Kashmir und damit auch Baltistan in die Interessensphäre des trigonometrischen und geographischen "Survey of India" (Keay, S. 188-193). Aus dieser Arbeit resultierende  Meßtischblätter (degree sheets) über Baltistan wurden von A. H. Francke für seine recht detaillierte historische Karte von Baltistan benutzt, die insbesondere für Historiker sehr wertvoll ist, verzeichnet sie doch die ehemaligen Teilreiche und Orte dieses Landes in der Schreibweise des klassischen Tibetisch. Diese Karte wurde 1926 veröffentlicht.

   

Abbildung 20: West-Baltistan. Ausschnitt aus der 1926 von Francke veröffentlichten historischen Karte mit Rondo (Rong-mdo), Shigar (Shi-dkar) und Skardu (sKar-rdo)

 

 

Abbildung 21: Ost-Baltistan. Ausschnitt aus der 1926 von Francke veröffentlichten historischen Karte mit Kiris (sKye-ris), Khaplu (Kha-pu-lu), Chorbat (´Chor-´bad) und Parkuta (hier Bezeichnung für Kartaksho)

 

 Die verläßlichste moderne Karte von Baltistan wurde in der Landkartenserie "India und Pakistan (Jammu und Kashmir) 1:250.000" vom Army Map Service (LU), Corps of Engineers, U.S. Army, Washington 1953 veröffentlicht. Diese Kartenserie beruht auf Karten, die 1945 und 1946 vom Survey of India publiziert wurden. Die hier relevante Karte Mundik (NI 43-3) enthält eine Karte von Baltistan, die im folgenden in Ausschnitten wiedergegeben wird.

   

Abbildung 22: West-Baltistan. Ausschnitt aus "India und Pakistan (Jammu und Kashmir) 1:250.000", Mundik (NI 43-3)

 

Abbildung 23: Ost-Baltistan. Ausschnitt aus "India und Pakistan (Jammu und Kashmir) 1:250.000", Mundik (NI 43-3)

 Anzumerken bleibt, dass mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts die Bezeichnung Klein-Tibet auf den Landkarten nach und nach gegen Baltistan ausgetauscht wurde und nunmehr der Name Klein-Tibet als Bezeichnung für Ladakh verwendet wurde.

5. Das Wissen über Baltistan bei seinen Nachbarn in Ladakh und in Zentraltibet

Dass die tibetischen Nachbarn Baltistans in Ladakh, welches im Süden und Osten unmittelbar an Baltistan angrenzt, intime Kenntnisse über dieses Land hatten, kann nicht verwundern. Der Kontakt zwischen diesen beiden Ländern war nicht nur durch intensive Handelbeziehungen geprägt. Versuche der Eroberung Ladakhs durch Baltistan und regelmäßige militärische Interventionen ladakhischer Truppen in Baltistan, insbesondere während des 18. und der ersten zwanzig Jahre des 19. Jahrhunderts, hatten ebenfalls zur Folge, dass man in Ladakh über die geographischen und politischen Gegebenheiten im Nachbarland Baltistan gut informiert war. Hinzukamen gelegentliche verwandtschaftliche Beziehungen zwischen dem Königshaus von Ladakh und den Herrscherhäusern von Skardu und Khaplu, die durch Heiraten von Prinzessinnen aus Baltistan mit Angehörigen des ladakhischen Königshauses entstanden. Einen Niederschlag gefunden haben diese Kenntnisse einerseits in der tibetischsprachigen Geschichtsschreibung über Ladakh, aber auch in Rechtsurkunden, die ladakhische Könige für die Verdienste von Kriegern in den militärischen Operationen gegen Skardu und Shigar ausfertigen ließen.

 

Abbildung 24: Herrscherurkunde des ladakhischen Königs Nyi-ma rnam-rgyal (1694-1729) aus dem Jahre 1698 mit der Erwähnung eines Krieges gegen Shigar

Nach diesen Quellen waren die sechs kleinen Königreiche von Baltistan und zahlreiche Orte dem Herrscherhaus von Ladakh gut bekannt. Insbesondere besaß man detaillierte Kenntnisse über die Verbindungswege zwischen Baltistan und Ladakh. Von den an den Grenzen stationierten ladakhischen Amtsträgern wurde das Königshaus von Ladakh über besondere Vorkommnisse in Baltistan informiert. Interessanter Weise wird die Bezeichnung sBal-ti  in ladakhischen Herrscherurkunden nur für die Bewohner der Region Skardu und der Skardu unterstellten Königreiche Kartaksho und Rondo verwendet. Der Ausdruck sBal-ti yul „Land der Balti“ kommt in diesen Urkunden nicht vor.

Anders ist dies in Werken der älteren tibetischen Geschichtsschreibung, wo sBal-ti zumeist als Landesname verwendet wird und diese Bezeichnung mehr oder minder die Region abdeckte, die wir heute als Baltistan bezeichnen. Die älteste bisher bekannt gewordenen Erwähnung von Baltistan als Land unter dem Namen sBal-ti findet sich in einem tibetischen Geschichtsbuch aus dem 12. Jahrhundert. Es handelt sich hierbei um die Chronik des berühmten Nyangrel Nyime Özer (Nyang-ral Nyi-ma´i ´od –zer), der 1124 geboren wurde und vermutlich 1192 verstarb (Dan Martin, S. 30f). In dieser Chronik werden im Zusammenhang mit Ereignissen des 10. Jahrhunderts die Namen von Ländern aufgeführt, zu denen auch Bru-sha und sBal-ti (Baltistan) gehören (Meisezahl, Tafel 330, 3, Zeile 2-3).

Roberto Vitali verdanken wir den Hinweis auf eine Inschrift im Erdgeschoß des dreistöckigen Tempels von Wanla in Ladakh, die vermutlich aus dem 13. Jahrhundert stammt. Hier wird unter anderem beschrieben, dass ein Herrscher über Teile von  Ladakh namens ´Bhag-dar skyabs den sBal-ti (Einwohnern von Baltistan) und den ´Brog-pa (Darden) die Steuerzahlungen erlassen und sie militärisch nicht angegriffen hat (Vitali, S. 387).

1996 legte Roberto Vitali die Edition und Bearbeitung der Chronik mNga´-ris rgyal-rabs „Königsgenealogie von mNga´-ris“ vor, die gegen Ende der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts von Ngawang Dragpa (Ngag-dbang grags-pa), einem Abt aus Guge, verfasst wurde. In dieser Königsgenealogie wird Baltistan zweimal erwähnt. Zunächst wird berichtet, dass der tibetische König der Yar-lung-Dynastie Khri Dus-srong (676-704) unter Anderem sBal-yul nang-gong, also Baltistan (sbal-(ti)-yul), erobert hat. Des Weiteren wird von einer erneuten Eroberung der im Westen von Tibet gelegenen Länder Baltistan (sBal-ti) und ´Bru-sha durch den König Khri-srong lde-btsan (742-ca.800) berichtet (Vitali, S. 104f).

In der 1643 vom 5. Dalai Lama (1617-1682) verfassten Chronik der tibetischen Könige (Martin, S. 107) wird über die "drei Kreise" (skor-gsum) des westtibetischen mNga´-ris berichtet. Als Teile des zweiten dieser Kreise zählt er Li (Khotan), Gru-zha und sBal-ti (Baltistan) auf (Tucci, S. 73f).

Hieraus wird ersichtlich, dass in den letzten eintausend Jahren von den Nachbarn in Ladakh und in dem weiter östlich gelegenen Teilen Tibets sBal-ti als geläufige Bezeichnung für Baltistan verwendet wurde. Aus der Yar-lung-Zeit selbst, also aus dem 6. bis 9. Jahrhundert, sind tibetische Dokumente, die Baltistan namentlich erwähnen, bisher noch nicht aufgetaucht. Es ist aber kaum anzunehmen, dass die Bezeichnung in der Yar-lung-Zeit eine andere war als eben diese, nämlich sBal-ti.

Die Nennung von Orten innerhalb von Baltistan ist in den aus West- und Zentraltibet stammenden Quellen bis heute nicht belegt. Insofern in der Fachliteratur (z. B. Vitali, S. 282: bShul-dkar = Shigar) Ortsnamen aus historiographischen Quellen angeführt wurden, die man Baltistan zuordnete, sind diese Zuordnungen als wissenschaftlich ungesichert anzusehen.

6. Baltistan und die Abenteurer des frühen 19. Jahrhunderts

Am 18. November 1835 erreichte der österreichische Weltreisende Carl Baron von Hügel (1796-1870) Shrinagar, die Hauptstadt Kaschmirs. Der österreichische Baron (Abbildung 25) reiste mit großem Expeditionsgefolge. Seine Mannschaft wurde angeführt von einem Kammerdiener, einem Tafeldecker, einem Hausknecht, einem Sekretär und einem Dolmetscher. Zum Gefolge gehörten des Weiteren ein Koch mit zwei Gehilfen, ein Gehilfe des Kammerdieners, ein Pfeifendiener, ein Trinkwassermann, ein Wasserträger, ein Schneider, ein Herold, zwei Zimmerportiere, die den Namen des Baron in Hindi und Persisch auf der Brust trugen, zwei Jäger zum Erlegen und Ausstopfen von Tieren, zwei Gebirgsbewohner zum Fangen von Schmetterlingen, zwei Gärtner zum Einsammeln von Pflanzen und Samen, zwei Zeltschläger usw. Insgesamt waren es 37 Bedienste, 60 Träger und 7 Maultiere. Weil der Baron im Hinblick auf Nahrung und Bequemlichkeit keine Entbehrungen erleiden wollte, gehörten zu seiner Ausrüstung große Zelte für ihn selbst und seine Begleiter. Daneben gab es zubereite Speisen, die in hermetisch abgeschlossene Blechdosen konserviert waren, Weine und Getränke aller Art, eingesottene Früchte, Zuckerwaren und eine indische Pfeife. Letztendlich sind hier noch Reitpferde und ein Tragsessel zu erwähnen, der von zwölf Trägern transportiert wurde (von Hügel, 1. Band, S. 24-30).

In Shrinagar konnte Baron von Hügel seine Zelte in einem großen Garten aufschlagen, der mit zwei einstöckigen, zierlichen Eckgebäuden versehen war, die über einem Teich erbaut waren. In einem dieser Eckgebäude wohnte bei der Ankunft des Freiherrn aus Österreich niemand anderes als der Engländer Godfrey Thomas Vigne (1801-1863) (Abbildung 26) der am 31. August des gleichen Jahres 1835 als erster Europäer überhaupt den Boden von Baltistan betreten hatte und anschließend nach längerem Aufenthalt in Skardu und anderen Orten drei Wochen vor der Ankunft des Barons nach Kaschmir zurückgekehrt war.

Vigne Reisegewohnheiten glichen in etwa denen des Barons aus Österreich. Nach Baltistan reiste er mit 45 Träger und 14 weiteren Bediensteten. Auf seiner Reise schickte er die Träger mit dem Küchenpersonal voraus. Er selbst folgte dann mit einer kleinen Gefolgschaft: Dem kleinen Trupp voraus wurde ein Stuhl von einem Diener getragen, dem zusätzlich Sextant, Thermometer, Zeichenmaterial und Ausrüstung zum Teekochen anvertraut waren. Diesem folgte eine Person mit Regenschirm, einem zweiten Thermometer, einem Hammer für geologische Proben, einem Teleskop und einem großen Buch zur Bestimmung von Pflanzen. Danach kam Vigne mit einem Gewehr, begleitet von einem Sekretär und Übersetzer. Den Abschluss bildete ein Pferdeführer mit einem Reitpferd (Keay, S. 90).

Kaum hatte sich der Baron aus Österreich in seinem neuen Domizil in Shrinagar niedergelassen, trat einer seiner Diener ein und berichtete, ein Engländer mit heruntergekommenem Äußeren wünschte ihn zu sprechen. Den dann eintretenden Mann beschreibt Baron von Hügel wie folgt: „Ich befahl ihn herein zu führen und sah die ausserordentlichste Figur, die ich je gesehen hatte: ein langes, weiss und rothes Gesicht, mit vorstehender Nase und Augen, einem schmutzigröthlichen langen Barte, mit weissen Haaren untermischt, die Füße mit Fetzen umwickelt, überhaupt die ganze Gestalt in höchst erbärmlichen, ekelhaften, der Tracht Thibets angehörenden Kleidungsstücken.“

Der Besucher, der eigentlich Vigne sprechen wollte, war Dr. John Henderson, eine Arzt und Abenteuerreisender, der nach seiner Flucht aus Ladakh ohne Begleitung sich nach Baltistan durchgeschlagen hatte und von dort aus mit Hilfe von Ahmad Shah schließlich bis Shrinagar gelangt war, wo er am gleichen Tag wie der Baron eintraf. So traf Baron von Hügel am Tag seiner Ankunft die beiden einzigen Europäer, die kurz zuvor erstmals Baltistan betreten hatten.

   

Abbildung 25: Carl Baron von Hügel

 

Abbildung 26: Godfrey Thomas Vigne. Im Hintergrund das Skardu-Tal mit dem berühmten Felsen von Skardu

Die drei Herren, die sich nunmehr in Shrinagar getroffen hatten, kamen sehr gut miteinander aus, obwohl die Unterschiede ihrer Persönlichkeiten außerordentlich groß waren. Baron von Hügel behielt einfach seinen aus Österreich gewohnten Lebensstiel in jeder Hinsicht bei und reiste durch das ihm wildfremde Land wie ein kleiner König. Von Vigne ist immerhin bekannt, dass er gelegentlich indisches Essen zu sich nahm, und Dr. Henderson? Von Hügel hat ihn wie folgt beschrieben: „Dr. Henderson ist jedoch zum Reisen geschaffen. Sein Geist verfolgt rücksichtslos das vorgesteckte Ziel, unbekümmert um die Bedürfnisse des Körpers; durch Mangel und Entbehrung wird keine seiner Fähigkeiten gelähmt; womit er seinen Magen füllt ist ihm gleichgültig, wo er liegt, was er trägt, ebenfalls. Wasser zum Waschen bedarf er nie, und seine Haut ist unempfindlich gegen den Biss der Insekten. Diese Letzteren, welche sichtlich an ihm zehrten, verhinderten mich, ihm ein Bett und einen Theil meines Zeltes anzutragen; allein ein paar Decken Kaschmir´s, die ich nachher wegschenkte, und der Platz in dem ersten Stocke des Hauses, waren ihm lieber.“ (von Hügel, 1. Band, S. 255f)

Am 21. November lud Baron von Hügel zu einem fürstlichen Abendessen ein. Serviert wurde eine Hasen-Suppe, frischer Salmen, rote Rebhühner und Schinken vom wilden Eber des Himalaya. Nachdem Dr. Henderson die Suppe zu sich genommen hatte und der Salm serviert war, entdeckte Dr. Henderson eine scharfe Chutney-Sauce, die auf dem Tisch stand. Mit dem Ausruf, „O Tschitni! von allen Entbehrungen war es die größte, als mein Vorrat daran zu Ende war“, goss er soviel von der scharfen Chutney-Sauce über den Fisch, bis dieser ganz davon bedeckt war und aß anschließend mit einem Löffel den ganzen Teller leer. Der österreichische Baron war fassungslos und merkte in seinem Buch hierzu an: „Ich schloss übel daraus auf seine Gesundheit, denn dieser Abwesenheit des Geschmackes und des Effektes einer so brennenden Speise deutet auf einen zerstörten Organismus hin.“

Am 3. Dezember 1835 reiste Baron von Hügel von Shrinagar ab. Dr. Henderson hatte den Ort einen Tag vorher verlassen. Wenige Tage zuvor hatte der Baron noch den „grandiosen“ Vorschlag gemacht, dass Zusammentreffen der drei Abenteurer mit einer Inschrift auf einer Marmorinschrift zu verewigen, die dann in einem kleinen Gebäude der Insel Char Chinar (Tschar Tschunar) des Dal-See aufgestellt werden sollte. Zum Text für die Inschrift machte der Baron folgenden Vorschlag, der letztlich von den beiden anderen Abenteurern akzeptiert wurde (von Hügel, 2. Band, S. 302f):

Drei Reisende, die sich am 18. November 1835 in Kaschmir zusammen fanden:
Baron Ch. Hügel von Jommuh,
Th. G. Vigne von Iscardu,
Dr. John Henderson, von Ladakh
Kommend, haben die Namen jener Reisenden in diese Marmortafel eingraben lassen, welche vor ihnen das Thal besuchten.
Bernier 1663
Forster 1786
Moorcroft
Guthery 1823
Trebeck
Victor Jacquemont 1831
Joseph Wolff 1832
Nur zweien gelang es, ihr Vaterland wiederzusehen: Dem Ersten und Letzten.

Die Tafel, deren Text vermutlich in Englisch verfasst war,  war bei der Abreise des Barons noch nicht fertiggestellt. Zudem war  ihre Aufstellung an die Zustimmung des in Lahore residierenden Maharāja des Punjab Ranjit Singh gebunden. Als Vigne 1837 erneut nach Kaschmir kam, war sie zwar angefertigt,  aber nicht öffentlicht aufgestellt. Vigne veranlasste, dass sie an einer Mauer (wo?) befestigt wurde (Vigne, S. 107f). Bei seinem Besuch 1839 war sie dort noch vorhanden.

In dieser Nennung von Personen auf der Marmortafel fehlt der Name einer Person, dessen einfache Art zu reisen selbst einem Dr. Henderson Respekt abgerungen hätte. Dies war Alexander Csoma de Körös (1784-1842), ein Ungar, der zu Recht als Begründer der wissenschaftlichen Tibetforschung angesehen wird. Csoma de Körös (Abbildung 27) hatte seine philologische Gundausbildung in Ungarn absolviert und studierte vom 1. August 1815 bis zum 5. September 1818 in Göttingen. Nach dem erfolgreichen Abschluss seines Studiums kehrte er nach Ungarn zurück, wo ihm eine Professur angeboten wurde. Csoma de Körös schlug dieses Angebot aus und verlies 1919 Ungarn um nach der Urheimat der Ungarn in Zentralasien zu suchen. Csoma de Körös reiste ohne irgendwelche Begleitmannschaft teilweise zu Fuß, schloss sich Karawanen an und erreichte am 14. Oktober 1820 Teheran. Am 6. Januar 1822 finden wir ihn in Kabul, wo er sich immerhin zwei Wochen aufhielt. Sein Reiseweg führte ihn nach Lahore und anschließend nach Kaschmir, wo er am 17. April 1822 eintraf. Am 9. Mai 1822 verließ er Kaschmir mit einer Reisegruppe, die aus vier Personen bestand und kam am 9. Juni in Leh an. Von hier aus wollte er eigentlich nach Yarkand weiterreisen. Er war also immer noch auf der Suche nach der Urheimat der Ungarn.

Csoma de Körös blieb 25 Tage in Leh. Hier hatte man ihn überzeugt, dass eine Weitereise nach Yarkand zu schwierig, zu gefährlich und für ihn zu teuer wäre. So beschloss er nach Lahore zurückzukehren. Auf dieser Rückreise traf er am 16. Juli 1822 an einem Ort, den er selbst als Himbabs erwähnt, den berühmten englischen Forschungsreisenden William Moorcroft (Abbildung 28).

Mit Moorcroft ist ein weiterer Reisender genannt, der für die beginnende Forschung über Baltistan von Bedeutung war. Anders als Csoma de Körös reiste Moorcroft mit einem völlig anderen wirtschaftlichen Hintergrund. Baron von Hügel hat dies wie folgt beschrieben (von Hügel, 2. Band, S. 16f): „Im Jahre 1820 erhielt Moorcroft, welcher damals die Stelle eines Oberaufsehers des Gestütes in Bengal, Buxar gegenüber, bekleidete, den Auftrag, Central-Asien neuerdings zu bereisen. Die ostindische Kompagnie überliess, mit der ihr dazumal eigenen Freigebigkeit, die Ausrüstung der Reise gänzlich seinem Ermessen, und gestattete ihm, die Summen, deren er bedürfen würde, auf die Kompagnie zu ziehen. Moorcroft nahm zwei junge Männer mit sich, Trebeck und Guthery, und begann seine abenteuerliche Reise mit Lahor. … Unter der Maske eines Pferdehändlers zog Moorcroft, mit einem glänzenden Gefolge, über Belaspur und Mandi nach der Festung Dankar, und erreichte Ladhak.“

   

Abbildung 27: Alexander Csoma de Körös

 

Abbildung 28: William Moorcroft (links)

Csoma de Körös kehrte mit Moorcroft nach Leh zurück. Moorcroft betrachtete die ursprünglichen Absichten von Csoma de Körös als „obscure points of Asiatic und European history“ und tat alles, um den talentierten Ungarn zu bewegen, die tibetische Sprache und Literatur zu erforschen. Letztendlich folgte Csoma de Körös der Anregung Moorcroft und verbrachte, unterstützt durch ein winziges Stipendium der englischen Behörden, die nächsten Jahre in Zanskar und an anderen Orten des Himalaya, um seine Tibetstudien mit der Hilfe tibetischer Gelehrter durchzuführen. Gegen Ende des Jahres1831 reiste er nach Calcutta, wo unter anderem die zur Publikation fertigen Manuskripte einer Grammatik der tibetischen Schriftsprache und eines tibetischen Wörterbuchs vorlegte. Beide erschienen 1834.

Gehen wir nach dem Datum der Veröffentlichung, so war Csoma de Körös der erste, der Informationen über Baltistan veröffentlichte, die über das von Bernier Mitgeteilte hinaus gingen. Es handelt sich um den Aufsatz „Geographical Notice of Tibet“ der im ersten Band des. Journal of the Asiatic Society of Bengal 1832 erschien. Csoma erwähnt Baltistan im Kontext einer noch heute lesenswerten Beschreibung des tibetischen Hochlands mit den Bezeichnungen (S. 121f und S. 125) Beltistan, Little Tibet und Belti-yul als nordwestlichster Teil von Tibet, in dem das Tibetische als Landessprache gesprochen wird und dessen Einwohner dem Islam angehören. Er erwähnt, dass das Land von mehreren Herrschern (chiefs) regiert wird, von denen der von Kardo (Skardu) der mächtigste sei. Nach dieser Darstellung regierten die Führer von Kyeré (Kiris), Kuru und einigen andere Landesteilen in Abhängigkeit von Skardu während der Herrscher von Shigár in wechselnder Allianz mit Skardu und Ladakh regierte. Die weiteren Informationen von Csoma betreffen den Anbau von Nutzpflanzen (er erwähnt auch den Weinanbau), die Goldgewinnung und die Handelsverbindungen. Csoma de Körös hatte zwar Baltistan nicht bereist, muss aber über dieses Land wie auch über andere Landesteile Tibets eifrig Informationen gesammelt haben.

Ein Jahr später 1833 erschien ein Artikel im Journal of the Asiatic Society, der einen Aspekt der Geschichte Baltistans betraf, welcher die Abenteuerreisenden besonders beschäftigte. Es handelt sich um die Frage ob der griechische König Alexander der Große (356 – 323 v. Chr.) Baltistan erreicht habe. Der Verfasser dieses Artikels, der unter dem Titel „On the reputed Descendants of Alexander the Great, in the Valley of the Oxus” veröffentlicht wurde, war der Abenteurer Alexander Burnes (1805-1841) (Abbildung 29), der 1832/33 über Afghanistan bis Bukhara (im heutigen Uzbekistan gelegen) und Persien gereist war und 1834 eine dreibändiges Werk über seine Reise veröffentlichte, dass sich als Bestseller verkaufte und schon 1835 in deutscher Übersetzung erschien. In seinem Artikel im Journal of the Asiatic Society, der eigentlich nicht mehr als der Vorabdruck eines Kapitels aus seinem 1834 erschienenen Buch ist, berichtet Burnes (S. 306f) : „The chief of Iskardo occupies a singular fortress on the Indus and North-East of Kashmír, which he has the hardihood to assert was constructed in the day of Alexander himself! This country borders on Little Thibet of Baltí. … It may therefore be supposed, that the dynasty which succeeded Alexander in his empire ascended the valley of the Oxus, the fertility of which would attract them. They would then be conducted by Chitral and Iskardo into Balti or Little Thibet, and the neighbourhood of Kashmír, and we may perhaps account for the early civilization of that beautiful valley in such a migration of Grecian colonists.”

   

Abbildung 29: Alexander Burnes

 

Abbildung 30: Victor Jacquemont

Diese fantastische Geschichte von Alexander dem Großen und Baltistan hatte schon William Moorcroft beschäftigt. Moorcroft dachte, dass Iskardu möglicherweise mit der von Alexander dem Großen gegründeten Stadt Iskandaria gleich zusetzen sei (Moorcroft, S. 261f). Er, der Baltistan niemals betreten hat, führte von Ladakh aus eine Korrespondenz mit Ahmad Shah, dem Herrscher von Skardu, in der er bei diesem anfragte, ob in Skardu irgendwelche Relikte der Griechen, seien es Waffen oder Bücher in griechischer Sprache, zu finden seien (Wade, S. 590). Nebenbei bemerkt sind die Vokale in den Bezeichnungen von Skardu wie Iskardo, Eskerdou oder Askardu durch Personen außerhalb von Baltistan darauf zurückzuführen, dass ihre Muttersprachen eine Doppelkonsonanz wie sk im Wortanlaut nicht kennen und diese somit automatisch dieser Bezeichnung einen Vokal voransetzten.

Das Märchen von der Verbindung von Skardu mit Alexander dem Großen wurde dann in einem von C. M. Wade 1829 verfassten aber erst 1834 veröffentlichten Artikel festgeschrieben. Auf diesen sehr bedeutsamen Artikel werden wir noch sprechen kommen. Hier sei nur notiert, was Wades über Alexander den Großen feststellte (Wade, S. 592): „The tradition is, that Alexander the Great came here on a expedition towards Khatá or Scythia (modern China), and that the Koteli Musták, or Musták mountains, which lie between Yárqand and Khatá, being at that time impassable, on account of depth and severity of snow, the Macedonian halted on the present site of the capital, until a road could be cleared for his passage; when, leaving every part of his superfluous baggage, together with the sick, old and infirm of his troops behind, in a fort which he erected while there, he advanced against Khatá. These relics of the army founded a city, which they named Iskandariá, or Alexandria, now pronounced Iskárdoh.”

Vigne hat während seiner Besuche in den Jahre 1835 und 1837 Ahmad Shah (Abbildung 4), den damaligen Herrscher von Skardu,  zu der Behauptung befragt, dass er und andere Herrscher der umliegenden Länder für sich eine Abstammung von Alexander dem Großen in Anspruch nehmen. Die Antwort von Ahmad Shah hierauf wird von Vigne wie folgt wiedergegeben (Vigne, S. 249): „Ahmed Shah was aware of the tradition, but said that there was no reason for it within his knowledge.“ Es hat als sicher zu gelten, dass Ahmad Shah selbst erst durch die Korrespondenz mit Moorcroft von der Existenz eines Alexander des Großen überhaupt erfahren hat. Das von den Abenteuerreisenden in die Welt gesetzte Märchen von Baltistan und Alexander dem Großen wurde meines Wissens außer von Biddulph (S. 146) und Jane E. Duncan (1906, S. 209) in der Folgezeit nicht mehr wiedergegeben. Dafür wurde ein weiteres Märchen, welches wohl Cunningham in die Welt setzte, weiterverfolgt, nämlich die Identifizierung von Baltistan mit Bolor.

Im Jahre 1835 veröffentlichte Captain Claude Martine Wade (1794-1861) im 4. Band des Journal of the Asiatic Society of Bengal seine Notizen über das Territorium und die Regierung von Skardu. Dieser bedeutsame Artikel beginnt mit der Veröffentlichung einer Korrespondenz, die Wade mit Ahmad Shah, dem Herrscher von Skardu, in den Jahren 1829, 1831 und 1834 geführt hatte.

Wade, dessen Biographie im Dictionary of National Biography (Lee, S. 411ff) nachzulesen ist, war nach über zehn Jahre aktiven militärischen Dienst in der britischen Armee in Indien im Jahre 1823 nach Ludiana abkommandiert worden, wo er bis 1840 als „Political Agent to the Governor-General for the Affairs of the Punjab and North-West Frontier“ tätig war. Er war ein geschickter Diplomat und hauptverantwortlich für die diplomatischen Beziehungen zwischen den Briten und dem Mahārāja Ranjit Singh, dem Sikh-Herrscher des Punjab, der in Lahore residierte und der in den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts auf dem Zenit seiner Macht stand. 1827 bereiste Wade den Punjab im Auftrag von Earl Amherst, damals Governor-General of India, woraufhin ihm Amherst die gesamte politische Verantwortung für die Beziehungen der Briten mit dem Punjab übertrug. Die oben genannten Abenteuerreisenden der dreißiger Jahre erhielten alle ihre Reisegenehmigungen für Kashmir und den Punjab über das Büro von Captain Wade.

Wades Interesse an Baltistan wurde spätestens im Jahre 1929 geweckt, als Charágh Ali, ein Bote von Ahmad Shah, des Herrschers von Skardu, bei ihm erschien und einen Brief seines Herrn überbrachte. Ahmad Shah, der zuvor mit dem in Ladakh weilenden Moorcroft korrespondiert hatte, versuchte angesichts der offenkundigen Bedrohung seines Landes durch die Sikhs des Punjab, die mittlerweile Kashmir erobert hatten, Kontakt zu der aufsteigenden britischen Macht in Indien herzustellen. Der Schriftverkehr zwischen Ahmad Shah und Wade wurde unter strengster Geheimhaltung geführt. Die Briefe Ahmad Shahs, die Wade 1835 in englischer Übersetzung mit seinen Antworten publizierte, waren auf die Größe eines Rupien-Geldscheins gefaltet, von einem Stück Leder umwickelt und wurden im Ärmel des Boten versteckt transportiert. Auf jeden Fall sollte vermieden werden, dass sie in die Hände von Ranjit Singh oder des Königs von Ladakh fielen.

Das Antwortschreiben von Wade ist auf den 22. August 1829 datiert und enthält im Wesentlichen nur diplomatische Höflichkeitsfloskeln. Tatsächlich wurde die eigentliche Kommunikation durch mündliche Fragen und Mitteilungen geführt, die Charágh Ali dem Herrscher von Skardu überbrachte. Wade war an Information über Baltistan und seine Nachbarländer interessiert und Ahmad Shah teilte in seiner darauffolgenden Antwort mit, dass er Leute ausgeschickt habe, um die von Wade erbetenen Informationen zu beschaffen. Wades Interesse an Baltistan war so groß, dass er 1831 den französischen Abenteurer und Botaniker Victor Jacquemont (1801-1832) (Abbildung 30) drängte, eine Expedition nach Baltistan zu unternehmen.

Victor Jacquemont erreichte 1831 Kaschmir, wo er sich einige Monate aufhielt. Hier erhielt er den Besuch von zwei Abgesandten von Ahmad Shah, nämlich von Charágh Ali und Názim (Nasim Khan), die ihm einen Brief des Herrschers von Skardu überbrachten. Ahmad Shah lud Jacquemont nach Baltistan ein, doch dieser war weder an Kontakten mit ihm noch an einer Reise nach Baltistan wirklich interessiert. Über diesen Kontakt hat Jacquemont in einem Brief an seinen Vater vom 11. Juni 1831 ausführlich berichtete (Jacquemont, Vol. II, S.100ff). Um sich den Brief Ahmed Shahs übersetzen und eine Antwort formulieren zu lassen, nahm er absichtlich die Hilfe eines Mannes in Anspruch, von dem er wusste, dass er als Spion für Ranjit Singh arbeitete. Jedenfalls ist es von daher nicht verwunderlich, dass die folgenden Briefe, die Ahmad Shah an Jacquemont schickte, von einer Ausnahme abgesehen, den Adressaten nicht mehr erreichten.

Captain Wade sammelte über die Befragungen von Charágh Ali detaillierte Informationen über Baltistan, die er in gegliederter Form in seinen oben erwähnten Notizen im Jahre 1835 veröffentlichte. Diese Veröffentlichung stellt auch heute noch eine wichtige Quelle für die Baltistan-Forschung dar.

Vor seiner ersten Reise nach Kashmir hatte Godfrey Thomas Vigne von Captain Wade im Jahre 1835 die Empfehlung erhalten, von Kaschmir aus nach Iskardo (Skardu), dem Hauptort von Klein-Tibet, weiterzureisen. Wade las Vigne aus einem Schreiben vor, welches er von Ahmad Shah erhalten hatte und in welchem dieser darum bat, dass ein englischer Sahib ihn besuchen möge. Das genannte Schreiben hatte Captain Wade 1834 erreicht und war von Nasim Khan als Boten überbracht worden. Wade hatte Ahmad Shah auf diese Bitte hin in einem Schreiben vom 22. Februar 1834 ausweichend geantwortet und war offenkundig erleichtert, nunmehr ein Jahr später jemanden gefunden zu haben, der sofort bereit war, als Privatmann nach Baltistan zu reisen. Dass Captain Wade diese Reise im Hintergrund organisierte, steht außer Frage. Dies betraf insbesondere die Zustimmung von Ranjit Singh zu dieser Reise, die Vigne nach seiner Ankunft in Kashmir schriftlich erreichte. Begleitet wurde Vigne auf dieser Reise von Nasim Khan, der ihn in Bonakot mit einem Einladungsschreiben von Ahmad Shah erwartet hatte. Vigne reiste 1837 ein zweites Mal, wieder in Begleitung von Nasim Khan, nach Baltistan.

Seine Erlebnisse auf dieser Reise publizierte Vigne in einem zweibändigen Werk im Jahre 1842, zu einer Zeit also, als Baltistan längst von den Dogra-Truppen erobert und Ahmad Shah von Zorowar Singh nach Tibet verschleppt worden war. Vignes in gewisser Hinsicht etwas chaotischen Beschreibungen der Verhältnisse in Baltistan wie auch die nach seinen Angaben erstellte Baltistan-Karte (siehe Abbildung 19) sind auch heute noch für die weitere Erforschung der Gegebenheiten und der Geschichte dieses Landes von Bedeutung.

Ein Jahr vor dem Erscheinen von Vignes Reiseerlebnissen hatte Horace Hayman Wilson 1841 die Aufzeichnungen von William Moorcroft and George Trebeck über ihre Reisen in den Jahren 1819-1825 in zwei Bänden herausgegeben. Moorcrofts Interesse galt vornehmlich Ladakh. Er hat Baltistan nie besucht, führte aber einen Schriftverkehr mit Ahmad Shah von Skardu. Das 6. Kapitel des 2. Bandes enthält eine Beschreibung der Länder in der Nachbarschaft von Kaschmir und Ladakh, wozu auch Baltistan gehörte. Moorcrofts Darlegungen belegen, dass zu Beginn der zwanziger Jahre Kartakshe (Kartaksho), Kafalun (Khaplu), Kiris, Kardo (Skardo), Shigar, Rundu (Rondu) sowie Níl und Hasora unter der Vorherrschaft von Ahmad Shah standen. Nagar und Hounz (Hunza) beschreibt er als unabhängige Staaten. Interessant ist sein Hinweis, dass Nagar auch als Burshal bezeichnet wird, weil damit die übliche Identifizierung der tibetischen Bezeichnung Bru-shal mit Gilgit in Frage gestellt wird. Moorcrofts Bemerkung entspricht dem Sprachgebrauch im Shigar Nâma (Bhrouz, S. 58 und 62), wo Kilkit (Gilgit) und Barshal (Bru-shal) als unterschiedliche Gebiete aufgeführt werden.

7. Forscher und Reisende von 1845 bis zur 1.Hälfte des 20. Jahrhunderts

Abbildung 31: Das Skardu-Tal nach Thomas Thomson. Im Hintergrund die Schneeberge des Karakorum 

 Nach den Abenteurern kamen zunächst die Forscher. Die vierziger Jahre des 19. Jahrhunderts brachten erhebliche Veränderungen für Baltistan. Das Land gehörte nun zu Jammu und Kashmir, welches unter britischer Suzeränität von Mahâraja Gulab Singh regiert wurde. 1846 wurde von der britischen Verwaltung eine Kommission entsandt, die die Grenze zwischen Spiti, welches dem britischen Territorium zugeordnet wurde, und Ladakh festlegen sollte. Diese Kommission bestand aus Alexander Cunningham (1814-1893) und Vans Agnew (1822-1848). Am 2. August 1847 brach eine zweite Kommission, die aus drei Personen bestand, auf Befehl des Governor-General von British-Indien von Shimla aus nach Ladakh auf, um die Grenze zwischen Ladakh und Tibet festzulegen. Zu dieser Gruppe gehörte wiederum Captain Alexander Cunningham und der Botaniker Dr. Thomas Thomson und der Geograph Lieutenant Henry Stratchey (Abbildung 32: Karte des Reiseweges von Thomson zum Karakorum-Pass1816-1912).

Cunningham (Abbildung 34) nutzte seine Aufenthalte in Ladakh für eingehende Studien, die er 1854 unter dem Titel „Ladák, Physical, Statiscal, and Historical ; with Notices of the Surrounding Contries“ veröffentlichte. Für die Baltistan Forschung sind Cunninghams Erläuterungen zur Geographie und Geschichte der Königreiche Khapolor (Khaplu), Keris (Kiris), Parguta (Khartaksho), Shigar, Skardu und Rondu von Bedeutung.

Von besonderem Interesse sind die von ihm aufgeführten genealogischen Herrscherlisten dieser kleinen Königreiche. So findet sich zum Beispiel eine Lister der Herrscher von Khaplu, die 67 Personennamen umfasst. Bei einigen dieser Listen gibt Cunningham auch seine Quellen an. So stammt die Liste der Herrscher von Shigar, die 27 Namen umfasst, von Sulimán Khan, der von Cunningham als „present chief of Shigar“ bezeichnet wird. Bei der Liste der Herrscher von Kiris gibt er den „present chief“ Kuram Ali Khan als Quelle an. Cunningham, der Baltistan niemals besucht hat, war natürlich kein Historiker im heutigen Sinn. Dass für die Liste der Herrscher von Shigar seine Informanten mit Sicherheit selbst schriftliche Aufzeichnungen benutzt haben, hat Cunningham offensichtlich nicht interessiert. Auf die Idee, diese Aufzeichnungen als Quellen zu sichern, ist er erst gar nicht gekommen. Für die Geschichtsforschung ist dies deshalb ein Problem, weil diese Quellen möglicherweise inzwischen verloren gegangen sind.

Noch fataler waren die Auswirkungen seiner seltsamen Idee, jedem dieser Herrscher eine frei erfundene Jahreszahl als Antrittsjahr der Herrschaftsausübung zuzuordnen. Der willkürliche Umgang mit Datierungen prägte unglücklicher Weise die weitere Geschichtsschreibung über Baltistan bis in die heutige Zeit. Die bis heute fehlende Edition relevanter historischer Quellen zur Geschichte Baltistans nahm bei Cunningham ihren Anfang. 

1852 veröffentlichte Thomas Thomson die Beschreibung seiner Reise, die er als Mitglied der britischen Grenzkommission 1846, 1847 und 1848 unternahm und die ihn auch nach Baltistan führte, wo er einen ganzen Winter in Skardu verbringen musste, da die über Ladakh geplante Rückreise an den Wetterverhältnissen scheiterte. Thomsons Beobachtungen waren insbesondere für Geologen und Botaniker von Interesse.Thomsons besondere Aufmerksamkeit galt jedoch auch der gigantischen Bergwelt des Karakorum im Norden Baltistans mit seinen Gletschern und Pässen nach Yarkand.

Vigne hatte schon den Plan gehabt, die beiden wichtigsten Pässe, die von Batistan nach Yarkand führen, nämlich den westlich gelegenen Mustagh-Pass und den östlich gelegenen Karakorum-Pass zu erreichen. Während er den vom Shigar-Tal aus zu erreichenden Mustagh-Pass wegen der Wetterverhältnisse erst gar nicht in Angriff nehmen konnte, scheiterte auch sein Versuch den Karakorum-Pass zu erreichen.

Letzteres gelang Thomson im August 1848. Die Reise dorthin und die von ihm durchreiste Gletscherwelt des Karakorum hat er im 14. Kapitel seines Buches beschrieben. Sven Hedin (S. 201) hat Thomsons Reisebericht wie folgt charakterisiert: „It is not exaggerated to say that Dr. Thomson´s journey is one of the most important and successful ever undertaken against the secrets of the highest mountain-land of the earth.”

Im Zentrum des Interesses der Forschungen der nächsten 70 Jahre standen nun, was Baltistan betrifft, die Gletscher und Bergmassive des Karakorums. Die Vermessung der Berge dieses riesigen, höchsten Gebirgslandes der Welt lag in der Verantwortung des Great Trigonometrical Service of India, wobei die für Kashmir zuständige Abteilung von Thomas George Montgomerie (1830-1878) geleitet wurde. Den Vermessungsingenieuren gelang es, die Höhenbestimmungen der höchsten Berge des Karakorum mit erstaunlicher Präzision durchzuführen.

Die Liste der Namen derer, die sich bei diesem Projekt besonders hervortaten, beginnt mit den Brüdern Schlagintweit (Abbildung 35). Im Sommer 1856 erreichte Adolph Schlagintweit den Mustagh Pass. Eine weitere Überquerung war nicht möglich, so dass er nach Shigar und Skardu zurückkehrte. In etwa zur gleichen Zeit erreichten seine Brüder Hermann und Robert Schlagintweit den Karakorum Pass. Der erstaunliche Umfang der Erkundungsreisen, die die Brüder Schlagintweit in diesen Jahren insbesondere auch in Tibet unternahmen, und die Fülle des Materials, das sie auf diesen Reisen sammelten, wurde von keinem der Nachfolgereisenden jemals wieder erreicht.  

 

Abbildung 33: Berge und Gletscher des Karakorum

Ein weiterer führender Explorer dieser Unternehmung war Henry Haversham Godwin-Austen (1834-1923) (Abbildung 36). Sven Hedin (S. 253) erwähnt ihn im Hinblick auf die Exploration des Karakorum als eine wirklich große, Epoche machende Persönlichkeit. Godwin-Austen  startete seine Explorationreise am 5. August 1860 in Kiris. Eine Beschreibung und Würdigung der Ergebnisse seiner 1861 fortgeführten Explorationen kann man bei Sven Hedin (S. 233-238) nachlesen. Er selbst veröffentlichte sie in einem Artikel "On the Glaciers of the Mustakh Range", der im 34. Band des "Journal of the Royal Geographical Society" zusammen mit einer Karte der Gletscher der Mustagh-Gebirgskette erschienen ist. Conway (S. 454) hat den vom K2 herabfließenden Teil des Baltoro-Gletschers zu seinen Ehren als "Godwin-Austen glacier" benannt. Das Kartenwerk India and Pakistan 1.250.000 (NI 43-4) bezeichnet den K2, den zweithöchsten Berg der Welt, als "Mount Godwin Austen".

      

Abbildung 34: Alexander Cunningham

 

Abbildung 35: Robert, Adolph und Herrmann Schlagintweit

 

Abbildung 36: Henry Haversham Godwin-Austen

Von den nachfolgenden Erforschern des Karakorums seien hier nur zwei erwähnt, da ihnen außerordentliche Bedeutung zukommt. Der erste ist Sir William Martin Conway (1856-1937). Seine Expedition des Jahres 1892 bedeutet die erste wirklich systematische Erforschung des Karakorum und zahlreicher seiner Berge und Gletscher. Sven Hedin schreibt hierzu (S. 427): „In 1892 Sir Martin Conway started for our regions, accompanied by M. McCormik, M. Zubriggen, M. Roudeboush and Lieuntnant C. G. Bruce. In all he spent 84 days on snow and glacier, and explored in their whole length the three longest known glaciers in the world outside the polar regions. … Every one of Conway´s successors in this field had to follow his maps and add detail to them.” Zur Veranschaulichung  seiner Beobachtungen veröffentlichte er in seinem 1894 erschienen Werk “Climbing and Explorations in the Karakorum-Himalayas“ 300 handgemalte Illustrationen, die A. D. McCormick anfertigte, die aber bei weitem nicht in der Qualität an das heranreichten, was die Brüder Schlagintweit der Nachwelt überliefert hatten

   

Abbildung 37: Der Baltoro-Gletscher nach Conway, S. 456

 

Abbildung 38: Der Baltoro-Gletscher nach Conway, S. 458

 Der zweite Forscher, der hier besondere Erwähnung verdient, ist Filippo De Filippi. Er unternahm zwei Reisen nach Baltistan und zum Karakorum, über die er zwei bemerkenswerte Bücher publiziert hat. Die erste Reise fand 1909 statt und stand unter der Leitung des Duca degli Abruzzi, dessen Interesse der Exploration des K2, seiner Gletscher und der südlich, westlich und östlich davon gelegenen Bergmassive des Karakorum galt. Das umfangreiche Bildmaterial, das man von dieser Reise mitbrachte, waren nunmehr Photos. Eines der Ziele war es, die damals neu entwickelte Methode der Photogrammetrie zur Erstellung exakter Karten anzuwenden. Die Ergebnisse dieser Forschungsreise veröffentlichte De Filippi im Jahre 1912.

   

Abbildung 39: Bergwelt des Karrakorum 1909 von Rdokass aus photographiert (Philippi (1912), S. 201)

 

Abbildung 40: Die Expedition des Duca degli Abruzzi 1909 auf dem Godwin-Austen-Gletscher (Philippi (1912), S. 259)

1913/1914 unternahm De Filippi eine zweite Reise, die diesmal vom König von Italien und privaten Mäzenen finanziert wurde. Diese Reise führte ihn nicht nur nach Baltistan, wo die Expedition einen ganzen Winter verbrachte, sondern auch nach Ladakh. Von dort aus wurde die Reise über den Karakorum-Pass nach Zentralasien fortgesetzt. Die 1923 zunächst in italienischer Sprache veröffentlichten Berichte und photographischen Dokumentationen De Filippis und seiner mitreisenden Kollegen sind auch heute noch für die Baltistan-Forschung eine wichtige Quelle.

Im Hinblick auf den neueren Stand der Erforschung der Bergwelt und Gletscher des Karakorum sei auf eine von K. J. Miller herausgegeben zweibändige Aufsatzsammlung verwiesen, die 1984 unter dem Titel "The International Karakoram Project" erschienen ist.

Als Reisende, die sich mehr für den von Menschen besiedelten Teil von Baltistans interessierten und über ihre Reisen dorthin publizierten, seien hier Fredric Drew mit seinem geographischen Bericht über die Gebiete von Jammu und Kaschmir (The Jummoo and Kashmir Territories. A Geographical Account), E. F. Knight, Major J. Biddulph, Károly Jenö Ujfalvy, Algernon Durand und Arthur Neve genannt, deren auch Baltistan betreffende Publikationen im Literaturverzeichnis aufgeführt werden. Major Athur Neve veröffentlichte auch einen Reiseführer, der unter dem Titel "The Tourist´s Guide to Kashmir, Ladakh Skardo, &c." in zahlreiche Auflagen (mir liegt die 18. Auflage vor) erschienen ist. Dieser Touristenführer aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist für die Baltistanforschung deshalb von großer Bedeutung, weil er die alten Wegebeziehungen zwischen den einzelnen Orten Baltistans im Detail beschreibt. Entsprechendes gilt auch für das 1940 erschiene Buch "In the Land of Kashmir, Ladakh & Gilgit" von R. C. Arora.

Eine besondere Erwähnung verdient hier das Buch "A Summer Ride through Western Tibet", welches von Jane E. Duncan (1848-1909, Abbildung 41) über ihre 1904 unternommene Reise nach Ladakh und Baltistan im Jahre 1906 veröffentlicht wurde. Im Unterschied zu den meisten männlichen Baltistan -Reisenden reiste sie nicht im Eiltempo durch Baltistan, sondern nahm sich die Zeit, länger an verschiedenen Orten zu verweilen. So dauerte Ihr Aufenthalt in Khaplu mehr als drei Wochen. Ihr Reisebericht ist sehr einfühlsam geschrieben und enthält zahlreiche Beobachtungen, die für die Baltistan-Forschung heute noch eine wichtige Quelle darstellen. Zu erwähnen sind hier unter Anderem ihre Beschreibung des Buddha-Felsreliefs, das bei Skardu unweit der Straße zum Satpara-See gelegen ist, und ihre hartnäckigen Bemühungen, zu den Inschriften dieses Reliefs eine lesbare Entzifferung zu präsentieren.

         

Abbildung 41: Miss Jane E. Duncan (1848-1909) 

 

Abbildung 42: August Hermann Francke (1870-1930)

 

Abbildung 43: Yoseb Gergan

 

Abbildung 44: Luciano Petech (1914-2010)

8. Moderne Geschichtsforschung, Archäologie, Sprachforschung, Volksliteratur und Ethnologie

Im Sommer des Jahres 1904 kam es in Ladakh zu einer bemerkenswerten Begegnung zwischen Miss Duncan und einem deutschen Missionar, über die wir in Miss Duncans Buch folgendes lesen: „ I had heard that the Rev. A. H. Francke, the Moravian missionary at Khalatse, was an authority on Tibetan subjects, so I called on him immediately, as I was thirsting for information about many things I had seen and heard on my journey of which I could get no explanation, and to my joy found that I had come to the right quarter to have my craving satisfied…. Mr. Francke kindly acted as my guide on several occasions…” Nach Europa zurückgekehrt schrieb Miss Duncan an Francke einen Brief, in dem sie über ihr Problem bei der Entzifferung der Inschriften des Felsreliefs bei Skardu berichtete. Francke besorgte eine neue Abschrift der drei Inschriften, die dann Miss Duncan mit Franckes Übersetzung in ihrem Buch veröffentlichte.

Der hiermit genannte Missionar August Hermann Francke (1870-1930, Abbildung 42) hielt sich mit einigen Unterbrechungen zwischen 1896 und 1911 als Missionar in Ladakh auf. Sein wissenschaftliches Interesse galt vornehmlich der Geschichte und der Volkskultur Westtibets. In gewisser Weise trat er, was die Beschäftigung mit Ladakh angeht, in die Fußstapfen von Alexander Cunningham. Im Unterschied zu Cunningham war er aber ein ausgezeichneter Kenner der tibetischen Sprache und richtete sein Interesse auf die schriftlich vorliegenden Quellen, seien es historiographische Werke oder Inschriften, ohne dabei die Archäologie zu vernachlässigen. Man kann ihn mit Fug und Recht als Begründer der modernen historischen Forschung Westtibets bezeichnen. 

Wie Cunningham beschäftigte sich Francke auch mit den Nachbarländern Ladakhs, also auch mit Baltistan. In seinem 1926 erschienen 2. Band der „Antiquities of Indian Tibet“ widmete er das 8. Kapitel den Genealogien der Balti-Herrscher (Balti chiefs). Hierin behandelte er die Herrscher von Khaplu (Kha-pu-lu), Kiris (Keris), Khartaksho (in Anlehnung an Cunningham unter der Ortsbezeichnung Parkuda), Shigar, Skardu (letztere als Rgyal-pos von Balti) und Rondu (Roṅ-mdo). Die von Francke publizierten genealogischen Listen stammen alle von Cunningham. Wichtig sind zahlreiche Ergänzungen. Unglücklicherweise setzte er Cunninghams willkürliche Datierungsmethode der Regierungszeiten der einzelnen Herrscher fort, wobei dieses Verfahren auch nicht dadurch besser wurde, dass er für eine durchschnittliche Regierungszeit nun statt 15 Jahren einen Zeitraum von 30 Jahren ansetzte. Welche Auswirkungen dieses Verfahren hatte, zeigt sich an der Datierung des als Sultan Hatim Khan (= Hatam Khan) aufgeführten 63. Herrscher von Khaplu, dessen Regierungszeit von Francke (S. 189) mit c. 1720-1750 angegeben wird. Nach Cunningham (S. 30) regierte diese Person von 1770 bis 1785. Nun merkt Francke (S. 189) zu Hatam Khan folgendes an: „Mentioned in the ‚Grant of land to Tshul-khrims-rdo-rje’“. Diese von Francke selbst im gleichen Band (S. 228-235) herausgegebene und übersetzte Herrscherurkunde, deren Datierungen als absolut zuverlässig anzusehen ist, belegt, dass Hatam Khan 1716/17 und 1722/23 in Khaplu regierte. Die von Francke im gleichen Band herausgegebene Chronik von Ladakh (La-dwags rgyal-rabs) (Francke, S. 26 und 113f) sagt aus, dass Hatam Khan im Jahre 1674/75 nach einer Eroberung von Chorbat und Khaplu durch Truppen aus Ladakh von den Eroberern als Herrscher von Khaplu eingesetzt wurde. Warum Francke unter Kenntnis dieser Quellen die unsinnige Datierungspraxis Cunninghams in modifizierter Form fortsetzte, ist mir nicht verständlich. Trotzdem sei erwähnt, dass gerade die oben aufgeführte Herausgabe einer Rechtsurkunde des ladakhischen Königs Dekyong Namgyel (bDe-skyoṅ rnam-rgyal, 1729-1739) und die Edition und Übersetzung einer ladakhischen Rechtsurkunde aus dem Jahre 1817 (Francke, S. 236-241) wichtige Materialien für die Geschichte Baltistans bereitstellten.

August Hermann Francke erwähnt in den Einleitungen zu den Bearbeitungen der beiden oben erwähnten Rechtsurkunden, dass beide von Joseph Tshe-brtan in Leh 1915 entdeckt worden sind und an Sir John Marshall verkauft wurden. Die ersten Urkunde trug hiernach die Nummer 45 und die zweite die Nummer 46 von Joseph Tshe-brtan´s zweiter Sammlung tibetischer Rechtsurkunden. Damit ist eine Person genannt, deren Aktivitäten sowohl für die Geschichtsschreibung von Ladakh als auch von Baltistan von großer Bedeutung sind. Joseph Tshe-brtan, auch als Yoseb Gergan (Abbildung 43) oder bSod-nams Tshe-brtan Yo-seb dGe-rgan (ca. 1878-1946) bekannt, war ein Sohn des Lama dGe-rgan bSod-nams dbang-rgyal. Er wurde 1890 getauft und war eine zeitlang für die christliche Gemeinde in Kyelang und Leh tätig (Walravens/Taube, S. 198). Sein besonderes Interesse galt der Geschichte Ladakhs, was eben dazu führte, dass er insbesondere ladakhische Herrscherurkunden sammelte. Er verfasste auf Tibetisch eine Geschichte Ladkahs, die unter dem Titel Bla-dwags rgyal-rabs ´chi-med gter 1976 von seinem Sohn S. S. Gergan herausgegeben wurde. Dieses Buch enthält einen Katalog der Herrscherkunden, die Yoseb Gergan gesammelt hatte, wobei für jede Urkunde der Urheber, der Ort und der Zeitpunkt der Ausfertigung, der Destinatär, die in der Urkunde geschilderten Gründe für ihre Ausfertigung und die Privilegien genannt werden, die dem Empfängern der jeweiligen Urkunden zugestanden wurden.

Um die Bedeutung dieser Urkunden, deren Großteil aus dem 18. Jahrhundert stammt, für die Geschichtsschreibung Baltistans verstehen zu können, sei hier auf den allgemeinen Inhalt dieser Urkunden eingegangen. Das 17. und 18. Jahrhundert war eine Zeit zahlreicher Kriege zwischen den Herrschern Baltistans. Das Ziel dieser Auseinandersetzungen war jeweils der Versuch, die Vorherrschaft über die gesamte Region Baltistans zu erlangen. Ladakh hatte noch in guter Erinnerung, welche Gefahren von einem vereinten Baltistan ausgehen konnten. Um 1600 hatte Ali Sher Khan aus Skardu vermutlich einen großen Teil der Herrschaftsgebiete von Baltistan unterworfen und damit letztendlich eine militärische Stärke erlangt, mit der er sogar Ladakh erobern konnte. Aus diesem Grunde griffen die Truppen der Könige von Ladakh in der Folgezeit regelmäßig in die inneren Konflikte Baltistans ein, um genau dieses zu verhindern, nämlich die Vereinigung des Landes unter der Oberherrschaft eines der Teilreiche, sei es nun Skardu oder Shigar. Der traditionelle Verbündete der Könige von Ladakh war dabei regelmäßig Khaplu. Siege über eines der aufstrebenden Teilreiche führten aber nicht zur Oberherrschaft von Khaplu über das gesamte Baltistan, sondern dienten der Aufrechterhaltung der Machtbalance zwischen den weiter existierenden Teilreichen. Kamen nun die Truppenführer und Krieger nach erfolgreicher militärischer Intervention aus Baltistan nach Ladakh zurück, wurden sie vom ladhakischen Königshof mit der Erteilung unterschiedliche Privilegien belohnt. Dazu bedurfte es eines schriftlichen Dokuments, also einer Rechtsurkunde des Herrschers, in dem die Gründe für die Erteilung bestimmter Vorrechte und diese Anrechte selbst aufgeführt wurden. Solche Urkunden wurden meist unmittelbar nach den militärischen Ereignissen ausgefertigt. Ihre Schilderungen historischer Ereignisse, die auch eine Nennung der an den Kriegen beteiligten Herrscher Baltistans einschloss, hatte eine große zeitliche Nähe zu den Ereignissen, die in ihnen beschrieben wurden. Diese Schilderungen dienten auch nicht der Verherrlichung der Taten der Urheber dieser Urkunden, nämlich der ladakhischen Könige, sondern gaben eine glaubhafte juristische Begründung für die Erteilung von Vorrechten an bestimmte Untertanen des ladakhischen Königreiches. Ihr Wahrheitsgehalt und ihre historische Bedeutung kann von daher nicht hoch genug eingeschätzt werden. Im Hinblick auf die Geschichtsschreibung über das Land Baltistan, von dem eigene historische Quellen mit datierbarem Faktenmaterial, von einer noch zu behandelnden Ausnahme abgesehen, nicht vorliegen, stellt deshalb die Sammlung von Yoseb Gergan einen Schatz dar, dessen historischer Wert sehr groß ist. Die Sammlung von Yoseb Gergan enthält also für die Darstellung der Geschichte Baltistans grundlegendes Quellenmaterial.

Die Angaben des im Jahre 1776 veröffentlichten Katalogs der Urkunden von Yoseb Gergan - in der Geschichtswissenschaft bezeichnet man solche Aufzeichnungen als Regesten – wurden von Luciano Petech (Abbildung 44) in seinem schon 1977 erschienenen Buch „The Kingdom of Ladakh“ ausgewertet. Hier finden sich, leider verstreut, viele richtig dargestellte Hinweise auf geschichtliche Ereignisse in Baltistan. Leider hat sich der große Historiker Petech nicht dazu entscheiden können, eine eigene Geschichte Baltistans zu schreiben.

Im Jahre 1978 konnte ich einen Großteil der Urkunden der Sammlung von Yoseb Gergan im Hause seines Sohnes Sonams Skyabldan Gergan in Shrinagar verfilmen. Eine Veröffentlichung dieser Dokumente in Faksimile mit einer Edition und Übersetzung durch mich erfolgte leider erst im Jahre 2008. Damit ist eine Grundlage dafür geschaffen, die bisherigen Darstellungen der Geschichte Baltistans aufgrund verlässlicher Quellen grundlegend zu revidieren.

Im Jahre 1939 erschien in Lucknow unter dem Titel Tarikh-i-Jammu eine in Urdu geschriebene Darstellung der Geschichte Baltistans. Der Autor war Hashmatullah Khan, der lange Jahre als Administrator (Wazir-i-Wazarat) von Baltistan und Ladakh für die Verwaltung des Mahārāja von Jammu und Kashmir gearbeitet hatte. Eine der wichtigsten Quellen dieses Buches war eine persische Handschrift, die Hashmatullah Khan im Shigar-Tal entdeckt hatte und die mit dem Titel Shigar Namah zitiert wird. Eine sogenannte Research-Translation des Tarikh-i-Jammu ins Englische wurde 1987 mit dem Titel „History of Baltistan“ von der Organisation Lok Virsa in Islamabad veröffentlicht. Hashmatullah Khan hatte die von ihm benutzte Handschrift des Shigar Nāma von Murad Khan, einem der Angehörigen der Herrscherfamilie von Shigar, geliehen. Hashmatullah Khan komponierte aufgrund des Shigar Nāma und sogenannter mündlicher Quellen wie Erzählungen und in Baltistan gesungener Lieder ein historisches Gemälde Baltistans, das leider als wissenschaftlich nicht zitierfähig eingestuft werden muss. Sein großes Verdienst besteht aber darin, erstmalig auf die wichtige Quelle Shigar Nāma aufmerksam gemacht und Teile dieser in persischer Sprache verfassten Verschronik durch Inhaltsangaben in Urdu einer weiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht zu haben.

Als weiterer für die Erforschung Baltistans wichtiger Autor ist der 1914 geborene Banat Gul Afridi (Abbildung 45) zu nennen, dessen Buch „Baltistan in History“ 1988 erschienen ist. Afridi hatte eine lange administrative Karriere hinter sich, als er in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts im Dienst der pakistanischen Regierung nach Baltistan abgeordnet wurde, wo er in den Jahren 1964 bis 1968 als „Political Agent“ tätig war. Afridis Buch dokumentiert sein persönliches, besonderes von Wertschätzung gegenüber diesem Land geprägtes Interesse an Baltistan, dessen wirtschaftliche Fortentwicklung zu seinen beruflichen Aufgaben zählte.

Das Manuskript von Afridis Veröffentlichung war eigentlich 1968 fertiggestellt worden, doch fand der Autor zur Veröffentlichung zunächst nicht die zur Finanzierung erforderliche Unterstützung der akademischen Öffentlichkeit Pakistans. Die Gründe hierfür waren offenbar die Schwächen, die dieses Buch im historischen Teil enthält. Afridi war das Shigar Nāma nur durch die Veröffentlichung von Hashmatullah Khan zugänglich und er hat hieraus ein weiteres Bild der Geschichte Baltistans komponiert, das historisch in vielen Teilen nicht akzeptabel ist. Gleichwohl enthält seine Veröffentlichung viele weitere Informationen über Baltistan, wie über das Steuersystem nach der Eroberung durch die Dogras, Bevölkerungsstatistiken, ethnologische Hinweise usw., die zukünftige Forschungsarbeiten nicht außer Acht lassen können. 

      

Abbildung 45: Banat Gul Afridi

 

Abbildung 46: Ahmad Hasan Dani (1920-2009)

 

Abbildung 47: Harald Hauptmann

Letztendlich sind hier noch die 1991 erschienenen Darlegungen des bedeutenden pakistanischen Historikers Ahmad Hasan Dani (Abbildung 46) in seinem Buch „History of Northern Areas of Pakistan“ über die Geschichte Baltistans zu erwähnen. Das Unglück dieser Darlegungen ist darin gegeben, dass viele Teile von Danis Geschichte Baltistans nur vorsichtig formulierte Wiedergaben von Vermutungen sind, die ältere Forscher, wie Cunnigham, Biddulph, Francke und andere, über die Geschichte dieses Landes von sich gegeben haben. Die Datierungen zu den Herrschaftsverhältnissen des 17. bis18. Jahrhunderts sind durchweg falsch. Daneben entspricht Danis Vorstellung über die Existenz eines Staates Baltistan im 17. Jahrhundert in keiner Weise der historischen Wirklichkeit. Ahmad Hasan Dani hat Hasmattullah Khans Veröffentlichung benutzt. Das Werk Afridis lag ihm als Manuskript aus dem Jahre 1968 vor. Ebenso verfügte er über eine Abschrift des Shigar Nāma.

Es ist eine seltsame Eigenschaft dieses entlegenen Landes Baltistan, dass wesentliche Quellen zu seiner Kultur und Geschichte einfach nicht das Licht der Öffentlichkeit erreichen. Dies gilt nicht nur für die sicherlich in Baltistan noch vorhandenen alten historischen Dokumente und Rechtsurkunden. Es gilt insbesondere für das wichtigste bekannte Geschichtswerk dieses Landes, das Shigar Nāma. 1981 konnte der Bonner Mongolist und Tibetologe Klaus Sagaster in Shigar bei Wezir Ahmad die von Hashmatullah Khan benutzte Handschrift des Shigar Nāma einsehen und photographieren. Zu einer Bearbeitung des Shigar Nāma kam es danach durch den persischen Gelehrten Koshrow Behrouz, der zunächst die von Sagaster angefertigte Fotokopie und einen Mikrofilm für seine Forschungsarbeiten benutzte. Im Laufe seiner Tätigkeit ermittelte Behrouz weitere Abschriften des Shigar Nāma, die er in der Einleitung zu seiner deutschen Übersetzung und Edition des persischen Textes ausführlich beschreibt. Leider wurde die vorzügliche Arbeit von Behrouz niemals publiziert. Das Manuskript seiner Arbeit ist auch heute, sechzehn Jahre nach seiner Fertigstellung, nur einer kleinen Zahl eingeweihter Fachkollegen zugänglich.

Eine der schmerzlichsten Lücken in der Baltistan-Geschichtsforschung bildet die Archäologie. Verlässliche Aussagen zur frühen Geschichte Baltistans sind angesichts fehlender schriftlicher Quellen ohne archäologische Untersuchungen nicht möglich. Meines Wissens bemüht sich eine deutsche Forschergruppe unter Leitung des Heidelberger Archäologen Harald Hauptmann (Abbildung 47) seit einiger Zeit um die Erforschung der zahlreichen, zum großen Teil aus buddhistischer und vorbuddhistischer Zeit stammenden Felsbilder, Felsinschriften und Felsreliefe (siehe auch:Buddhistisches Felsbild in Nar und Buddha-Felsrelief bei Skardu). Die Ausgrabungen der Reste eines buddhistischen Klosters bei Shigar sind geplant. Es bleibt zu hoffen, dass diese beiden wichtigen Projekte nur den Anfang von umfangreicheren archäologischen Forschungen in Baltistan bilden.

Die erste umfangreichere Untersuchung des in Baltistan gesprochenen tibetischen Dialekts verdanken wir dem im Jahr 1907 geborenen Missionar Alfred Frank Charles Read, der 1934 seine Grammatik des Balti veröffentlichte. Read beschreibt in seinem Buch die Sprache von Khaplu, wo er sich in den zwanziger und frühen dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts aufgehalten hatte. Read verfasste auch ein Wörterbuch der Balti-Sprache dessen Manuskript teilweise verloren ging. Von dem noch vorhandenen Rest, dem Verzeichnis der Wörter mit den Anfangsbuchstaben a bis m, konnte1964/65 der Sprachwissenschaftler Richard Keith Sprigg eine Xerokopie anfertigen. Sprigg hielt sich zu dieser Zeit in Rawalpindi für Untersuchungen zur Phonology der Balti-Sprache auf und versuchte, die fehlenden Teile zu ergänzen. Sprigg veröffentlichte in der Folgezeit einige wichtige Artikel zur Balti-Sprache (Siehe Literaturverzeichnis). 2002 erschien dann sein Balti Wörterbuch unter dem Titel „Balti-English English-Balti Dictionary.“ Einen weiteren großen Fortschritt in der Erforschung der Balti Sprache bildete das 1985 von dem Sprachwissenschaftler Roland Bielmeier (Abbildung 48) veröffentlichte Buch „Das Märchen vom Prinzen Čobzang“, welches neben der Edition und Übersetzung eines Märchen aus Baltistan auch eine Beschreibung der Grammatik des Balti und ein westtibetisch vergleichendes Glossar enthält.

         

Abbildung 48: Roland Bielmeier

 

Abbildung 49: Karl Jettmar (1918-2002)

 

Abbildung 50: Klaus Sagaster

 

Abbildung 51: Renate Söhnen-Thieme

Die von Bielmeier bearbeitete Tonbandaufnahme einer Erzählung aus Baltistan  war im Rahmen eines Projekts der Sammlung und Bearbeitung der Volksliteratur Baltistans entstanden, das durch die Anregung des 1918 in Wien geborenen Völkerkundlers Karl Jettmar (Abbildung 49) ins Leben gerufen wurde. Jettmars besonderes Interesse galt Nordpakistan und somit auch der Region Baltistan. 1977 und 1979 veröffentlichte er zwei Aufsätze, die sich mit Versionen des bekannten Gesar-Epos in Baltistan und Ladakh beschäftigten. Sein Interesse an der Volksliteratur Baltistans führte dazu, dass der Bonner Mongolist und Tibetologe Klaus Sagaster (Abbildung 50)  sowie Renate Söhnen (Abbildung 51) aus Mainz im Rahmen des von Karl Jettmar geleiteten „Pakistan-German Research Project in Northern Area“ 1980 nach Baltistan reisten, um dort insbesondere mit Tonbandaufnahmen die noch lebendigen Teile der Volksliteratur dieses Landes für eine spätere Bearbeitung festzuhalten. Das Projekt war insbesondere auch wegen der nachfolgenden Veröffentlichungen der Projektteilnehmer Sagaster und Söhnen außerordentlich  erfolgreich und leistete einen wichtigen Beitrag zu Bewahrung der vom Untergang bedrohten Volksliteratur Baltistans.

1989 erschien unter dem Titel „Die Baltis. Ein Bergvolk im Norden Pakistans“ eine von Ursula Sagaster verfasste, völkerkundliche Studie über Baltistan. Ursula Sagaster hatte auf der vorstehend beschriebenen Unternehmung zur Erforschung der Volksliteratur Baltistans ihren Mann Klaus Sagaster begleitet und war anschließend zu ethnographischen Studien insgesamt viermal nach Baltistan gereist. Ihr sehr einfühlsam geschriebenes Buch behandelt die Sitten und Gebräuche des gesamten Kreislaufs eines Familienlebens von der Eheschließung über die Geburt bis zum Tod, beschreibt eingehend die Lebensverhältnisse in Baltistan in der Stadt und auf dem Land und enthält ein Kapitel über die Festtage im Verlauf eines Jahres. Das Buch stellt eine Pionierleistung ersten Ranges dar. Vergleichbares ist bis heute über Baltistan nirgends publiziert worden. Als wichtige Spezialstudien zu dem von Ursula Sagaster bearbeiteten Themenbereich sind eine 2008 erschienene Forschungsarbeit von Ole Jensen, die die Lebensverhältnisse und das Migrationsverhalten der Bewohner des Thalle-Tales in Baltistan untersucht, und die 2004 publizierte, vorzügliche Untersuchung von Matthias Schmidt (Abbildung 53) über das Boden- und Wasserecht in Shigar zu erwähnen.

Von besonderem Interesse für die Geschichtsforschung ist der Versuch von Claudia Polzer und Matthias Schmidt in einer „The Transformation of Political Structure in Shigar Valley/Baltistan“ betitelten Arbeit, die politische und soziale Struktur im Shigar Tal in einer historischen Perspektive darzustellen. Ein wesentliches Defizit dieser Untersuchung ist unter anderem der Verzicht auf die Einbeziehung von Rechtsurkunden als unabdingbare Quellen für eine solche Arbeit. Dabei ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass entsprechende alte Dokumente auch heute noch in den Familien der alten Herrscherhäuser und in Privathaushalten vorhanden sind. Ein Hinweis darauf bietet die Veröffentlichung eines Bündels alter Katasterunterlagen durch Matthias Schmidt in der schon erwähnten Untersuchung der Boden und Wasserechte in Shigar (Foto 7, Abbildung 52). Natürlich übersteigt die systematische Erforschung solcher alter Rechtsdokumente das, was mit einem Anforderungsprofil von Geographen und Ethnologen geleistet werden kann. Gleichwohl zeigt die mustergültige Untersuchung von Siegfried Weber über die persische Verwaltung Kaschmirs, in der leider – was Baltistan angeht – nur ein persisches Sendschreiben aus Kharmang veröffentlicht ist, dass für solche insbesondere philologischen und diplomatischen Untersuchungen, die die Geschichtsschreibung über Baltistan auf ein völlig neues Niveau anheben würden, gut geschulte Spezialisten zu Verfügung stünden.

         

Abbildung 52: Alte Katasterunterlagen einer Gemeinde des Shigar-Tals(Schmidt, Foto 7)

 

Abbildung 53: Matthias Schmidt

 

Abbildung 54: Wolfgang Holzwarth

 

Abbildung 55: Shahzad Bashir

Ein wichtiges Thema der Geschichtsforschung Baltistans ist die Untersuchung der Islamisierung dieses Landes. Die Anmerkungen hierzu in den Veröffentlichungen  von Hashmatullah Khan und Afridi verdienen angesichts des Fehlens von Hinweisen auf verlässliche Quellen eigentlich wenig Beachtung. Inzwischen liegen zu dieser Fragestellung drei bemerkenswerte Untersuchungen von Andreas Rieck (1997), Wolfgang Holzwarth (1997) (Abbildung 54) und Shahzad Bashir (2003) (Abbildung 55) vor, die sich sowohl mit der spezifischen Art des Islam in Baltistan (Nūrbakhshīya-Sekte) wie auch der Geschichte der Islamisierung Baltistans beschäftigen.

Von herausragender Bedeutung sind die Untersuchungen zur Bau- und Architekturgeschichte des Karakorum-Gebietes, die im Rahmen der Restaurierungsarbeiten an historisch bedeutsamen Baudenkmälern durch den Aga Khan Cultural Service-Pakistan durchgeführt und veröffentlicht wurden (siehe hierzu Stefano Bianca).

Für eine umfassendere Übersicht über die Literatur, in der die Region Baltistan behandelt wird, sei auf die im Literaturverzeichnis aufgeführte, 1998 erschienene Bibliographie von Nigel J. R. Allan verwiesen.

Literatur

A History of Cartography. 2500 Years of Maps and Mapmakers. Maps chosen and displayed by R. V. Tooley. Text by Charles Bricker. Preface by Gerald Roe Crone. London 1969
Banat Gul Afridi: Baltistan in History. Peshawar 1988
Garry Alder: Beyond Bokhara. The Life of William Moorcroft. Asian Explorer and Pioneer Veterinary Surgeon 1767-1825. London 1985
Nigel J. R. Allan: Karakorum Himalaya. Sourcebook for a Protected Area. Karachi 1995
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Leo Bagrow: Die Geschichte der Kartographie. Berlin 1951
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Koshrow Behrouz: Shigar- Nāma. Eine persische Verschronik über die Geschichte Baltistans. Kritische Textausgabe, Kommentar und Übersetzung. Unveröffentlichtes Manuskript aus den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts
Stefano Bianca (Herausgeber): Karakoram. Hidden Treasures in the Northern Areas of Pakistan. Turin 2005
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Autor: Dieter Schuh, 2010. Ergänzt 2011. Abbildungsnachweise:Abbildungen 1,2, 10, 11,16,17,18: Frederik den Femtes Atlas aus Det Kongelige Bibliothek in Dänemark; Abbildung 3: Francis Robinson: The Mughal Emperors and the Islamic Dynasties of India, Iran and Central Asia. London 2007; Abbildung 4, 19: Godfrey Thomas Vigne: Travels in Kashmir, Ladakh, Iskardo. The Countries Adjoining the Mauntain-Course of the Indus and the Himalaya North of the Punjab. Volume II; Abbildungen 5,6: Sven Hedin: Southern Tibet. Discoveries in Former Times Compared with my own Researches in 1906-1908. Vol. VII; Abbildung7: Tooley´s Dictionary of Mapmakers. Revised Edition. A-D; Abbildungen 8,9: Library of Congress Geography and Map Division Washington, D.C. 20540-4650 USA; Abbildungen 20; 21: A. H. Francke: Antiquities of Indian Tibet. Part (Volume) II;   Abbildungen 22,23: India und Pakistan (Jammu und Kashmir) 1:250.000", Mundik (NI 43-3); Abbildung 24: Dieter Schuh; Abbildung 25: Carl Freiherr von Hügel: Kaschmir und das Reich der Siek. In vier Bänden. Erster Band; Abbildung 26: John Keay: When Men and Mountains Meet. The Explorers of the Western Himalayas 1820-75; Abbildung 27: Theodore Duka: Life and Works of Alexander Csoma de Körös; Abbildung 28: Garry Alder: Beyond Bokhara. The Life of William Moorcroft; Abbildung 29: Alexander Burnes: Travels into Bokhara; Abbildung 30: Victor Jacquemont: Letters from India; Abbildungen 31, 32: Thomas Thomson: Western Himalaya and Tibet; Abbildung 33: http://thepeopleofpakistan.files.wordpress.com/2010/02/karakorum1.jpg ; Abbildung 34: http://www.indianetzone.com/photos_gallery/3/Alexander_Cunningham_2440.jpg ; Abbildung 35: http://www.schlagintweit.de/brueder.htm ; Abbildung 36: Allan O. Hume: The Nests and Eggs of Indian Birds. London 1890, S. XIV (http://www.archive.org/stream/nestseggsofindia02humerich#page/n19/mode/2up ); Abbildungen 37, 38: William Martin Conway: Climbing and exploration in the Karakoram-Himalayas; Abbildungen 39, 40: Filippo de Filippi (1): Karakoram and Western Himalaya 1909. An Account of the Expedition of H.R.H. Prince Luigi Amedeo of Savoy. Duke of the Abbruzzi; Abbildung 41: Jane E. Duncan: A Summer Ride through Western Tibet. London – Glasgow 1913 (Taschenbuchausgabe); Abbildung 42: Hartmut Walravens/Manfred Taube: August Hermann Francke und die Westhimalaya-Mission der Herrnhuter Brüdergemeine; Abbildung 43: Yoseb Gergan: Ladags rgyal rabs chimed ster (History of Ladakh) in Tibetan; Abbildung 44: http://www.ippolito-desideri.net/Petech.html ; Abbildung 45: Banat Gul Afridi: Baltistan in History; Abbildung 46: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/thumb/d/df/DaniInterview.JPG/200px-DaniInterview.JPG ; Abbildung 47: Heidelberger Akademie der Wissenschaften http://www.haw.uni-heidelberg.de/organisation/mitglieder.de.html ; Abbildung 48: Chomolangma, Demawend und Kasbek. Festschrift für Roland Bielmeier zu seinem 65. Geburtstag. Band 1: Chomolangma; Abbildung 49: Ethnologie und Geschichte. Festschrift für Karl Jettmar. Wiesbaden 1983; Abbildung 50: Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste http://www.akdw.nrw.de/mediapool/mitgliederseiten/Sagaster_Klaus.html ; Abbildung 51: School of Oriental and African Studies, University of London http://www.soas.ac.uk/staff/staff31838.php .

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